Herne. Die Kobra war draußen am Haus, als sie nach fünf Tagen endlich eingefangen werden konnte. Mit einem Video hat die Stadt dies dokumentiert.

Um 18.15 Uhr am Freitagabend Uhr streckten Mitarbeiter der Herner Feuerwehr Daumen in die Höhe: Die ausgebüxte Kobra aus Herne ist eingefangen und sicher in einer Kiste verstaut.

Die Bewohner des Hauses an der Bruchstraße und die Nachbarn können aufatmen. Fünf lange Tage fehlte von dem höchst giftigen Tier jede Spur. Mäharbeiten hinter dem Haus hatten die Monokelkobra schließlich am Freitag aufgeschreckt. Dann überschlagen sich die Ereignisse.

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Wenige Meter entfernt steht Andreas Wilczek vom Stadtbetrieb. Er sieht etwas in der Öffnung. „Sie hat sich bewegt und versucht, sich zu verstecken“, erzählt der 52-jährige Müllwagenfahrer. Er habe ein „gelb-goldfarbiges Tier“ gesehen. „Ich habe schon oft Schlangen gesehen, aber das war ein Schock für mich“, berichtet er. Er verständigt seinen Gruppenleiter Benjamin Grejner. Der schlägt sofort Alarm. Wenig später ist der Bereich weiträumig abgesperrt und der Schlangenexperte verständigt.

Keine anderthalb Stunden nach der erneuten Sichtung kann der Bochumer Schlangenexperte Roland Byner das Tier lebend fangen. Es hatte sich zuletzt noch unter einer Terrassen-Betonplatte versteckt. Mit einer Schlinge hat er das Tier schließlich fangen können, sagt Byner. In einer Plastikkiste mit roten Totenkopf-Aufklebern an der Seite wird die Kobra dann wenig später aus dem Haus getragen. Erleichterung bei allen: Einsatzkräften, Bewohnern, Nachbarn und Journalisten.

So sah es am frühen Freitagabend vor dem Haus aus.
So sah es am frühen Freitagabend vor dem Haus aus. © WAZ | Tobias Bolsmann

Auch Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda war an den Ort des Geschehens geeilt und dankte den Einsatzkräften per Handschlag. Erleichtert zeigt sich auch Hernes Ordnungsdezernent Johannes Chudziak, dass die Risikolage nun entschärft sei. Als die Schlange in einer Kiste in ein Feuerwehrauto geladen wurde, brandete sogar Beifall unter den zahlreichen Schaulustigen auf, die das Geschehen verfolgt hatten.

Die Giftschlange ist bis auf Weiteres bei einem Reptilienexperten untergekommen. „Die Schlange ist wohlauf“, sagte Stadtsprecherin Nina-Maria Haupt. „Sie hat wahrscheinlich den stressigsten Tag ihres Lebens gehabt.“ Die Behörden beraten nun, was mit dem Tier passieren soll. Zudem muss geklärt werden, wer die Kosten für die aufwendige Suchaktion trägt.

Stadt Herne hat auch die übrigen Schlangen aus der Wohnung des Mannes geholt

Die Stadt Herne geht davon aus, dass die Kobra aus der Wohnung des Mieters stammt, der dort mehr als 20 Giftschlangen hielt. Der junge Mann soll damit gehandelt haben. Laut Stadt bestreitet er, dass die Schlange aus seinem Bestand war. Es geht nun auch um die Frage, wer am Ende die Kosten für den Sucheinsatz übernehmen muss. Bei Feuerwehr, Reptilienexperten und auch Bewohnern seien Kosten entstanden, die nun zusammengetragen würden, erklärte Sprecherin Haupt. „Es wird nicht günstig.“ Die Stadt lasse prüfen, wer dafür haftet.

Die Stadt Herne hat insgesamt 22 Schlangen aus der Wohnung des Mieters geholt. Auch diese Tiere seien bei Reptilienexperten untergekommen, sie gehörten dem Mann mittlerweile nicht mehr. „Er hat gegenüber der Stadt auf sein Eigentum verzichtet.“ Der Mann habe mehr und andere Schlangen gehabt als offiziell gemeldet. Bei diesen Tieren müsse nun ebenfalls geklärt werden, wo sie dauerhaft bleiben können.

