Herne. Bevor die Cranger Kirmes zum Massen-Spektakel wurde, lockte der Pferdemarkt die Menschen nach Herne. Das sind die Ursprünge des Rummels.
Es muss ein riesiges Spektakel gewesen sein, als Anfang des 19. Jahrhunderts der Pferdemarkt die Menschen nach Crange lockte. Aus dieser Zeit stammen die ersten schriftlichen Quellen, die von dem illustren Treiben berichten.
Damalige Zeitzeugen erzählten, dass Besucher aus allen Himmelsrichtungen anreisten. In Zeiten, in denen das Auto noch nicht erfunden war und auch noch keine Bahnen verkehrten, mussten Menschen aus Frankfurt, Köln, Wesel oder holländischen Städten schon manche Strapazen auf sich nehmen, um nach Crange zu gelangen.
Treibjagd war der Höhepunkt des Pferdemarktes
Das Programm, das dann auf sie wartete, dürfte sie aber in gewisser Weise entschädigt haben. Wirte waren auf den Ansturm gut vorbereitet, Festball und Konzerte gehörten zum festen Bestandteil des Pferdemarktes, dessen Höhepunkt den Überlieferungen nach stets eine Treibjagd war. Frauen, Männer und Kinder sollen laut historischen Berichten beteiligt gewesen sein, wenn die Pferde am Vorabend des Laurentiustages von den Weiden ins Dorf getrieben wurden.
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So genannte Wildwärter führten die Regie und sorgten maßgeblich dafür, dass der Lauf der Herde mit 50 bis 60 Pferden doch recht geordnet vonstatten ging. Tiere, die einen Käufer fanden, wurden zunächst in großen Ställen untergebracht, später mit dem Lasso eingefangen und dem neuen Besitzer übergeben.
Handel auch mit Kühen und Schweinen
Wie aus den Aufzeichnungen hervorgeht, wurde aber nicht nur ein schwunghafter Handel mit Pferden, sondern auch mit Kühen und Schweinen getrieben. Die Landwirte in damaliger Zeit waren nämlich auf Viehwirtschaft angewiesen, hatten doch Reformen dazu geführt, dass ihr früheres Standbein, die Weidewirtschaft, an Bedeutung verloren hatte.
Der Trubel um Pferde- und Viehmarkt entwickelte sich schließlich auch zu einem Publikumsmagneten, weil sich Gaukler, Musikanten und Artisten dazu gesellten. Affen- und Hundetheater, Auftritte von gezähmten Bären sorgten, wie es damals hieß, für „Volksbelustigung“.
Fahrgeschäfte soll es auf der Cranger Kirmes erst nach 1880 gegeben haben
Bis Karussells, Schaukeln, Riesenräder und Rutschbahnen das Bild der Kirmes bestimmten, sollte es aber noch etwas dauern. In Crange, so schreibt es Annette Krus-Bonazza in ihrem historischen Buch über die Kirmes, gab es solche Fahrgeschäfte erst nach 1880.
Zurück zum Pferdemarkt: Die häufig gestellte Frage, seit wann denn nun einmal im Jahr die Menschen nach Crange pilgern, um Pferde zu kaufen oder zu verkaufen, lässt sich nach Aussage der Buchautorin nicht beantworten. So bleibt es nach ihren Aussagen auch hinsichtlich der Ursprünge der Kirmes bei Spekulationen.
Pferdemarkt verlor mehr und mehr an Bedeutung
Als gesichert gilt allerdings, dass in der Gegend lebende Wildpferde, die „Emscherbrücher Dickköppe“, urkundlich erstmals am 13. Dezember 1369 erwähnt werden. Sie sollen von eiszeitlichen Pferden abgestammt sein und taugten aufgrund ihrer starken Muskulatur vor allem als Zug-, aber auch als Reitpferde. Die Zucht solcher Wildpferde stehe in engem Zusammenhang mit der Entstehung und Entwicklung der Cranger Kirmes, schreibt Krus-Bonazza.
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Der Pferdemarkt verlor nach einer Blütezeit, die bis in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts reichte, immer mehr an Stellenwert. Nach dem Zweiten Weltkrieg soll es Jahre gegeben haben, in dem er überhaupt nicht stattfand. Heute bestimmen Dressurvorführungen den Pferdemarkt, der immer noch oder wieder Besucherscharen anlockt. Und schließlich ist das auch der Tag, an dem die Leute sich auf die Hufe machen, denn die Cranger Kirmes beginnt.