Herne. Wie gefährlich ist eine Corona-Infektion für Schwangere? Darf der Partner mit zur Entbindung? Regeln und Antworten vom Herner St. Anna-Hospital.

Die Corona-Pandemie führt auch bei Schwangeren zu starker Verunsicherung. "Ich habe richtig Angst, dass ich im Anna-Hospital alleine entbinden muss", schreibt etwa eine Hernerin bei Facebook. Im Interview erklärt Prof. Dr. Sven Schiermeier, Direktor des Zentrums für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der St. Elisabeth-Gruppe an den Standorten Wanne-Eickel und Witten, wie sich Schwangere nun verhalten sollten, was sie bei der Entbindung erwartet, ob der Partner anwesend sein darf und ob sie trotz Coronavirus stillen dürfen.

Der Coronavirus führt zu großer Verunsicherung - auch bei Schwangeren. Wie gefährlich wäre eine Infektion für Schwangere?

Sven Schiermeier: Aufgrund der kurzfristigen Entwicklung ist bisher noch wenig über die Auswirkungen von Covid-19 auf Schwangere bekannt. Nach derzeitigem Stand gehören gesunde Schwangere unter anderem aufgrund ihres Alters zu keiner Risikogruppe. Aus China liegen Erfahrungswerte vor, dass mit dem Virus infizierte Schwangere eine komplikationslose Schwangerschaft und Entbindung hatten und die Kinder gesund zur Welt gekommen sind.

Muss das Baby vorzeitig geholt werden, wenn eine hochschwangere Frau an Corona erkrankt?

Grundsätzlich ist die Entscheidung für eine vorzeitige Entbindung von der klinischen Situation abhängig. Nach derzeitigem Stand ist eine Infektion oder Besiedelung der Mutter mit Covid-19 bei einem symptomfreien oder symptomarmen Verlauf kein Grund für eine vorzeitige Entbindung. Sollte die Mutter Symptome, wie zum Beispiel. Atemnot entwickeln, kann unter Umständen neben der Symptombehandlung eine vorzeitige Entbindung erforderlich sein.

Überträgt sich das Virus aufs Baby?

Derzeit gibt es hierzu aufgrund der kurzfristigen Entwicklung noch nicht viele Daten, jedoch sprechen alle Fakten gegen eine Übertragung des Virus im Mutterleib auf das Baby. Auch während der Geburt ist das Risiko für eine Infektion gering, unabhängig vom Geburtsmodus.

Wie gehen Sie im Krankenhaus mit Geburtsvorbereitungskursen um?

Nach aktuellem Stand finden derzeit noch Geburtsvorbereitungskurse statt. Bei der Durchführung der Kurse wird auf die Einhaltung der Hygieneregeln und des Sicherheitsabstands zwischen den Teilnehmern geachtet.

Wie sind die Vorgaben rund um die Geburt?

Die Geburt findet wie gewohnt im Kreißsaal beziehungsweise bei Kaiserschnitten im Operationssaal statt. Nach der Entbindung werden Mutter und Kind gemeinsam in einem Zimmer, separiert von anderen Müttern oder Schwangeren, untergebracht.

Dürfen die Partner mit zur Entbindung?

Eine Person darf die Schwangere begleiten, das gilt auch für die Entbindung – sowohl im Kreißsaal als auch bei einem Kaiserschnitt. Während der Entbindung muss ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden. Sollte bei einer Schwangeren der Verdacht oder der Nachweis für eine Covid-19-Infektion bestehen, ist eine Isolation im Kreißsaal sowie im Stationszimmer erforderlich. In einem solchen Fall wird ärztlicherseits entschieden, ob die Begleitung der Entbindung durch den Partner möglich ist. Mutter und Kind werden jedoch auch in der Isolationssituation, sofern es Zustand von Mutter und Kind zulassen, zusammen untergebracht.

Was bedeutet Corona für die Arbeit von Hebammen und Ärzten?

Derzeit wird der Kontakt zwischen Ärzten, Pflege, Hebammen und Patientinnen auf ein Minimum beschränkt, um einer Verbreitung des Virus vorzubeugen. Die umfassende Versorgung der Schwangeren, Mütter und Kinder ist zu jeder Zeit sichergestellt.

Können Partner im Familienzimmer einchecken und die Frauen und den Nachwuchs genauso häufig besuchen wie sonst?

Nach aktuellem Stand können Familien das Familienzimmer in Anspruch nehmen, sollte es nicht anderweitig benötigt werden. Beim Besuchsrecht gilt derzeit, dass pro Tag entweder der Partner oder eine weitere feste Person die Schwangere beziehungsweise Mutter und Kind besuchen darf. Das Besuchsrecht für den Partner gilt auf der Geburtsstation zeitlich unbegrenzt.

Werden die typischen Babyfotos nach der Geburt noch gemacht oder sind sie aus Sicherheitsgründen vorerst gestrichen?

Aktuell werden keine Babyfotos nach der Geburt erstellt.

Können die Mütter nach der Geburt ihr Baby stillen?

Es gibt derzeit keine Hinweise, dass das Virus über die Muttermilch übertragen wird. Daher besteht auch im Falle einer Infektion mit Covid-19 kein Grund, auf das Stillen zu verzichten. Beim Stillen beziehungsweise Füttern des Neugeborenen werden Mütter jedoch darum gebeten, penibel auf die Einhaltung der Händehygiene zu achten. Das gilt beim Anlegen des Kindes sowie bei der Zubereitung der Säuglingsnahrung. Beim Stillen wird empfohlen, im Falle einer Infektion mit dem Coronavirus einen Mundschutz zu tragen, um eine Übertragung des Virus auf das Kind zu verhindern.

Was möchten Sie werdenden Eltern sonst noch mit auf den Weg geben?

Wir möchten werdenden Eltern Mut machen, sich von den derzeitigen Ereignissen nicht zu sehr verunsichern zu lassen und bestärkt auf den Moment hinzuarbeiten, in dem sie das neue Leben das erste Mal im Arm halten. Dafür setzt sich unser Team der Geburtshilfe ein.