Das evangelische Kinderheim ist erfolgreich mit seiner Familien-Therapie, wenn das Kindeswohl gefährdet ist. Das ist nun wissenschaftlich belegt.

Diese Fragestellung ist ungewöhnlich: Man hat mit einer Sache Erfolg, aber man ist sich nicht ganz sicher, worauf genau dieser Erfolg basiert. Vor diesem Problem stand auch das evangelische Kinderheim. Schon seit Ende der 90er-Jahre betreut das Kinderheim Familien mit Erziehungsschwierigkeiten mit der systemischen Interaktionstherapie und Beratung (SIT).

Offenbar funktioniert sie, „doch dafür brauchten wir einen wissenschaftlichen Nachweis“, so Volker Rhein, Geschäftsführer des Kinderheims. Deshalb hat er eine Überprüfung in Auftrag gegeben.

Volker Rhein, Geschäftsführer des Kinderheims.
Volker Rhein, Geschäftsführer des Kinderheims. © Unbekannt | Unbekannt

Zum Hintergrund: Gibt es Hinweise auf Kindeswohlgefährdung, können Kinder aus den Familien geholt und in Heimgruppen untergebracht werden. Doch Michael Biene, Mitarbeiter des Kinderheims, war mit den Ergebnissen dieser Gruppenarbeit unzufrieden, wie er im Gespräch mit der WAZ-Redaktion schildert. Bei der Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten habe er sich dann erfolgreiche Betreuungsverläufe angeschaut und im Laufe mehrerer Jahre die Therapie entwickelt.




Ihr wesentlicher Kern: Die Familien bleiben zusammen, bekommen aber eine Betreuungsfachkraft für ein intensives Coaching an die Seite gestellt. So können die Eltern zum Beispiel in Rollenspielen ihre eigenen Defizite und Belastungen erkennen. Gleichzeitig sollen sich die Eltern Ziele setzen. Auf diese Weise werden sie nach und nach so aktiviert, dass sie wieder ihre Elternfunktion wahrnehmen können.

Zusammenarbeit mit Jugendämtern

Professor Uwe Uhlendorff vom Institut für Sozialpädagogik, Erwachsenenbildung, und Pädagogik der frühen Kindheit an der TU Dortmund hat bei seiner Evaluierung der Therapie mehrere Erfolgsfaktoren gefunden. So sei SIT im Vergleich zu anderen Hilfen sehr gut, in zwei Drittel aller Fälle habe die Herausnahme des Kindes aus der Familie verhindert werden können. Das sei vor dem Hintergrund von biografischen Problemen der Eltern (z.B. Sucht) ausgezeichnet. Außerdem sei mit dieser Methode in relativ kurzer Zeit viel erreichbar. Verbesserungsbedarf sieht Uhlendorff noch bei der Kooperation mit Jugendämtern. Sie müssten sich noch stärker auf den Ansatz einlassen. Ein Positivbeispiel sei Iserlohn. Während in vielen anderen Jugendämtern Überlastung herrsche, sei dort die Arbeitsdichte angemessen, auch die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter sei gestiegen.