Herne. Die neue Wählergemeinschaft Wanne-Herne zieht schon vor den Kommunalwahlen in politische Gremien ein. Piraten/AL und FDP haben das Nachsehen.
Die Wählergemeinschaft Wanne-Herne (WWH) macht ab sofort Politik in mehreren Gremien des Rates. Grund ist der Austritt von drei Mitgliedern aus der Fraktion Piraten/Alternative Liste (AL) und der FDP. Sie sitzen nun für die WWH in den Runden.
Der Wechsel ist vorläufiger Höhepunkt von parteiinternem Zwist bei Piraten/Alternativer Liste (AL) und FDP. Konkret: Die beiden Bezirksverordneten in Eickel Michael Eilebrecht (Piraten) und Ulrich Steinharter (FDP) hatten im Oktober die WWH gegründet – mit dem Ziel, bei den Kommunalwahlen im September 2020 anzutreten und anschließend in den Rat sowie die Bezirksvertretungen einzuziehen. Beide waren unzufrieden mit ihren bisherigen Parteien: Eilebrecht kritisierte unter anderem, dass die Piraten Parteigelder der Stadt lieber öffentlichkeitswirksam an die Kommune zurückzahlten, statt sie sinnvoll auszugeben, der ehemalige FDP-Fraktionsgeschäftsführer Steinharter monierte eine mangelnde Unterstützung durch die Liberalen vor Ort.
Schloss in der Fraktionsgeschäftsstelle wurde ausgewechselt
Bis zur Wahl im September, so sagten sie nach der WWH-Gründung im Oktober, wollten sie aber Bezirksverordnete in Eickel für ihre „alten“ Parteien bleiben. Das war einmal: Ab sofort sei die Wählergemeinschaft in den Gremien – konkret im Sport- und Umweltausschuss – für die WWH unterwegs, im Bezirk Eickel sogar als Fraktion, sagt Eilebrecht zur WAZ. Die Fraktion Piraten/AL habe ihn vor die Tür gesetzt, begründet er. In der Geschäftsstelle sei zudem das Schloss ausgewechselt worden, so dass er die Arbeit für die Fraktion nicht mehr fortsetzen könne; auch an seinen Laptop komme er deshalb nicht mehr heran.
Bernd Schroeder, Fraktionschef von Piraten/AL, will nicht von einem Rauswurf reden: „Wir haben die Zusammenarbeit beendet.“ Mit Blick auf die Kommunalwahlen sei es schwierig, dass „Konkurrenten“ gemeinsam Politik in einer Fraktion machten, begründet er: „Jeder soll lieber für sich gucken, wie er sich auf die Wahl vorbereitet.“ Michael Eilebrecht war schon vor Monaten aus der Piraten-Partei ausgetreten, aber in der Fraktion geblieben, Ulrich Steinharter hat die FDP-Mitgliedschaft erst zum Jahresende beendet.
„Abtrünnige“ wollen Sitze nicht zurückgeben
Statt für die WWH in den Gremien zu sitzen, hätten die „Abtrünnigen“ ihre Sitze auch zurückgeben können. Davon wollen sie keinen Gebrauch machen. Vom Anstand her müsste Steinharter seinen Sitz an die FDP zurückgeben, meint Hernes FDP-Vorsitzender Thomas Bloch, ein Fass wolle er aber deshalb nicht aufmachen. Ein entsprechender Appell an seinen ehemaligen Parteifreund, wisse er, „würde ausgehen wie das Hornberger Schießen“ – deshalb verzichte er darauf. Ähnlich äußert sich Piraten/AL-Fraktionschef Bernd Schroeder: Es sei in der Politik „keine übliche Praxis“, dass Seitenwechsler Platz für Nachrücker machten, deshalb habe seine Fraktion auf einen entsprechenden Appell verzichtet. Ein Erfolg wäre unrealistisch gewesen.
Schroeder setzt vielmehr darauf, dass Michael Eilebrecht, aber auch Kathrin Wissner, die ihm folgt und ebenfalls in den Vorstand der WWH gerückt ist, „vernünftig und gesittet“ die Seiten wechseln. „Da bin ich guter Hoffnung“, so der Ratsherr. Wenn das mal klappt: Neuer Streit bahnt sich an. Die Rechte über die Facebook-Seite von Piraten/AL hält weiterhin Michael Eilebrecht. Er könne sie nicht einfach abgeben, weil die Seite eine Unterseite seiner eigenen Seite sei, so der WWH-Chef. Bis zur Klärung der Angelegenheit herrscht dort Funkstille: „Diese Seite wird aus rechtlichen Gründen erstmal still sein“, heißt es dort.