Wenn der Friseurbesuch zum Luxus wird - die „Friseure gegen Armut“ schneiden ehrenamtlich Haare. Warum ihre Aktion noch so viel mehr ist.

Waschen, schneiden, legen - für die meisten Menschen ist ein Besuch beim Friseur etwas ganz Normales, Alltägliches. Wenn aber jeder Cent drei Mal umgedreht werden muss, wird der Besuch beim Friseur schnell zum Luxus. Damit auch Menschen, die sich in schwierigen Lebenssituationen befinden, nicht auf einen Haarschnitt verzichten müssen, haben sich engagierte Friseure zum Freundeskreis „Friseure gegen Armut“ zusammengeschlossen. Regelmäßig schneiden sie Bedürftigen die Haare. Dazu brauchen sie stets Räume - dieses Mal hat der DC Wanne-Eickel sein Vereinsheim zur Verfügung gestellt.

So können Sie die Friseure unterstützen

Immer gesucht werden Räume, in denen die „Friseure gegen Armut“ aktiv werden können. Außerdem werden Spenden benötigt - seien es Sachspenden in Form von Kaffee, Kuchen oder Material für die Friseure oder Geldspenden. Auch für die Kleiderkammer wird stets gesucht.

Wer dem Freundeskreis helfen möchte, findet die Ehrenamtlichen bei Facebook unter „Friseure gegen Armut“. Telefonisch sind sie unter 0178 61 04 194 zu erreichen

„Am Anfang waren es nur Claudia und ich“, erklärt Friseur Kai - beim Freundeskreis sprechen sich alle nur mit Vornamen an. Seitdem wachse die Gruppe immer weiter, auch über Herne hinaus. „Aktuell sind wir 17.“ Am schwierigsten sei es, Räume zu finden. „Wir arbeiten von Anfang an mit den Gemeindehäusern St. Marien und St. Laurentius zusammen, auch bei der Suppenküche in Herne sind wir regelmäßig.“ Der Kontakt zum DC Wanne-Eickel sei neu. Fabian Börn, der sowohl den Freundeskreis als auch den Verein kennt, habe vermittelt.

Auf Unterstützung und Spenden angewiesen

Die Friseure Ramona und Kai freuen sich, dass sie im Vereinsheim des DC Wanne-Eickel aktiv werden dürfen.
Die Friseure Ramona und Kai freuen sich, dass sie im Vereinsheim des DC Wanne-Eickel aktiv werden dürfen. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Fünf Friseure sind dieses Mal im Einsatz. Unterstützt werden die „Friseure gegen Armut“ auch von Quereinsteigern. „Zwei Mal im Jahr schult die Basil Friseurakademie kostenlos Menschen, die dafür in Frage kommen“, sagt Kai. Sie dürfen dann einfache Männer-Kurzhaarschnitte mit der Maschine machen. Unterstützt werden die Ehrenamtlichen aber auch noch von anderen. Zum allerersten Termin habe beispielsweise die St. Elisabeth Gruppe Handschuhe gespendet. Denn, geschnitten wird nur mit Handschuhen - Kamm und Schere im Anschluss desinfiziert. „Das ist keine Frage des mangelnden Respekts, aber man weiß ja einfach nicht, ob jemand eine Krankheit hat.“

Pro Termin kommen zwischen 20 bis 30 bedürftige Menschen. Die „Friseure gegen Armut“ arbeiten mit der Caritas, den Notunterkünften, den Essensausgaben und Radio Herne zusammen, um diese über das Angebot zu informieren. Über Facebook streuen sie die Infos ebenfalls. „Unser Angebot richtet sich an Menschen in schwierigen Lebenssituationen“, betont Kai. Diese bekommen nicht nur einen Haarschnitt, sondern auch Kaffee und Kuchen, ein offenes Ohr und die Möglichkeit, Stücke aus der Kleidungskammer zu nehmen. Für alle, die in Ruhe sprechen möchten, gebe es immer einen extra Raum.

Raum für Menschlichkeit

Manuela Schütt nutzt das Angebot der „Friseure gegen Armut“ von Anfang an. Sie findet das Engagement herausragend.
Manuela Schütt nutzt das Angebot der „Friseure gegen Armut“ von Anfang an. Sie findet das Engagement herausragend. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

„Es ist schön, dass sich hier jemand für dich interessiert“, sagt Manuela Schütt, die das Angebot fast seit Anfang an nutzt. Die 58-Jährige ist gelernte Krankenschwester, aber vor einigen Jahren an Krebs erkrankt. „Keiner fühlt sich für mich zuständig, das Geld ist sehr knapp.“ Arbeiten darf sie aufgrund ihrer Krankheit nicht. „Hier werde ich angenommen wie ich bin, muss mich nicht schämen und kann für eine Weile meine Sorgen vergessen.“ Heute hat sie einen neuen Haarschnitt bekommen, auch bei Sohn Noah (14) sitzt die Frisur wieder.

Für die Baukauerin ist das Angebot etwas ganz Besonderes: „Alle sind sehr herzlich. Es ist bewundernswert, wie viel Zeit sie dafür aufbringen.“ Traurig findet sie, dass die Ehrenamtlichen nicht genug Anerkennung erfahren und „die herzensgute Sache mit Bürokratie bepflastert wird.“ Wo immer möglich informiert Manuela Schütt andere deshalb über „Friseure gegen Armut“ und versucht auch, selbst einen kleinen Beitrag zu leisten. „Ich habe hier so viel Menschlichkeit erfahren, da möchte ich gerne etwas zurückgeben.“