Essen/Herne. Über 14.000 Brett- und Kartenspiele gibt es in der Spieliothek in Herne. Deren Leiter erklärt, wie Eltern einen Fehlkauf vermeiden können.

Auch in diesem Jahr öffnet die weltweit größte Brettspielmesse wieder ihre Tore: Besucher der „Spiel ‘19“ dürfen sich vom 24. bis 27. Oktober in Essen auf mehr als 1500 Spiele-Neuheiten freuen. Da kann man als Laie schon man schnell den Überblick verlieren. Einer, der immer alles im Blick hat, ist Karsten Höger, Leiter der Spieliothek in Herne. Hier gibt es mit über 14.000 Brett- und Kartenspielen eine der größten ausleihbaren Sammlungen weltweit. Im Interview mit Dennis Freikamp erklärt Höger, was Eltern beim Kauf eines neuen Spiels beachten sollten, wo Sie sich im Vorfeld am besten informieren können und warum es kein Erfolgsrezept für gute Brettspiele gibt.

Brettspiele: So vermeiden Eltern einen Fehlkauf

Welchen Tipp würden Sie Eltern geben, die ihrem Kind ein neues Brettspiel kaufen möchten?

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„Vor allem bei Familien mit jüngeren Kindern würde ich grundsätzlich immer empfehlen, Spiele vor dem Kauf gemeinsam anzutesten. Die Alterskennzeichnung allein ist kein aussagekräftiges Kriterium. Zumal einige Verlage die Altersangabe gerade im Grundschulbereich bewusst möglichst niedrig halten, um ein größeres Zielpublikum anzusprechen.“

Gibt es einen Fehler, der Eltern beim Kauf eines Brettspiels häufig unterläuft?

„Es gibt Brettspiele, von denen Eltern schnell begeistert sind und bei denen sie davon ausgehen, dass auch ihre Kinder viel Spaß haben werden. Und dann sitzt die Familie gemeinsam am Tisch und stellt fest, dass sich die Begeisterung der Kinder in Grenzen hält. Eltern sollten also immer zusammen mit ihren Kindern nach einem geeigneten Spiel gucken.“

Welche Spieldauer würden Sie für bestimmte Altersklassen empfehlen?

„Das lässt sich so pauschal nicht beantworten. Gerade bei jüngeren Kindern sind die Entwicklungsunterschiede extrem groß. Es gibt Kinder, die sich mehrere Stunden auf ein Brettspiel einlassen können und dann gibt es wiederum Kinder im selben Alter, deren Aufmerksamkeitsspanne sehr kurz ist.“

Was muss ich beachten, damit ein Spiel nicht nach zwei, drei Runden in der Schublade landet und nie wieder gespielt wird?

„Auch hier kann ich nur dazu raten, sich das Spiel im Vorfeld sehr genau anzugucken. Die Lektüre der Schachtelrückseite reicht nicht. Ob das Spiel wirklich hält, was es verspricht, sieht man erst, wenn man es ausprobiert. Für viele Kinder spielt die Farbe der Schachtel, das Thema des Spiels oder das Design des Spielbretts und der Figuren zum Beispiel eine viel größere Rolle als für ihre Eltern.“

Gibt es ein Erfolgsrezept für Brettspiele, an dem sich Spieler beim Kauf orientieren können?

„Nein, das glaube ich nicht. Nehmen wir zum Beispiel den Spieleklassiker Monopoly. Das Spieldesign wäre heute gar nicht mehr denkbar: Die Partie kann zwar schon lange entschieden sein, aber dennoch dauert es teilweise quälend lange, bis endlich das Spielende erreicht ist. Fast so, als solle der Verlierer noch möglichst lange leiden. Trotzdem ist Monopoly nach wie vor ein großer Erfolg. Jedes Jahr bringen Spielehersteller Tausende Brettspiele auf den Markt und hoffen, dass es der nächste große Wurf wird. Aber objektive Kriterien für ein gutes oder schlechtes Brettspiel gibt es kaum noch. Das liegt am sehr breiten Geschmack der Spieler – vor allem bei jungen Erwachsenen.“

Ein Spieleabend mit den Kindern steht an. Was muss ich beachten, damit sich eine Person nicht langweilt?

