Herne. Schiedsleute schlichten Streit, lösen Konflikte. Für Wanne-Eickel werden dringend Bewerber gesucht, der einzig verbliebene Amtsinhaber hört auf.

Sie schlichten den Zoff wegen zu hoher Hecken oder bringen Streithähne nach übelsten Schimpftiraden wieder zusammen: Die Rede ist von Schiedsleuten, die sich unabhängig von Gerichten um einvernehmliche Lösungen bemühen. Für Wanne-Eickel werden „dringend Bewerber gesucht“, sagt Monika Ganteföhr, Bundesvorsitzende des Bundes Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen.

„Engagement, das große Freude bereitet“

Einer der beiden Posten ist bereits vakant, der andere wird es in Kürze. Schiedsmann Klaus Heinz gibt das Ehrenamt altersbedingt auf. Denn für die Tätigkeit sind Altersgrenzen vorgesehen. „Nach oben liegt das Limit bei 70 Jahren, man muss aber mindestens 30 Jahre alt sein“, erklärt die Bundesvorsitzende des Schiedsleutebundes und weiß um die Pluspunkte, „die die Aufgabe mit sich bringt“. Sie selbst hat ein solches Amt seit 36 Jahre inne und gibt ganz deutlich zu verstehen, dass das Engagement sehr viel Freude bereite. Denn man trage dazu bei, dass Konflikte beseitigt würden. Wenn das auch nicht in jedem Fall gelinge, der einem angetragen werde, so liege die Erfolgsquote doch durchschnittlich bei 55 bis 60 Prozent.

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Wichtig sind Menschenkenntnis und Lebenserfahrung

Bundesvorsitzende Monika Ganteföhr: „Fälle mitten aus dem Leben“.
Bundesvorsitzende Monika Ganteföhr: „Fälle mitten aus dem Leben“. © Dietmar Wäsche

Um das Amt auszuüben, „bedarf es keiner juristischen Vorkenntnisse“, so die Vorsitzende. „Äußerst hilfreich sind stattdessen Menschenkenntnis und Lebenserfahrung“. Bei den Streitigkeiten gehe es immer um Probleme aus dem Alltag und damit um „Fälle mitten aus dem Leben“. Die Zahl der Fälle pro Jahr liege zwischen zehn und 20. In Wanne-Eickel sei die Zahl in den vergangenen Jahren etwas zurückgegangen. Dort wie auch in vielen anderen Städten sei es der „Klassiker“, der zu Stress in einer Siedlung führe, nämlich das Ausmaß einer Hecke. Während sie der Besitzer einfach wachsen lässt, wie es die Natur will, erreicht sie bald das Grundstück des Nachbarn - und das sehr zu dessen Ärger.

Aufwendige Gerichtsverfahren verhindern

Für ihre Tätigkeit erhalten Schiedsleute zwar kein Honorar, wohl aber eine Aufwandsentschädigung.

Bei einer Reihe von Strafsachen, ob üble Nachrede, Bedrohung oder auch Körperverletzung, werden Schiedsleute oftmals eingeschaltet, um ein aufwendiges Gerichtsverfahren zu verhindern.

Schiedsleute werden vom Rat der Stadt gewählt und vom Direktor des Amtsgerichtes bestätigt als auch vereidigt.

Für den Bereich Herne gibt es noch fünf Schiedsamtsbezirke, die auf vier verringert werden sollen, in Wanne-Eickel sind künftig zwei Bezirke vorgesehen.

Sauer werden manche Anwohner auch, berichtet Ganteföhr, wenn sich Pflanzen aus dem angrenzenden Garten selbst aussäen, und das auf fremden Grund und Boden. Manchmal geraten, wie die Vorsitzende erzählt, Anlieger auch wegen Grundstücksgrenzen in Clinch. Stehen sich Nachbarn unversöhnlich gegenüber, „dann kann es auch mit lange zurückliegenden Ereignissen zusammenhängen“. Als Beispiel nannte sie eine Jubiläumshochzeit, zu der der Nachbar nicht eingeladen war. Schiedsleute stehen mitunter vor der kniffligen Herausforderung, aus den Gesprächen die eigentlichen Ursachen von Wut und Unmut herauszufiltern.https://www.waz.de/staedte/herne-wanne-eickel/bei-ihr-landen-nachbarn-mit-wut-im-bauch-id10892611.html

Herner Schiedsleute schon seit vielen Jahren im Amt

Abteilungsleiterin Petra Kübber-Rösmann: „Die jetzigen Schiedsleute helfen den Neueinsteigern“.
Abteilungsleiterin Petra Kübber-Rösmann: „Die jetzigen Schiedsleute helfen den Neueinsteigern“. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Um Neueinsteigern behilflich zu sein, bieten die anderen Schiedsleute im Herner Stadtgebiet Gespräche an, unterstreicht Petra Kübber-Rösmann, zuständige Abteilungsleiterin bei der Stadt. Der überwiegende Teil übe das Amt schon seit Jahrzehnten aus und verfüge über einen großen Erfahrungsschatz. Das langjährige Wirken sei im Übrigen auch ein Argument für das Schiedsleutewesen. Eine Amtszeit ist auf fünf Jahre beschränkt, dann können die Inhaber aufhören. Doch sie haben sich in der Regel mehrfach hintereinander zum Weitermachen entschieden, erklärt Kübber-Rösmann. Schiedsleute haben noch ein weiteres Argument auf ihrer Seite, unterstreicht sie: Sie fällen keine Urteile, wodurch es zu Gewinnern und Verlierern kommen kann. Sie wollen einen Ausgleich für alle Seiten erzielen.

Interessenten für die Aufgabe können ihre Bewerbungen an die Stadt Herne schicken, Fachbereich Recht und Bauordnung, Postfach 101820, 44621 Herne.