Am Nachmittag war klar: Bewohner dürfen in Wohnungen zurückkehren

„Endlich ist sie weg und wir können wieder rein“, sagt Collin Bleck. Der junge Mann hatte am vergangenen Sonntag das bislang einzige Foto der Schlange im Hausflur gemacht, nachdem seine Freundin Lisa-Marie Schapeit das hochgefährliche Tier zuvor im Treppenhaus gesehen hatte.

Als dieses glückliche Ende noch nicht abzusehen gewesen war, hatten Dudda und Chudziak am frühen Nachmittag bekannt gegeben, dass die Bewohner – die ihre Wohnungen wegen der verschwundenen Giftschlange verlassen mussten – in ihre Wohnungen zurückkehren könnten. Allerdings dürften sie Keller und Dachboden nicht betreten.

Nachbar hatte Stadt überzeugt, den Rasen hinter dem Haus zu mähen

Durchsuchungen hätten ergeben, dass die Kobra, die am vergangenen Sonntag ausgebüxt war, nicht in die Wohnungen gekrochen sei. Bei 14 der 18 Wohnungen bestehe überhaupt keine Verbindung zu Dach und Keller, erläuterte er. Bei den weiteren vier Wohnungen habe man alle Rohre, Schächte oder andere Verbindungen verdichten und Schlupfmöglichkeiten verschließen lassen. Die Frage, wann und wie die Schlange ins Freie gelangen konnte, musste zunächst unbeantwortet bleiben.

Einer, dem der Oberbürgermeister nach dem glücklichen Ende besonders dankte, war Joel Pesarra. Er wohnt direkt neben dem Haus, in dem ein Mann rund 20 Giftschlangen gehalten hatte. Pesarra sei es gewesen, so der OB im Gespräch mit der WAZ-Redaktion, der die Stadt davon überzeugt habe, die Wiese hinter dem Haus zu mähen. Da sie schon zur Stadt Castrop-Rauxel gehört, machten sich deren städtische Mitarbeiter ans Werk - und entdeckten die Schlange.

Unsere weitere Berichterstattung zur ausgebüxten Kobra:

Und wenn die Schlange nicht beim Mähen gefunden worden wäre? Die Fachleute gehen davon aus, erklärte der Dezernent, dass die Schlange auch einen Aufenthalt im Keller nur wenige Wochen überlebt hätte, vor allem auch aufgrund der sinkenden Temperaturen. Ab zehn Grad Celsius habe das Reptil nur noch wenig Chancen.

Neben Medienvertretern waren auch mehrere Nachbarn vor Ort, als die Stadt über ihre Entscheidung informierte.
Neben Medienvertretern waren auch mehrere Nachbarn vor Ort, als die Stadt über ihre Entscheidung informierte. © Theo Körner

Geteiltes Echo unter den Nachbarn

Die Entscheidung der Stadt, die Mieter wieder in ihre Wohnungen zu lassen, war bei den Nachbarn auf ein geteiltes Echo gestoßen. Eine Holthausenerin meinte, dass die Gefahr doch überhaupt nicht gebannt sei. Eine Anliegerin erklärte indes, „die Stadtspitze wird sich doch ihrer Sache sicher sein, sonst würde sie die Freigabe nicht erteilen“.

Eine Hausbewohnerin hatte die aus einer Wohnung an der Bruchstraße entwichene Schlange fotografiert.
Eine Hausbewohnerin hatte die aus einer Wohnung an der Bruchstraße entwichene Schlange fotografiert. © dpa | Collin Bleck

Einige Nachbarn bewegt vor allem die Frage, ob der Mann, dem die Schlange gehört, auch zurückkehren wird. Die Stadt stehe wohl in Kontakt mit ihm, wisse aber nicht, wie er sich entscheide, heißt es. Eine Haltung von Schlangen werde ihm aber nicht erlaubt, so Dezernent Chudziak. Gerüchte machen die Runde, gegen den entsprechenden Mieter würde angeblich eine Räumungsklage laufen. Der Besitzer des Hauses will sich auf Anfrage nicht zu den Vorgängen der vergangenen Tage äußern.

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