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„Da kommt es auf die richtige Spielauswahl an. Suchen Sie sich Brettspiele aus, die sowohl für Kinder als auch für Erwachsene spannend sind. Ein Klassiker ist beispielsweise „Das verrückte Labyrinth“. Damit kann man eine große Brücke schlagen zwischen den einzelnen Altersklassen. Ansonsten gibt es diverse Kompromissmodelle: Zum Beispiel, dass jüngere Kinder auch mal mit der Mutter oder dem Vater zusammen ein Team bilden, wenn das ältere Kind mit seinem Brettspiel an der Reihe ist.“

Gibt es einen groben Richtwert, wie viel man für ein gutes Brettspiel ausgeben sollte?

„Überhaupt nicht – ganz im Gegenteil: Heutzutage kommt es weniger auf das Material an. Der Preis allein spricht nicht für die Qualität eines Brettspiels, sondern das Konzept. Ein gutes Brettspiel muss nicht zwangsläufig teuer sein.“

Welche Internetseiten sind geeignet, um sich online über Brettspiele zu informieren?

„Es gibt viele unterschiedliche Internetseiten und Blogs, auf denen sich Interessenten Rezensionen von anderen Spielern durchlesen und miteinander vergleichen können. Ich würde zum Beispiel „hall9000.de“ oder „spielkult.de“ empfehlen. Dort findet man viele Kommentare von Spielern, die ihre Eindrücke schildern und auf unterschiedliche Facetten des Spiels eingehen. Letztendlich muss aber jeder für sich selbst entscheiden, welche Aspekte ihm bei einem Brettspiel besonders wichtig sind.“

Auf dem Flohmarkt oder im Internet können Interessenten auch gebrauchte Spiele kaufen. Was muss ich dabei beachten?

„Wenn ich nicht selbst kontrollieren kann, ob alle Spielfiguren und -karten noch vorhanden und unbeschädigt sind, würde ich von einem Kauf grundsätzlich abraten. Ansonsten kann man bei gebrauchten Spielen aber sehr viel Geld sparen. Brettspiele halten relativ lange, wenn sie vom Vorbesitzer einigermaßen gepflegt wurden.“

Viele Brett- und Würfelspiele gibt es mittlerweile auch als Apps fürs Smartphone oder Tablet. Was sind die Vor- und Nachteile?

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„Spiele-Apps sind eine ganz andere Art des Spielens – häufig gegen den Computer oder anonyme Onlinegegner. Das mag von den Regeln her dasselbe Spiel sein, aber es ist ein anderes Spielgefühl. Ich sehe Apps als komplett anderes Medium, bei dem die soziale Komponente fehlt. Der Vorteil ist natürlich, dass ich die Spiele mal eben zwischendurch in der U-Bahn oder in der Pause spielen kann, ohne ein Spielbrett oder einen Mitspieler zu benötigen. Das ist aber etwas völlig anderes, als sich für seine Familie oder Freunde Zeit zu nehmen und gemeinsam an einen Tisch zu setzen.“

Unter welchen Voraussetzungen würden Sie Eltern den Kauf einer Spiele-App empfehlen?

„Generell würde ich Spiele-Apps niemals für Kinder unter zehn Jahren empfehlen. Ich halte es für äußerst bedenklich, wenn Kinder in diesem Alter schon ein eigenes Smartphone haben. Da wäre ich vorsichtig. Außerdem glaube ich, dass Online-Brettspiele bei Kindern gar nicht so gefragt sind. Sobald es ums Smartphone geht, sind andere Spiele wie zum Beispiel „Candy Crush“ für Kinder viel interessanter. Analoge Brettspiele sind aber trotzdem nach wie vor sehr beliebt.“

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