Herne. Der Bundesrat hat eine neue Straßenverkehrsordnung (StVO) verabschiedet. Was das für die Herner Radfahrer bedeutet.
Mehr Sicherheit für Radfahrer: Das verspricht die Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO), die soeben vom Bundesrat beschlossen worden ist. Der ADFC hatte als Lobby der Fahrradfahrer einen eigenen Gesetzesentwurf vorgelegt.
Die Vorstellungen seien in den Entwurf von Bundesverkehrsminister Scheuer eingeflossen. Dieser sei „sehr fahrradaffin geworden“, stellt der ADFC-Bundesvorsitzende Ulrich Syberg aus Herne fest.
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Was genau sieht die neue StVO vor? Zum Beispiel deutlich höhere Bußgelder für eine Missachtung von Radfahrern. In Euro ausgedrückt: ein Bußgeld von 55 statt 15 Euro, wenn ein Autofahrer in zweiter Reihe hält, 80 Euro, wenn er dadurch Radfahrer gefährdet. Plötzliches Aufreißen von Autotüren: 40 statt 20 Euro. Behinderndes Parken auf dem Radweg kostet 70 statt 30 Euro. Dazu kommt bei Gefährdung jeweils ein Punkt in Flensburg.
Abstand von 1,50 Metern innerorts
Wer einen Radfahrer innerorts überholt, muss 1,50 Meter Abstand halten. Um deutlich zu machen, wie viel das sei, habe der ADFC in anderen Städten auf „Poolnudeln“ zurückgegriffen, die quer über die Fahrbahn ragten, erklärt Syberg. Sei dieser Abstand nicht möglich, müsse das Auto hinter dem Radfahrer herfahren. „Es geht um Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer“, so Syberg. „Der Schwächere muss geschützt werden.“
Dass Lkw über 3,5 Tonnen demnächst beim Rechtsabbiegen nur Schrittgeschwindigkeit fahren dürfen, wenn Radverkehr in Sicht ist, findet der Radexperte erst einmal richtig. „Viel wichtiger fände ich es aber, einen Abbiegeassistenten verpflichtend einzuführen“, sagt Syberg. Um tragische Unfälle zu vermeiden, müssten etwa Müllfahrzeuge – auch von Entsorgung Herne – damit ausgestattet werden. Syberg: „Viele der Radfahrer sind durch Abbiege-Unfälle umgekommen.“
Neue Schilder sind geplant
Auch den neuen Schildern kann der ADFC-Vorsitzende etwas abgewinnen. Ein grüner Pfeil für Radfahrer? Warum nicht. Auch das Schild für Lastenfahrräder kann sich Syberg in Herne vorstellen, auch wenn er hier noch nicht so viele private Nutzer gesehen hat. „Da ist Herne noch ganz weit hinten.“ Vor dem Bioladen wäre für ihn ein denkbarer Parkplatzort, auf jeden Fall sollten die Gefährte nicht auf dem Gehweg parken.
Neue Bestimmungen seien das eine, „aber man muss sie auch durchsetzen“, fasst Ulrich Syberg zusammen. Er hat weitergehende Ideen. Zusammenhängende „Fahrradzonen“, in denen wie in Spielstraßen „das Fahrrad Priorität hat“. Um die Schulen herum sähe er gerne „Fahrradstraßen“, davon gibt es in Herne erst zwei. Oder „Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen“ – „das wird zu einem Aufschrei in Herne führen.“ Wenn man die Geschwindigkeit senke, seien weniger Unfälle die Folge. „Über all dem schwebt die ,Vision Zero’-Debatte“, sagt er. Das Ziel sei: „Keine Toten“. Syberg: „Da muss man alles prüfen.“
Städtische Mitarbeiter werden geschult
Situation auf den Straßen entschärfen
Der ADFC und der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) wollen gemeinsam die Situation auf den Straßen entschärfen.
In einem kürzlich vorgestellten Positionspapier fordern sie u.a. eine räumliche Trennung und unterschiedliche Ampelphasen von Lkw- und Radverkehr an Kreuzungen, außerdem einen verpflichtenden Einbau von Abbiegeassistenten für Lkw.
Die neue Straßenverkehrsordnung wird voraussichtlich im März im Bundesgesetzblatt verkündet. Sobald sie in Verordnungsform vorliege, würden die Mitarbeiter des Ordnungsamtes in Schulungen geschickt, sagt Stadtsprecher Christoph Hüsken auf Anfrage. Dort würden sie in Sachen Verkehrsüberwachung auf den neuesten Stand gebracht.
Mit 118 verunglückten Rad- und Pedelecfahrern sind im vergangenen Jahr noch einmal drei mehr als im Jahr zuvor verletzt worden. Das belegt die soeben veröffentlichte Unfallstatistik der Polizei für Herne. 2018 waren es fast doppelt so viele wie im Jahr zuvor gewesen.