Herne. Noch immer nutzen nur wenige arme Kinder und Jugendliche in Herne Geld aus dem Bildungs- und Teilhabepaket. Die Stadt will das nun ändern.
Das Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) läuft auch neun Jahre nach seiner Einführung nicht rund. Mit dem Paket ermöglicht es die Stadt armen Kindern und Jugendlichen, an Angeboten in Vereinen teilzunehmen, Ausflüge zu machen, aber auch Kosten etwa für mehrtägige Klassenfahrten oder Schulbedarf erstattet zu bekommen. Das Problem: Nur ein kleiner Teil der Betroffenen nutzt diese Möglichkeit.
Das Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) ist zuletzt verbessert worden, sagt Brigitte Bartels, Leiterin des Sozialamts. Das sei gut so. Sie bekennt aber zugleich: Die bürokratischen Hürden seien noch immer hoch und die Materie sei weiter komplex. Und vor allem: Noch immer griffen zu wenig Menschen zu, auch wenn die Zahlen langsam stiegen. Das wolle die Stadt ändern, kündigt sie an.
Grüne legen Vergleichszahlen mehrerer Kommunen vor
Nutzen können das BuT-Paket etwa Hartz-IV-, Sozialhilfe- oder Wohngeld-Empfänger, aber auch Kinderzuschlagsberechtigte und Asylbewerber. In Herne waren im August 2019 über 9800 Kinder und Jugendliche allein mit Hartz IV bildung- und teilhabeberechtigt. 5205 machten davon Gebrauch, berichtete Bartels vergangene Woche im Ausschuss für Kinder, Jugend und Familie. Zu wenig, meinen die Grünen. Sie kritisierten, dass in Herne nur 11,7 Prozent der Mittel abgerufen würden; sie bezogen sich auf neue Zahlen des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands (DPWV). Damit stehe Herne aber nicht allein da, hieß es weiter, in den Ruhrgebietsstädten liege die Quote überall zwischen 10 und 14 Prozent. Auffallend dagegen Hamm: Diese Stadt komme auf 93 Prozent. Da hakten die Grünen nach: Was macht Hamm besser? Und: Kann man von dieser Stadt lernen?
Herne könne man nicht mit Hamm vergleichen, betonte die Sozialamtschefin. So gebe Hamm BuT-Beziehern eine Scheckkarte heraus, die „YouCard“, die darauf gespeicherten Leistungen seien pauschal bewilligt – egal, ob sie der Nutzer abrufe oder nicht. In Herne dagegen würden die tatsächlichen Leistungsbezieher gezählt. Nicht zuletzt würden verschiedene Daten herangezogen. Auch besagte 11,7 Prozent bezögen sich nur auf einen Teil der Anspruchsberechtigten. Heißt also: „Der Vergleich zwischen den Städten hinkt.“
Sozialamtschefin: Herne liegt im guten Mittelfeld
Dass die Nutzerzahlen in Herne aber noch immer zu wünschen übrig lassen, wollte Brigitte Bartels nicht verhehlen. „Es läuft dort gut, wo Mechanismen greifen“, sagte sie und verwies auf ein neues Antragsrecht, das seit vergangenem Sommer gilt. Demnach könnten auf Antrag der Schule beispielsweise die Kosten für Schulausflüge oder Mittagessen gesammelt an die Schule gezahlt werden; dafür sei an den Schulen ein Listenverfahren eingerichtet worden. Ansonsten seien für die vielen Möglichkeiten, die das BuT biete, einzelne Anträge von Eltern nötig. Diese müssten dazu Bescheinigungen sammeln und vorlegen.
Neuerungen im BuT-Paket
Seit Sommer 2019 gibt es mehr Leistungen im Bildungs- und Teilhabepaket (BuT): So gibt es laut Stadt nun 150 statt 100 Euro für Schulmaterial jährlich, fürs Mittagessen eine volle Kostenübernahme (kein Eigenanteil von 1 Euro mehr), außerdem erhöhte sich das Budget für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben (Vereinsmitgliedschaften oder Freizeitangeboten ) von 10 auf 15 Euro monatlich.
Außerdem werden die Schülerbeförderungskosten nun grundsätzlich komplett übernommen. Der von den Eltern zu tragende Eigenanteil am ermäßigten Schoko-Ticket entfällt.
Insgesamt, bilanzierte Bartels im Ausschuss, liege Herne bei der Nutzung des BuT-Pakets „im ganz guten Mittelfeld“. Dieser, sagte sie zugleich, reiche ihr aber nicht – trotz leicht steigender Nutzerzahlen. „Wir arbeiten daran, alles zu verbessern“, sagte die Leiterin des Sozialamtes der Politik. Das Paket sei schließlich dazu da, um die Chancengleichheit von armen Kindern und Jugendlichen herzustellen. Das sei nicht zuletzt auch wichtig für das soziale Miteinander in der Stadt. „Wenn das nicht gelänge, wäre das bitter.“
Brigitte Bartels will nun die Verantwortlichen für das Paket an einen Tisch rufen, damit gemeinsam ausgelotet werden könne, wie die Nutzerzahlen gesteigert werden können. „Es gibt Teilbereiche, die in anderen Regionen besser und einfacher geregelt sind“, weiß sie. Dies betreffe insbesondere die Lernförderung und die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben. Davon könne man lernen. Die Scheckkarte „YouCard“ aus Hamm sei aber kein Vorbild: Allein die Einführung wäre aufwendig und würde Herne 60.000 Euro kosten – zu viel. Generell gelte: „Bildung und Teilhabe bleibt eine umfassende Gemeinschaftsaufgabe.“ Dazu gehörten nicht nur die Nutzer, sondern auch Schulen, Kitas und Anbieter.