Herne. . Am Sonntag feierten etwa 150 Katholikinnen in der Herner Fußgängerzonen einen Gottesdienst. Sie protestierten gegen Missbrauch und Ausgrenzung.

Vor der Kirche statt in der Kirche haben sich am Sonntagmorgen um die 150 katholische Frauen und einige Männer in der Herner Innenstadt versammelt. Im Schatten von St. Bonifatius feierten sie zur Messezeit am Kugelbrunnen ihren eigenen Gottesdienst, der sich an die in Münster angestoßene Aktion „Maria 2.0“ anschloss. Der „Kirchenstreik“ wendet sich gegen Ausgrenzung von Frauen und Missbrauch in der Kirche.

Frauen feierten Gottesdienst mit viel Musik

Akkordeonistin Nina Schröder mit (links) Erika Leister und Hannelore Rötteken, die aus dem Evangelium las.
Akkordeonistin Nina Schröder mit (links) Erika Leister und Hannelore Rötteken, die aus dem Evangelium las. © Kerstin Buchwieser

Es waren Frauen jeden Alters, die sich schon vor 11 Uhr auf der Bahnhofstraße trafen, wo die Musikerin Nina Schröder am Akkordeon bereits die ersten christlichen Lieder anspielte. Es sollte viel gesungen werden an diesem Morgen, und das aus vollem Herzen, denn ihr Anliegen einte die Menge. „Wir wollen zeigen, dass wir als Laien nicht damit einverstanden sind, wie unsere Kirche zurzeit in der Welt da stehet.“ So drückte es Regina Sindermann aus, die Bezirksvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschland (kfd) Herne.

kfd-Vorsitzende erklärt ihren Protest

In emotionalen Worten erklärte die Initiatorin der Herner Protestaktion ihre Beweggründe. „Die Amtskirche steckt in einer tiefen Krise“, sagte sie. Frauen würden nicht zu Diakoninnen und Priestern geweiht. Missbrauchsfälle und hierarische Strukturen erschütterten die Kirche, die zudem am Zölibat festhalte. Ihren Standpunkt zum Eheverbot und zum Verbot der homosexuellen Liebe machte Regina Sindermann sehr offen klar: „Spiritualität und Sexualität gehören zusammen.“ Genauso deutlich äußerte sie ihre Kritik am Umgang mit den Opfern sexuellen Missbrauchs.

Besucherinnen der Aktion „Maria 2.0“.
Besucherinnen der Aktion „Maria 2.0“. © Kerstin Buchwieser

Immer wieder unterbrachen ihre Zuhörerinnen die Ansprache durch Applaus, etwa als die Rednerin davon sprach, dass für Frauen die „dienenden“ Positionen reserviert seien: „Für Kaffee und Kuchen bei der Gemeindefeier sind sie gut.“ Aber: „Wir Frauen wollen uns einmischen, mitmischen und die Kirche aufmischen.“ Mit Tränen in den Augen versicherte sie aber: „Ich will in der Kirche bleiben und für diese Kirche kämpfen.“

Konfession gewechselt, um predigen zu können

Dieses Anliegen teilten auch die anwesenden Männer. „Ich bin hier, weil ich voll und ganz hinter der Aktion stehe“, sagte etwa Heinrich Stolze, Vorsitzender der Vinzenzkonferenz St. Bonifatius am Rande der Protestaktion. Missbrauchsfälle und das Fernhalten der Frauen von Weiheämtern brächten auch ihn auf.

Konsequenzen hat unterdessen eine junge Frau gezogen, die nach der Veranstaltung zu Wort kam. Nach vier Semestern hat Jennifer Mettner (27) das Studium der katholischen Theologie abgebrochen und ist zur evangelischen Kirche übergetreten. Es dauere ihr zu lange, bis Frauen zum Priesteramt zugelassen würden, sagte sie. „Bei den Protestanten fühle ich mich ernst genommen und kann auch endlich predigen.“