Herne. . Die Stadt hat alle Geräte eines Spielplatzes abgebaut, ohne Eltern und die Kinderanwältin zu informieren. Sie fordern den Erhalt der Anlage.

Die Anwohner am Spielplatz an der Saarlandstraße in Eickel können es nicht fassen: Am Donnerstag vergangener Woche sind alle Spielgeräte abgebaut worden – ohne einen für sie ersichtlichen Grund und ohne Information der Stadt. Selbst Spielplatzpatin Karola Sobotka und Kinderanwältin Nuray Sülü alias Bibi Buntstrumpf fielen aus allen Wolken und schalteten sich sofort ein.

Seit einiger Zeit war der Spielplatz mit einem Gitter verschlossen. Anwohner gingen davon aus, dass wie üblich im Frühjahr von Stadtgrün Arbeiten ausgeführt werden und machten sich keine Gedanken. „Ich habe durch Zufall gesehen, wie die Spielgeräte abgebaut wurden“, sagt Gabriele Steinkopf, die aus ihrer Wohnung auf den Spielplatz blicken kann: „Ich habe sofort unserer Spielplatzpatin Bescheid gegeben.“ Die wiederum informierte die Kinderanwältin.

Kinderanwältin ist „total geschockt“

Kinderanwältin Nuray Sülü war nach der Nachricht über den Abbau der Spielgeräte „total geschockt“.
Kinderanwältin Nuray Sülü war nach der Nachricht über den Abbau der Spielgeräte „total geschockt“.

„Ich war total geschockt, zumal ich ja in der Projektgruppe ,kinderfreundliche Stadt‘ sitze und keinerlei Informationen hatte“, sagt Nuray Sülü. Von Stadtgrün erhielt sie auf ihre Nachfrage unterschiedliche Informationen. „Beim ersten Mal hieß es, es gäbe hier zu wenig Kinder.“ Daraufhin prüfte die Kinderanwältin beim Statistikamt die Zahlen und kam auf 81 Kinder. „Und das ist nur ein Teil der umliegenden Straßen.“

Es kämen auch viele Kinder von der nahe gelegenen Kleingartenanlage Auf der Wenge zum Spielplatz. „Für unsere Kinder ist das ein sicherer Ort zum Spielen“, sagt Tanja Ohm, die in unmittelbarer Nähe einen Kleingarten hat, in dem sie mit ihrer Familie viel Zeit verbringt. So sei es auch bei anderen.

Als Nuray Sülü erneut anrief und anführte, dass die geringe Kinderzahl nicht stimme, hieß es, dass die Geräte marode gewesen seien. Spielplatzpatin Karola Sobotka schüttelt den Kopf: „Ich habe nach der letzten Überprüfung mit dem zuständigen Prüfer gesprochen und der sagte, dass es kleinere Mängel gebe.“ Von etwas Gravierendem sei keine Rede gewesen. „Und jetzt wird uns Grünspan als Schimmel verkauft und Löcher im Klettergerüst, die von Anfang an da waren, als Holzwurm“, so die Patin, die den Platz 2007 mit Anwohnern und Kindern mitgeplant hat.

Lore wurde kurzerhand abtransportiert

Der Gipfel sei jedoch, dass auch die Lore – in der die Kinder sich gerne verstecken – am Dienstagmorgen abtransportiert wurde. „Man hat mir versichert, dass sie stehen bleibt“, sagt Nuray Sülü und schüttelt den Kopf. Sie kritisiert, dass es keinerlei Kommunikation im Vorfeld gegeben habe. „Auch das Jugendamt wusste nichts davon und die sind schließlich Hausherr der Spielplätze.“

Kinder und Erwachsene protestieren gegen den Abbau des Spielgeräte an der Saarlandstraße.
Kinder und Erwachsene protestieren gegen den Abbau des Spielgeräte an der Saarlandstraße. © Rainer Raffalski

Vom Spielplatz übrig sind nur noch die Tischtennisplatte, ein Sandbagger und Rasen. „Es ist wirklich traurig, vor allem die Begründungen“, sagt Anwohnerin Doris Schröer-Dahlberg, die oft mit ihren Enkeln zum Spielen hier ist. „Da war nichts morsch.“

Dass fehlender Müll als Zeichen für geringe Nutzung gedeutet wurde, sorgt für Empörung: „Wenig Müll ist ein Zeichen für gut erzogene Kinder.“ Oft nähmen die Erwachsenen Müll mit nach Hause, damit die Eimer nicht überquellen. Fest steht für alle: „So kann es nicht bleiben. Der Spielplatz muss wieder her.“

Stadt räumt Fehler und Kommunikationsprobleme ein

Das sagt die Stadt zu dem Vorfall: „Der Zustand der Spielgeräte hatte sich derart verschlechtert, dass für den Erhalt bzw. Reparatur erhebliche finanzielle Mittel hätten aufgewendet werden müssen. Diese standen aber nicht zur Verfügung.“ Zur abweichenden Information von Spielplatzpatin Karola Sobotka heißt es: „Die Sicherheitsprüfung belegt, dass die Spielgeräte marode waren. Die Aussage bezieht sich auf die letzte Jahreshauptuntersuchung, die im Sommer 2018 durchgeführt wurde.“

Der schlechte Zustand sei vom Prüfer festgestellt worden. Er habe empfohlen, die Geräte zu beobachten bzw. instand zu setzen. Neben fehlenden finanziellen Mitteln und personellen Kapazitäten habe sich bei Mitarbeitern seit Monaten der Eindruck vertieft, dass der Spielplatz nicht mehr von Kindern genutzt wurde. Grund für diesen Eindruck sei u.a. fehlender Müll. Der Beschluss zum Abräumen der Spielgeräte sei Anfang 2019 gefasst worden. Die Anlage sei vor zwei Monaten gesperrt worden.

Im Normalfall gibt es eine schriftliche Information

Zur mangelnden Kommunikation sagt die Stadt: „In der Regel erfolgt bei solchen Maßnahmen vorab zeitnah eine schriftliche Mitteilung der Verwaltung an die zuständige Bezirksvertretung. Dieses wurde bedauerlicherweise aus urlaubstechnischen Gründen versäumt.“ Die Projektgruppe bzw. das Kinder- und Jugendparlament würden nach dem erfolgten Abbau der Geräte schriftlich informiert.

Die weitere Vorgehensweise für das Gelände und auch die Frage, ob und welche Spielgeräte wieder aufgestellt werden, werde in den nächsten Wochen stadtintern (Stadtgrün, Projektgruppe) abgestimmt. Der Abbau der Lore sei einem Kommunikationsfehler geschuldet. Sie soll in Kürze wieder aufgestellt werden.