Herne. Vier Mitglieder der Bandidos haben in Herne Rocker eines anderen Clubs überfallen und schwer verletzt. Nun wurden sie vom Gericht verurteilt.

Nach einem „Kutten-Überfall“ auf andere Motorradrocker am Herner Kulturzentrum sind vier Mitglieder des Motorradclubs „Bandidos“ am Bochumer Landgericht zu Haftstrafen von bis zu sechs Jahren und acht Monaten verurteilt worden.

Das Rocker-Quartett der Bandidos war im Sommer 2018 auf der Holsterhauser Straße über drei ortsfremde Motorradrocker aus Wuppertal hergefallen. Eines der Opfer ist seitdem ein Pflegefall. Die vier Angeklagten aus Herne, Essen und Dortmund nahmen die Urteile am Mittwoch ohne äußere Regung entgegen. Hinten im Zuschauerbereich saßen Dutzende Mitglieder des Rockerclubs „The Living Dead Nomads“. Alle wollten hautnah dabei sein, wenn die Strafen gegen die Männer verkündet werden, die gemeinschaftlich dafür verantwortlich sind, dass das Leben ihres damals so folgenschwer gestürzten Rockerkumpels nie mehr so sein wird wie zuvor.

Angeklagten legten weitreichende Geständnisse ab

Auf der Holsterhauser Straße in Herne-Mitte fielen die Bandidos im Sommer 2018 über Rocker des Clubs „The Living Dead Nomads“ her und verletzten sie zum Teil schwer.
Auf der Holsterhauser Straße in Herne-Mitte fielen die Bandidos im Sommer 2018 über Rocker des Clubs „The Living Dead Nomads“ her und verletzten sie zum Teil schwer. © News-Report-NRW | Daniel Knopp

Mit sechs Jahren und acht Monaten Haft kassierte ein 27-jähriger Bandidos-Rocker aus Herne die höchste Strafe. Je nach Anzahl und Grad der individuell unterschiedlich vorhandenen Vorstrafen und teils laufenden Bewährungen fielen die Urteile gegen das übrige Trio (27, 30 und 32) um vier, sechs beziehungsweise zehn Monate geringer aus.

Alle Urteile lauten auf schwere und gefährliche Körperverletzung sowie Nötigung. Richterin Susanne Schön-Winkler betonte gleich zu Beginn der Urteilsverkündung, dass der Weg der vier Angeklagten – weitreichende Geständnisse abzulegen – aus Sicht des Gerichts nicht nur richtig, sondern auch äußerst wichtig für die Findung einer Strafe mit Perspektive gewesen sei. „Angesichts der schweren Verletzungsfolgen war die Höchststrafe hier zum Greifen nah“, sagte die Vorsitzende Richterin.

Schwere Schädel-Hirnverletzungen erlitten

Zwar habe die Kammer bei keinem der vier Angeklagten sicher feststellen können, dass er den folgenschweren Schlag auf den am schwersten verletzten Motorradrocker gesetzt habe. „Sie alle müssen sich aber die erheblichen Folgen für die Opfer entgegenhalten lassen“, hieß es in der Urteilsbegründung. „Sie alle haben auf engstem Raum auf die Köpfe der Opfer eingeschlagen und -getreten.“ Die drei attackierten The-Living-Dead-Rocker (50, 52 und 55) hatten unter anderem Brüche des Jochbeins sowie des Kiefers erlitten. Das älteste Opfer hatte bei der Auseinandersetzung so schwere Schädel-Hirnverletzungen erlitten, dass es zeitlebens ein Pflegefall bleiben wird. „Der Mann ist zu einer selbstständigen Lebensführung gänzlich außerstande. Er ist in Siechtum verfallen und das ist das Schlimmste, was passieren kann, bevor das Leben erlöscht“, sagte Richterin Susanne Schön-Winkler.

Bandidos-Präsident schwieg als einziger

Das Verfahren gegen den ursprünglich gemeinsam mit dem Quartett angeklagten Präsidenten des neu gegründeten Chapters „Bandidos MC Bochum City/Ruhrpott“ wird nun separat weiterverhandelt.

Der 35-jährige Herner ist zudem noch wegen einer anderen Bluttat in einem Bochumer Innenstadt-Pub angeklagt. In diesem Zusammenhang hatte sich der Präsident auf übermäßigen Drogenkonsum berufen und soll nun von einem Sachverständigen begutachtet werden.

Mit Blick auf den „Kutten-Überfall“ hatte der Bandidos-Präsident als einziger inhaltlich gar nichts ausgesagt: „Ich werde dazu schweigen und das bleibt auch so“, so der 35-Jährige.

Wenn die vier Angeklagten ihre Strafen verbüßt hätten, sei ihnen eine Rückkehr in die Gesellschaft noch möglich. „Sie können weiterhin lachen, weinen und träumen – das kann das Opfer nicht.“ In den Geständnissen hatten die vier Bandidos zugegeben, am 11. August 2018 gegen 19.50 Uhr bei der Prügelei an der Holsterhauser Straße mitgemischt und mitgeprügelt zu haben. Ziel sei es gewesen, Macht zu demonstrieren, den zufällig entdeckten, ortsfremden Motorradrockern die Kutten (Westen) abzunehmen und sie dadurch zu demütigen.

Keiner der Bandidos wollte aber angeblich das so dramatisch mit dem Kopf auf dem Boden aufgeschlagene Opfer attackiert beziehungsweise dem Mann die Kutte abgenommen haben. Richterin Susanne Schön-Winkler: „Wir müssen akzeptieren, dass sie untereinander nicht ihre Loyalität verletzen wollen und nur über sich selbst geredet haben. Dass keiner mitbekommen haben will, wer den Mann geschlagen und wer ihm die Kutte ausgezogen hat, glauben wir ihnen aber nicht.“

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