Herne. Die Herner SPD hat mit rund 100 Bürgern über die umstrittenen Kosten für die Straßensanierung diskutiert. Tenor: Die Belastung ist zu groß.

Wie können marode Straßen saniert werden, ohne deren Anwohner dafür finanziell zu belasten? Darüber diskutierte die Herner SPD, moderiert vom Landtagsabgeordneten Alexander Vogt am Montagabend mit rund hundert Bürgern im Veranstaltungszentrum Gysenberg. Hintergrund der Veranstaltung ist ein Gesetzentwurf zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge, den die SPD am kommenden Freitag im Landtag vorstellen wird.

Der Hintergrund: Bislang sind Städte nach dem sogenannten Kommunalabgabengesetz dazu verpflichtet, Grundstückseigentümer an den Kosten für Reparaturarbeiten in den jeweiligen Straßen zu beteiligen. Die Beiträge für die Anwohner variieren je nach Kommune und Grundstücksgröße mitunter stark. Das Einkommen der Betroffenen wird dabei nicht berücksichtigt. Stefan Kämmerling, Kommunalpolitischer Sprecher der SPD im Landtag, sieht darin eine große Ungerechtigkeit: „Gerade für junge Familien oder Rentner sind die teilweise vier- bis fünfstelligen Summen kaum zu stemmen, zumal sie vorher nicht kalkulierbar sind.“

Alexander Vogt (SPD-MdL), Karlheinz Friedrichs (Dezernent für Bauen und Planung der Stadt Herne) und Stefan Kämmerling (SPD-MdL, v.l.) diskutierten mit Bürgern.
Alexander Vogt (SPD-MdL), Karlheinz Friedrichs (Dezernent für Bauen und Planung der Stadt Herne) und Stefan Kämmerling (SPD-MdL, v.l.) diskutierten mit Bürgern. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Der neue Gesetzentwurf sieht vor, die Beiträge für Hausbesitzer abzuschaffen. Stattdessen solle das Land die Kosten für Straßenarbeiten alleine tragen. „Die Instandhaltung der Straßen ist eine allgemeine Aufgabe des Landes, die aus Steuermitteln zu finanzieren ist“, so Kämmerling weiter. Die Argumente lägen für ihn auf der Hand.

Baudezernent Karlheinz Friedrichsist für eine schnelle Gesetzesänderung

Der alternative Vorschlag der Landesregierung, den Kommunen freizustellen, ob sie weiter Beiträge erheben wollen, schade vor allem den finanziell klammen Städten. Diese seien auf die Kostenbeteiligung der Grundstücksbesitzer angewiesen, um die nötigen Straßensanierungen finanzieren zu können. Die Einnahmen aus den Beiträgen der Grundstücksbesitzer beliefen sich laut einem Bericht der Landesregierung bisher auf 112 bis 127 Millionen Euro. Eine Summe, die das Land Nordrhein-Westfalen bei einem Haushalt von rund 78 Milliarden Euro auch ohne Zuzahlungen der Bürger aufbringen könne, so Kämmerling. Der Landtagsabgeordnete sei optimistisch, dass der umstrittene Paragraf demnächst geändert werde: „Die Belastung für die betroffenen Anwohner ist mit den Jahren immer weiter gestiegen und damit auch die Zahl der Beschwerden. Das hat uns dazu bewegt, jetzt etwas zu ändern. Erst recht, wenn der Bürgerwille so entschieden dafür spricht. Allein in Herne wurden dazu schon über 3500 Unterschriften gesammelt.“

Kämmerling reagierte damit auch auf die vielfach geäußerte Kritik, warum seine Partei erst jetzt etwas gegen das Gesetz unternehme.

NRW mit Pflichtbeitrag

Nordrhein-Westfalen ist eines von drei Bundesländern, in dem Straßenausbaubeiträge noch verpflichtend gezahlt werden müssen.

In den restlichen Bundesländern dürfen die Kommunen entweder selbst über die Beitragszahlungen entscheiden oder sie wurden ganz abgeschafft. Kritik gibt es deshalb vor allem an der ungleichen Verteilung der Kosten.

Die Brisanz des Themas wurde am Montag erneut deutlich. Über zwei Stunden lang diskutierten die Besucher mit den Verantwortlichen. Baudezernent Karlheinz Friedrichs beantwortete zahlreiche Fragen zu aktuellen Baumaßnahmen. Auch er würde eine schnelle Gesetzesänderung begrüßen: „Bei uns rennen Sie mit dem Vorschlag offene Türen ein. Dann müssten wir nicht mehr über diese Beiträge streiten und könnten uns auf die eigentlichen Straßenarbeiten konzentrieren.“

Manfred Hülsmann-Romoth, der als Hauseigentümer selbst schon von den Beitragszahlungen betroffen war, wünscht sich eine bessere Verteilung der Sanierungskosten: „Für mich stellt sich die Frage, wie es sein kann, dass die ärmsten Kommunen aktuell am stärksten belastet werden. Das ist ja schon ein Widerspruch an sich, da sollte sich dringend etwas ändern.“