Herne. So frech wie der Erfinder der Winkekatze witzelt keiner über Behinderte. Martin Fromme kam mit „Glückliches Händchen“ bei Flottmann bestens an.
Behinderte werden ständig angeguckt. Deshalb ist Martin Fromme Komiker geworden. „Dann müssen die Leute dafür bezahlen,“ hat sich der Mann mit den anderthalb Armen überlegt. Und sie tun es gern, wie am Mittwoch der ausverkaufte Theatersaal in den Flottmann-Hallen bewies. Dort hatte „Glückliches Händchen“ Premiere, Frommes zweites Programm, das sich ausschließlich dem Thema Behinderung zuwendet.
Thema Behinderung als Nische genutzt
Als einziger Comedian weit und breit hat der gebürtige Wanne-Eickeler diese Nische zu seiner gemacht und er pflegt sie mit großem Ideenreichtum. Anderthalb Stunden Späße über Behinderte? Wenn sie so unverschämt und abstrus daher kommen wie bei Martin Fromme, dem selbst ernannten Erfinder der Winkekatze, wird die Zeit nicht lang.
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Stand-up-Comedy wird gewürzt mit Videoeinspielern, Liedern und Fotos, es wird gekalauert und gereimt, gerne mit derb-sexueller Note, etwa wenn es um Schwerbehindertenausweise für „Teilverlust des Penis“ geht … Schuld war „der Eichelprozessionsspinner diesen Sommer“.
Songs bekommen einen neuen Text
Bekannte Songs kommen im neuen Textkleid daher. Aus „Mrs. Robinson“ von Simon & Garfunkel wird „Hallo, hallo, ich hab Parkinson“, „Epilepsie“ erzählt - nach der Melodie von „Let it be“ - vom zuckenden Breakdancer auf dem Boden. Das klingt brutal, verliert aber in der freundlich-harmlosen Darstellung des Comedian seine Schärfe.
Arm im Alter? Angela Merkel ist dagegen, dabei hat sich Martin Fromme schon so drauf gefreut. „Aber ich möchte den Arm von Brad Pitt.“ Auch „Second Hand“ bekommt plötzlich eine neue Bedeutung. Kalauer und Wortspiele gehen immer. „Warum haben Blinde einen Blindenhund?“, fragt der Künstler. „Die müssen doch einen Seehund haben!“ Humpelstilzchen und Downröschen heißen übrigens die Gestalten in Behindertenmärchen ...
Martin Frommes Humor kennt keine Tabus
Zu großer Form läuft der Comedian auf, wenn er in Rollen schlüpft. Der selig lächelnde Gospelsänger - Fromme singt übrigens richtig gut -, der Kellner in dem (nicht ganz taufrischen) „Versteckte Kamera“-Filmchen, der einen Becher über seinen Armstumpf gestülpt hat, sind Paraderollen.
Behinderte als Selbstmordattentäter, Zwerge als Wurfmaterial, Gespräche mit Hitler und Gott: Frommes Fantasie schreckt vor nichts zurück und zumindest sein Herner Publikum hat das ungläubige „Das traut der sich?“ überwunden. Es wird befreit gelacht und beim heftigen Schlussapplaus klatschen einige Begeisterte stehend. Auch wenn die Übergänge zwischen den Nummern manchmal noch etwas rumpeln: ein lustiger Abend, dessen brachialer Humor der Erkenntnis nicht im Wege steht.