Das Familienbüro besucht seit 2009 Eltern mit Neugeborenen. Die Sozialarbeiterinnen bringen eine Tasche mit Broschüren und Willkommensgeschenken mit und sind Ansprechpartnerinnen für alle Fragen.
Mit dem ersten Kind wird alles anders. Das wissen seit dem 18. Januar auch Adrienne und Mathias Jenciak. An diesem Tag wurde Mats Benedikt geboren. Wenig später bekam das in Eickel lebende Paar Post von der Stadt. Der Oberbürgermeister persönlich gratulierte zur Geburt und bot den Besuch einer Mitarbeiterin des Begrüßungsteams an. Die Jenciaks sagten gerne zu.
Suche nach Kita schon Thema
„Wir hatten vorher wenig Kontakt zu Familien mit Kindern“, sagt Adrienne Jenciak (35). „Da fand ich das gut, dass ich ein paar Informationen bekommen habe.“ Es war die Sozialarbeiterin Ulrike Schwarz (43), die Ende Februar die junge Familie zu Hause besuchte. Mit einem Stoffbeutel voller Begrüßungsgeschenke von der Schnullerkette bis zum Gutschein fürs Babyschwimmen . Und mit Büchern und Broschüren wie „Das Baby“, „Das beste Essen für Babys“ oder „Zehn kleine Zappelfinger“ mit Anregungen für Fingerspiele. „Gut fand ich auch die Broschüre über die Vergiftungsunfälle“, sagt Adrienne Jenciak. Sie ist Krankenschwester, aber „das wusste ich auch nicht.“
Ein wichtiges Thema beim Erstbesuch: Wie finde ich einen Kitaplatz? Denn die junge Mutter will wieder in den Beruf zurück, wenn Mats ein Jahr alt wird. Hier leistet ein Ordner der Stadt Herne gute Dienste. Neben allgemeinen Informationen über Kindertageseinrichtungen, Kinderärzte, Beratungsstellen oder wirtschaftliche Hilfen - auf Wunsch auf türkisch, arabisch oder russisch - listet er Adressen auf. Adrienne Jenciak fand darin einige Hinweise. Von „Pflegenestern“ und den Krabbel- und Pekip-Gruppen des gar nicht weit entfernten „Treffpunkt Eickel“ hörte sie zum ersten Mal im Gespräch mit Ulrike Schwarz.
Gespräche bis zu zwei Stunden
Nach Kitas und Krabbelgruppen werde oft gefragt, sagt Ulrike Schwarz. Spezieller wird es bei zu früh geborenen Kindern und Kindern mit Behinderungen. „Da gucken wir, welche Ansprechpartner in Frage kommen.“ Ansonsten gibt es kein Thema, das nicht angesprochen werden kann, von Blähungen bis zum nächstgelegenen Sportverein. Mal dauert das eine halbe Stunde, mal zwei. Zwei bis drei Besuche am Tag schafft Ulrike Schwarz mit ihrer Teilzeitstelle. Als dreifache Mutter kennt sie viele Probleme aus eigener Erfahrung.
Einen Ordner wie den der Stadt Herne hätte auch Anne Bolsmann (39) gerne gehabt, die sich als „Zugezogene“ nach der Geburt ihrer Tochter Viola (3) alle nützlichen Adressen selbst zusammen suchen musste. Als im letzten Dezember Jacob auf die Welt kam, lernte auch sie Ulrike Schwarz kennen. „Sie hatte super Tipps in der Tasche“ - die Anne Bolsmann aber jetzt nicht mehr so dringend brauchte. Trotzdem ein gutes Angebot, findet sie, aber auch ein „richtiger Packen. Wer soll sich mit einem Baby durch die ganzen Broschüren lesen?“
Ob sie einen Willkommensbesuch wünschen oder nicht, entscheiden die Eltern selbst. Das steht auch noch einmal deutlich im Schreiben des Oberbürgermeisters. Dass sie nicht willkommen ist, erlebt die Sozialarbeiterin Ulrike Schwarz aber eigentlich kaum. „Es kommt schon mal vor, dass unsere Besuche als Kontrolle des Jugendamtes gesehen werden“, sagt sie. Während des Besuches und angesichts der prall gefüllten Tasche werde dann aber schnell klar, dass sie so nicht gedacht seien. Und wer gar nicht wolle, könne ja absagen. Meistens sind das Paare, die bereits Eltern sind.
Nur in seltenen Fällen hat Ulrike Schwarz bei ihren Besuchen Familienverhältnisse angetroffen, die eine Intervention ratsam erscheinen ließen. Nicht immer muss gleich der Allgemeine Soziale Dienst (ASD) eingeschaltet werden, sagt sie. Manchmal reiche es schon, wenn eine Krabbelgruppe gefunden werde, um eine Isolation zu durchbrechen. Überwiegend sieht die Sozialarbeiterin aber Freude. „Wenn ein Baby da ist, wollen alle das Beste.“
Um die 1200 Babys werden im Durchschnitt im Jahr in Herne geboren.
1027 Familien wurden im Jahr 2012 vom Familienbüro besucht, das sind 86 Prozent der Neugeborenen-Eltern.
Die Eltern werden mit einem Terminvorschlag angeschrieben. Sie können sich aber auch schon vor der Geburt melden.
Neu zugezogene Herner können sich auch noch melden, bis ihre Kinder sechs Jahre alt sind. Im Besuchsteam arbeiten neben Ulrike Schwarz zwei weitere Sozialarbeiterinnen.
Die Erstbesuche wurden im September 2009 als Pilotprojekt in Sodingen gestartet, dann auf Wanne ausgedehnt und Ende 2010 auf das gesamten Stadtgebiet.