Herne. Das Palliativ-Netzwerk Herne ist zehn Jahre alt geworden. Eine gute Gelegenheit, das Engagement für Schwerstkranke mit einer Charta zu besiegeln.

Die Städte Herne und Castrop-Rauxel wollen noch mehr als bisher für die Versorgung von Menschen an ihrem Lebensende tun. Dazu haben sich die beiden Kommunen sowie ihr gemeinsames Palliativ-Netzwerk verpflichtet, als sie die Charta zur Betreuung Sterbender unterzeichnet haben. Die Leitlinien zielen darauf ab, die Begleitung todkranker Menschen zu verbessern. Der Termin für die Unterschriften war wohl gesetzt, erfolgten sie doch während der Feiern zum zehnjährigen Bestehen des Netzwerkes.

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Dem Patientenwillen Geltung verschaffen

Blick ins Publikum bei der Feier im wewole-Forum.
Blick ins Publikum bei der Feier im wewole-Forum. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Hernes Sozialdezernent Johannes Chudziak gehörte zu denen, die vor über 100 Gästen im Wewole-Forum des City-Centers die Leistungen des Bündnisses würdigten. Er unterstrich, dass das Netzwerk zum Bemühen der Stadt beitrage, den Bürgern Lebensqualität in allen Lebenslagen und -phasen zu bieten, „von der Geburt bis zur Bahre“. Ferner sei es dem Zusammenschluss gelungen, das Thema „Leben in Würde und Sterben in Würde auf die Tagesordnung zu bringen“.

Das Netzwerk habe wesentlich dazu beigetragen, die Bedeutung von Patientenverfügungen und Vorsorgeplanungen herauszustellen. Die Beteiligten wirkten daran mit, einen „Herner Weg“ für Vorsorgevollmachten zu entwickeln. In den Senioren- und Pflegeheimen solle ein einheitlicher Standard geschaffen werden, damit der Patientenwille auch am Lebensende zur Geltung komme. Geplant sei, dass jeder Patient über eine mehrseitige Verfügung hinaus einen Notfallbogen erhalte, auf dem kurz und prägnant seine Wünsche zu einer medizinischen Behandlung aufgeführt seien.

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In Würde und selbstbestimmt sterben können

Karin Leutbecher, links, und Dr. Axel Münker, beide im Vorstand des Palliativnetzwerks, begrüßen die geladenen Gäste.
Karin Leutbecher, links, und Dr. Axel Münker, beide im Vorstand des Palliativnetzwerks, begrüßen die geladenen Gäste. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Für Dr. Axel Münker vom Vorstand des Netzwerkes gehört ein solches Herner Modell zu den wesentlichen Elementen für eine künftige palliative Versorgung vor Ort. Darüber hinaus wolle man verstärkt dafür eintreten, dass Menschen in Würde und selbstbestimmt sterben könnten. Zudem kümmere sich der Verbund um das Konzept der so genannten „letzten Hilfe“. Menschen sollen befähigt werden, schwer erkrankte oder sterbende Patienten zu umsorgen und an ihrer Seite zu sein. Es gelte es aber auch darauf zu achten, dass vor allem die ehrenamtlichen Helfer Hilfe und Unterstützung erführen.

Gefragte Anlaufstelle

Vorstandsmitglied Karin Leutbecher erinnerte darin, dass sich mit dem Netzwerk ein Ethik-Komitee etabliert habe, das den verschiedenen Einrichtungen zur Verfügung stehe. Der Zusammenschluss biete zudem die Möglichkeit, Expertenwissen zu bündeln und zu nutzen. Längst sei das Palliativ-Netzwerk auch eine gefragte Anlaufstelle für Patienten, für Angehörige und für alle Menschen, die sich mit Fragen zu Tod und Sterben auseinandersetzten.

Dem Bürgermeister von Castrop-Rauxel, Rajko Kravanja, zufolge hat das Bündnis wesentlich dazu beigetragen, dass die Themen Sterben und Tod aus der Tabuzone herausgeholt worden sind. Bei der Gründung vor zehn Jahren habe in der Gesellschaft oftmals noch eine andere Einstellung geherrscht.

Begleitende Kunstaktion

Mehr Infos zum Palliativ-Netzwerk

Das Palliativ-Netzwerk kümmert sich um unheilbar kranke Menschen am Ende ihres Lebens. Ihm gehören 31 Mitglieder an, darunter Kliniken, Hospize, Wohlfahrtsverbände, Pflegeeinrichtungen, Mediziner und Apotheken.

Im Jahr erreicht das Netzwerk in Herne und Castrop-Rauxel mehr als 1.200 Patientinnen und Patienten.

Im Jubiläumsjahr soll der Leitfaden zum Umgang mit stationär untergebrachten sterbenskranken Menschen aktualisiert und neu aufgelegt werden.

Die Charta zur Betreuung Sterbender ist ein Projekt der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin und des Deutschen Hospiz- und Palliativverbandes. Über 2.200 Organisationen und 26.000 Einzelpersonen haben sie bislang unterschrieben.

Im Anschluss an den Festakt hatten die Gäste Gelegenheit, sich die Kunstaktion „Before I die“ anzuschauen, die in ihrer deutschen Übersetzung heißt „Bevor ich sterbe, möchte ich unbedingt ...“. Die Künstlerin Candy Chang aus New Orleans hatte 2011 ein Kunstprojekt gestartet, um zu thematisieren, was im Leben eigentlich wirklich wichtig ist. Nachdem Chang „Before I die“ auf eine Mauer gepinselt hatte, war die Wand am nächsten Morgen mit Notizen, Wünschen und Fragen übersät.