Herne. Herner Genossen haben bei der Kür einer neuen SPD-Spitze einen klaren Favoriten. Ein Promi fiel dagegen bei der Konferenz in Duisburg durch.
Rund 1500 Sozialdemokraten haben sich am Sonntag in der Duisburger Mercatorhalle ein Bild von den sieben Kandidatenpaaren für den SPD-Vorsitz gemacht, darunter auch zehn Genossen aus Röhlinghausen. Vor und auch nach der zweieinhalbstündigen Veranstaltung favorisierten sie das Duo um den früheren NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans – so wie andere Herner SPD-Mitglieder auch. Ein prominenter Kandidat fiel dagegen beim Schaulaufen in Duisburg glatt durch.
Er stehe für Gerechtigkeit, sei ein Superfinanzminister gewesen und habe wie seine Co-Kandidatin Saskia Esken einen Blick für Kommunalfinanzen. Das (und noch mehr) sagen Röhlinghauser Genossen schon vor Beginn dieser 21. von insgesamt 23 Regionalkonferenzen über Walter-Borjans. Wird NoWaBo - wie Norbert Walter-Borjans auch in Herne (fast) nur noch genannt wird - den Vorschusslorbeeren gerecht? Um dies persönlich nachzuprüfen, sind Ortsvereins-Chef Hendrik Bollmann und neun Mitglieder schon um 8.26 Uhr am Wanner Hauptbahnhof in den RE 42 Richtung Duisburg gestiegen.
Manuela Lukas sieht viel Potenzial
Viereinhalb Stunden später fällt die Bilanz deutlich aus: Die Groko-Gegner NoWaBo und Esken blieben ihre Favoriten, sagen Bollmann und seine Ratskollegin Manuale Lukas nach dem politischen Speed-Dating. Und: „Es war ein gute Regionalkonferenz“ - auch wenn er sich natürlich tiefere inhaltliche Debatten wünsche, erklärt der Ortsvereinsvorsitzende. Das sei angesichts der großen Bewerberzahl aber kaum möglich. „Das Kandidatenfeld zeigt, welches Potenzial in der SPD steckt“, sagt Manuela Lukas. Auch die Frauen hätten sie an diesem Vormittag positiv überrascht. In der öffentlichen Wahrnehmung seien sie bisher eher als „Anhängsel“ der männlichen Kandidaten rübergekommen.
Anders als bei Lukas und Bollmann hat Willibald Wiesinger am Sonntagmorgen noch zwei Favoritenpaare benennen können: Das Duo mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz stand bei dem Chef der SPD-Bezirksfraktion Eickel ebenso hoch im Kurs wie NoWaBo/Esken. Das sei nach der Veranstaltung nicht mehr so: „Olaf Scholz hat mich eher enttäuscht.“ Und auch für Hendrik Bollmann ist der Vize-Kanzler am Sonntag von fast allen anderen Kandidaten in den Schatten gestellt worden.
Juso-Chef lobt die „Basisdemokratie“
Hernes-Chef Alexander Vogt ist nicht nach Duisburg gefahren, weil er bereits die Regionalkonferenz in Troisdorf besucht hatte. Auch er sieht für sich die „meisten Übereinstimmungen“ mit dem Paar Walter-Borjans/Esken. Das Verfahren habe sich bewährt und der Parten neuen Auftrieb gegeben. „Die SPD lebt“, sagt der Landtagsabgeordnete.
Müntefering glaubt nicht an Groko-Aus
Nicht in Duisburg, sondern in den USA weilte Staatsministerin Michelle Müntefering am Sonntag. Die SPD-Bundestagsabgeordnete, die bei der Regionalkonferenz in Kamen war, will auf Anfrage nicht verraten, welches Duo sie favorisiert. Jeder sei gehalten, sich eine eigene Meinung zu bilden, sagt sie.
Die breite Diskussion um die neue Führungsspitze tue der Partei gut. Wird die SPD nach der Wahl der neuen Führungsspitze aus der Groko aussteigen? „Ich gehe nach jetzigem Stand nicht davon aus“, erklärt Müntefering.
Als „Basisdemokratie par excellence“ bezeichnet Hernes Juso-Chef Benny Grabowski das Kandidatenrennen. Auch er tendiere zu NoWaBo - so wie die Mehrheit der Herner Jungsozialisten. Er geht aber davon aus, dass Olaf Scholz auch aufgrund seiner Prominenz „am Ende ein besseres Ergebnis erzielt als viele denken“. Schließlich sei nur ein kleiner Teil der 430.000 Mitglieder live dabei, sagt Grabowski, der an der Regionalkonferenz in Kamen teilgenommen hat.
Während Vogt den Ausstieg aus der Koalition mit der Union nach der Neuwahl „für möglich“ hält, ist Theres Boneberger in dieser Frage offensiver: „Ich glaube, dass wir aus der Groko raus müssen“, sagt das SPD-Vorstandsmitglied, das wegen einer Familienfeier nicht nach Duisburg fahren konnte. Walter-Borjans wäre der richtige Vorsitzende, weil er für Glaubwürdigkeit stehe, so Boneberger.