Herne. Das Verfahren zur Besetzung der Stelle des neuen Herner Bäder-Chefs sei „gelenkt“ worden, erklären die Grünen. SPD und CDU weisen dies zurück.

Der Aufsichtsrat der städtischen Bädergesellschaft hat Anfang Juni beschlossen, dass der bisherige OB-Büroleiter Lothar Przybyl neuer hauptamtlicher Bäderchef in Herne werden soll. Am Dienstag muss der Rat diese Empfehlung für den seit 2016 nebenamtlich als Bäderchef tätigen Sozialdemokraten in nicht öffentlicher Sitzung noch bestätigen. Die Grünen erheben nun den Vorwurf, dass das Ausschreibungsverfahren nicht objektiv gewesen und auf Przybyl zugeschnitten worden sei, werfen damit aber auch Fragen über ihre eigene Rolle in dem Verfahren auf.

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Wegen der gestiegenen Anforderungen soll künftig ein hauptamtlicher Geschäftsführer die Geschicke der drei Herner Bäder Wananas, Südpool und Lago lenken. Dies hat der Aufsichtsrat der Bädergesellschaft bereits im März beschlossen und anschließend auch das Verfahren zur Besetzung der Stelle festgelegt.

Die Geschäftsführerstelle ist im Internet auf der Stadtseite, der Verwaltungsplattform Interamt, Xing sowie auf der Homepage der Bädergesellschaft ausgeschrieben worden. Nach WAZ-Informationen haben sich daraufhin fünf Personen beworben. Lothar Przybyl soll gemessen an den vom Aufsichtsrat vereinbarten Kriterien der mit Abstand beste Kandidat gewesen sein, weshalb gar nicht erst ein weiterer Bewerber eingeladen worden sei, so ist zu hören.

Keine Veröffentlichung in Fachzeitschrift

Kurz vor der Ratssitzung melden sich nun die Grünen zu Wort. Unter der Überschrift „Ausschreibung führt zum gewünschten Ergebnis“ werfen sie SPD, CDU und Stadt praktisch vor, das Verfahren „gelenkt“ zu haben. Wenn es tatsächlich um eine objektive Personenauswahl gegangen wäre, so die Fraktion, hätte man ein Personalfindungsunternehmen eingeschaltet oder mindestens eine vernünftige Stellenbeschreibung in der Fachzeitschrift der „Deutschen Gesellschaft für das Badewesen“ veröffentlicht. In diesem Dachverband sei die Herner Bädergesellschaft sogar Mitglied.

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Keine der stattdessen ausgewählten Plattformen spreche ernsthaft Personen an, die sich für eine solche Stelle interessieren, erklären die Grünen. Auch der Ausschreibungstext offenbare Merkwürdigkeiten. So sei keine Aussage zur Eingruppierung, sprich: zur Bezahlung getroffen worden. Und: Gefordert werde ganz allgemein ein Hochschuldiplom - ohne nähere Beschreibung. Vermutlich reiche aber auch eine kaufmännische Ausbildung und Berufserfahrung aus, so die Ratsfraktion.

„Während früher einfach Personen aus dem unmittelbaren Umfeld des Oberbürgermeisters ernannt wurden und die fachliche Eignung durch die langjährige Tätigkeit in der Verwaltung als gegeben vorausgesetzt wurde, wird heute eine vordergründig demokratische Auswahl als notwendig für die öffentliche Akzeptanz erachtet“, so die Grünen. Dies erreiche man durch „,gelenkte’, ergebnisorientierte Ausschreibungsverfahren“.

SPD und CDU halten dagegen

Bürgermeister Erich Leichner (SPD) weist als Vorsitzender der Bädergesellschaft die Vorwürfe entschieden zurück. Und auch Horst Severin, CDU-Fraktionsvize und ebenfalls Mitglied im Aufsichtsrat, distanziert sich „aufs Schärfste“ von der Grünen-Kritik. „Kungelei oder Absprachen sind mit mir nicht zu machen“, sagt er. Das Verfahren sei völlig sauber gewesen.

Grünen-Chefin Susanne Marek - hier mit ihrem Co-Vorsitzenden Pascal Krüger - ist für ihre Ratsfraktion Mitglied im Aufsichtsrat der Bädergesellschaft.
Grünen-Chefin Susanne Marek - hier mit ihrem Co-Vorsitzenden Pascal Krüger - ist für ihre Ratsfraktion Mitglied im Aufsichtsrat der Bädergesellschaft. © loc

Was die Grünen in ihrer Pressemitteilung nicht erwähnen (und auch nicht erwähnen dürften, weil alle Aufsichtsratsmitglieder der Verschwiegenheitspflicht unterliegen): Das Grünen-Aufsichtsratsmitglied Susanne Marek hat nach WAZ-Informationen bei der Suche nach einem neuen Bäder-Chef im Aufsichtsrat dem Verfahren zugestimmt, zum Schluss dann aber gegen Lothar Przybyl gestimmt. Heißt: Die Grünen-Ratsfrau und Kreisvorsitzende hat das aktuell in der Grünen-Pressemitteilung verurteilte Verfahren zunächst grundsätzlich unterstützt.

Was sagen die Grünen zu diesem Widerspruch? „Susanne Marek ist offenbar in dieser Situation überfahren worden“, erklärt Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Rolf Ahrens auf Anfrage. Und was sagt Susanne Marek? Die Ratsfrau war auf Anfrage der WAZ nicht zu erreichen.