Herne. Rund 100 Gramm haben die sieben Igel gewogen als Hiltrud Buddemeier sie bei sich aufnahm. Was dabei zu beachten ist, erzählt die Naturschützerin.
Die drei kleinen schwarzen Stupsnäschen graben sich in das Laub in einer großen Kiste. Beim Blick in die sechs kleinen Knopfaugen ist leicht zu verstehen, warum Hiltrud Buddemeier derzeit Pflegemama ist. Denn die kleinen Igel würden es ohne ihre Hilfe wohl nicht schaffen, den Winter zu überstehen. Viel zu klein und dünn waren sie, als die Herner BUND-Chefin sie aufnahm.
„Im Moment ist die Zeit, wo die Mütter sich von den Jungen abnabeln, auch wenn sie noch zu klein und leicht sind“, sagt Hiltrud Buddemeier. Nach nur sechs Wochen trennen sich Igelmütter von ihrem Nachwuchs. Denn jetzt müssten sie sich dringend selbst genügend Winterspeck anfressen, um über den Winter zu kommen. Im städtischen Bereich sei es für die Insektenfresser immer schwieriger, ausreichend Nahrung für sich und die Jungtiere zu finden.
Mit Igel-Findlingen immer zuerst zum Tierarzt gehen
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Vor rund sechs Wochen hat die 79-Jährige die ersten Igel aufgenommen. Menschen fanden die stacheligen Tiere, riefen Hiltrud Buddemeier an und baten um Hilfe. „Die Tiere wogen teilweise gerade einmal 100 Gramm“, sagt sie. 300 bis 400 Gramm seien im September normal. Kurzentschlossen packt sie die Igel ein, geht mit ihnen zum Tierarzt.
„Es ist wichtig, mit ihnen zum Tierarzt zu gehen“, betont die Tier- und Naturschützerin. „Es sind Wildtiere; Flöhe haben sie garantiert immer.“ Auch Zecken oder andere Parasiten müssten entfernt werden, bevor man ein Tier zu sich ins Haus holt. Und dann ist der richtige Standort entscheidend: Igel mögen es kühl, betont Buddemeier. Man sollte es ihnen keinesfalls aus falsch verstandener Fürsorge zu kuschelig warm machen.
Igel sollten an gut durchlüftetem Ort gehalten werden
Bei der Kreisgruppensprecherin des BUND haben die Igelchen ein eigenes Zimmer, bei dem immer die Tür zu und das Fenster geöffnet sei. Auch der Keller böte sich an. Wichtig sei aber, dass es ein Ort ist, der gut belüftet ist und Tageslicht hat. Die Belüftung sei auch aus einem Grund nötig, den Hiltrud Buddemeier nicht verschweigen möchte: „Igel stinken – wie alle Insektenfresser.“
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Trotzdem nimmt die Tierfreundin gleich sieben Igel bei sich in Wanne auf, macht sie jeden Tag sauber. Zweimal am Tag bekommen sie Fressen, Igelfutter aus dem Fachmarkt etwa und Katzenmilch sowie Wasser. Auch Feuchtfutter für Jungkatzen oder Gedünstetes vom Rind, Ei und als Zusatz etwas Kleie eigenen sich. „Wenn die Tiere etwa 500 Gramm haben, sollte man sie sofort in die Freiheit lassen“, rät Hiltrud Buddemeier. Man könne zur Unterstützung ja weiter ein Töpfchen mit Futter rausstellen.
Igel beginnen ab Oktober/November ihren Winterschlaf
Vier Monate Winterschlaf
Im Oktober oder November fallen Igel gewöhnlich in den Winterschlaf. Erst im März oder April wachen sie wieder auf. Sie schlafen also etwa vier Monate, rund 3000 Stunden.
Nicht jeder Igel, den Menschen im Herbst sehen, braucht auch Hilfe. Verletzte, kranke oder untergewichtige Igel (unter 500 Gramm) benötigen hingegen Fürsorge und tierärztliche Hilfe.
Wenn es sich andeutet, dass ein Igel bis November das notwendige Gewicht nicht erreicht, sollte man an eine Pflege im Haus denken. Sachkundigen Rat erhält man bei Tierärzten, Tierschutz und Igelstationen.
Autofahrer sollten im Herbst in durchgrünten Stadtbereichen besonders vorsichtig und bremsbereit sein, denn schon bei Dämmerung sind die nachtaktiven Tiere unterwegs.
Entscheidend sei auch das Wetter: Wenn es im Herbst noch um die 20 Grad Celsius warm ist, gebe es auch im Gemüsegarten noch viele Raupen und Maden – etwa am Kohl. Das Wetter sei auch für die Entscheidung wichtig, ob man aufgenommene Igel noch vor dem Winter wieder in die Freiheit entlassen könne.
Denn eigentlich beginnen die stacheligen Säugetiere ab Oktober oder November ihren Winterschlaf. „Bei dem milden Wetter haben wir aber auch schon im Winter Igel gesehen, die im Wald nach Würmern suchen“, erläutert Hiltrud Buddemeier. Solange es noch nicht so kalt ist, könne man Igel, wenn sie schwer genug sind, aussetzen.
Ihr Sorgenkind ist ein Igel mit halbseitiger Lähmung
Von den sieben Igeln, für die Hiltrud Buddemeier zunächst eine Pflegemama war, konnten zwei bereits zurück in die Freiheit. Einer ist zu ihrer Tochter umgezogen, ein weiterer zu einer Freundin. Bei zwei der drei verbliebenen Igeln ist sie ebenfalls sehr optimistisch, dass sie bald über den Berg sind.
Nur ein Igel bereitet ihr Kummer, denn er hat eine halbseitige Lähmung, die auch durch Medikamente vom Tierarzt nicht besser wurde. Das Tier einzuschläfern, wie der Tierarzt es nahelegte, kam für Hiltrud Buddemeier aber auch nicht in Frage. Dieser Igel wird wohl den ganzen Winter bei ihr bleiben und dann eventuell im Ökogarten des BUND ein neues, geschütztes Zuhause finden.