Herne. Seit zehn Jahren bietet die Stadt Herne „Willkommensbesuche“ in Familien an, wenn ein Kind geboren wird. Die Resonanz ist riesig.
Herne soll familienfreundlicher werden. So hieß es 2009, und aus diesem Grund startete die Stadt so genannte Willkommensbesuche in Familien, die ein Baby bekamen. Angelegt war das Ganze als Pilotprojekt in Sodingen. Erfolgreich: Heute gehören die Besuche zum Standard.
„Wir suchten eine Möglichkeit, Familien Wertschätzung entgegen zu bringen, aber auch ins Gespräch zu kommen, um zu erfahren, was Familien bewegt“, erklärt Holger Närrlich, Leiter des städtischen Familienbüros, dessen Entwicklung ebenfalls zu diesem Zeitpunkt startete. Nun feiert das Familienbüro fünfjähriges Bestehen, die Willkommensbesuche gibt es seit zehn Jahren.
2010 wurden die Besuche nach und nach auf das ganze Stadtgebiet ausgeweitet. „Es ist ein niederschwelliges Angebot“, betont Beate Klimek, die seit sechs Jahren Willkommensbesuche durchführt. Die Eltern bekommen zunächst ein Anschreiben mit einer Terminvereinbarung, meist sechs bis acht Wochen nach der Geburt. Dann folgen die Willkommensbesuche. „Die Eltern empfinden unsere Besuche als sehr angenehm, auch wenn manche erst Sorge haben, dass wir sie kontrollieren wollen.“ Die hohe Quote der Inanspruchnahme – sie liege bei 80 Prozent – zeige, dass die Stadt mit diesem Angebot einen Nerv getroffen habe.
Wichtige Adressen für Eltern
Für den Besuch sei in der Regel eine Stunde eingeplant. „Aber es hängt ganz von den Bedürfnissen der Eltern ab, wie lange wir da bleiben.“ Bei jedem Besuch überreicht Beate Klimek den Eltern eine Tasche, in der sich neben Geschenken für die Neugeborenen und Infomaterial das Elternbegleitbuch befindet. Darin seien wichtige Adressen von Kitas, Kinderärzten, Beratungsstellen und vieles mehr kompakt gesammelt. „Unser Ziel ist es, die Familien von vornherein ans Hilfesystem anzudocken – falls nötig.“
Herner nehmen Willkommensbesuche gut an
Seit 2009 gab es gut 11.000 Geburten in Herne. 80 Prozent der Eltern nahmen die Besuche in Anspruch, heißt es bei der Stadt Wer absage, bekomme meist das zweite oder dritte Kind.
Eltern könnten ohne Anmeldung täglich die Sprechstunde im Familienbüro, Hauptstraße 241 (Erdgeschoss WEZ), in Anspruch nehmen. Dort gibt es eine Stillecke sowie eine Wickelmöglichkeit.
Die Fragen seien ganz unterschiedlich. So seien für Alleinerziehende Themen wie Vaterschaftsanerkennung oder Entlastungsangebote wichtig, für Familien, die einen schwierigen Start hatten – bei Frühchen oder Kindern mit Behinderung – stehe die Frage nach Unterstützung im Vordergrund. „Wir sehen im Jahr über 1000 Familien, genauso viele Geschichten stecken dahinter“, sagt Beate Klimek. „Man weiß nie, was einen erwartet und welche Bedürfnisse die Eltern haben.“ Jeder Besuch sei auf seine eigene Art und Weise spannend. Es sei schön zu sehen, dass man die Familien gut ans Hilfesystem andocken könne, bevor sie alleine nicht zurecht kämen. „Viele wissen gar nicht, welche Hilfsleistungen es gibt.“
Topthema Kindertagesbetreuung
Topthema sei bei den meisten aber die Kindertagesbetreuung. Welche Angebote gibt es eigentlich in der Stadt? Wie funktioniert das Anmeldeverfahren? Wo gibt es Krabbelgruppen? – all diese Fragen seien den frisch gebackenen Eltern wichtig. Viele Fragen, die die Eltern stellten, könnten Beate Klimek und ihre Kolleginnen aus dem Stegreif beantworten, da sie selber Mütter seien oder im Bereich Erziehung gearbeitet hätten. „Bei komplexeren Sachen können wir auf unser Netzwerk verweisen.“ Für so genannte Schreibabys gebe es beispielsweise die Schreiambulanzen. „Wenn es Berührungsängste gibt und die Eltern sich nicht trauen, eine Stelle anzulaufen, begleiten wir auch dort und schaffen einen guten Übergang.“
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In der Regel sei der Besuch einmalig. Aber weitere Besuche seien nicht ausgeschlossen. „Bei Drillingen beispielsweise oder hohem Beratungsbedarf kommen wir auch öfter.“ Manchmal erreiche sie zwei Jahre nach dem Willkommensbesuch noch ein Anruf mit einer Frage: „Die Eltern wissen, da ist jemand im Jugendamt, den sie anrufen können.“