Herne. . Das Herner Marien Hospital trainiert Patienten, um ihr Sturzrisiko zu verringern. Dabei hilft ein Laufband, das einmalig in Deutschland ist.
Volkskrankheiten? Da denkt man zuerst an Herz-Kreislauf-Leiden wie Bluthochdruck, Diabetes oder auch Rückenschmerzen. Doch es gibt eine Volkskrankheit, die bislang nicht so sehr im Fokus stand: Stürze. Dabei sprechen die Zahlen eine eindeutige Sprache. Pro Jahr ereignen sich laut Prof. Dr. Rainer Wirth, Direktor der Klinik für Altersmedizin am Marien Hospital, etwa fünf Millionen Stürze in Deutschland, zum größten Teil sind ältere Menschen betroffen. Zehn Prozent führen zu Verletzungen, die Statistik zählt etwa 120 000 Oberschenkelhalsbrüche. Doch man kann vorbeugen. Dazu hat das Marien Hospital, das auch Uniklinikum der Ruhr-Universität Bochum ist, nun ein innovatives Laufband in Betrieb genommen, das in dieser Form einmalig in Deutschland ist. WAZ-Redakteur Tobias Bolsmann durfte es ausprobieren.
Laufbänder sind an sich nicht außergewöhnlich, sie sind unverzichtbarer Bestandteil jedes Fitness-Studios. Auch ich war schon mal „auf der Rolle“. Doch dieses Band kann nicht nur geradeaus. Es kann auch nach rechts und links ausbrechen oder unvermittelt stehen bleiben. Die Heftigkeit der Stöße kann über ein Programm gesteuert werden. Die Seitwärtsruckler sind vergleichbar mit einem kleinen Rempler, dem man schon mal bei dichtem Treiben in der Fußgängerzone bekommen kann. Oder an eine Baumwurzel, auf der man ausrutscht. Stoppt das Band plötzlich, ist dies eine recht realitätsnahe Simulation einer hochstehenden Gehwegplatte. Elke Bergau, Leiterin des Zentrums für Prävention, Therapie und sportmedizinische Diagnostik, erhöht nach und nach die Intensität der „Wackler“. Dennoch kann ich - als 54-jähriger gesunder und sportlich aktiver Mensch - alle „Störungen“ recht problemlos austarieren (anderenfalls hätten mich die Gurte aufgefangen).
Mobilität verbessert sich
Doch mit dem Alter schwinden die motorischen Fähigkeiten. Eine häufige Folge des Alterns und der damit verbundenen Erkrankungen sei auch eine Veränderung des Gangs, so Prof. Rainer Wirth. Ursachen können nachlassende Kraft oder das abnehmende Sehvermögen sein. Das führe zu einem erhöhten Sturzrisiko. Zwar erscheine bei älteren Menschen der Gang in normalen Situationen unauffällig, doch auf ein Stolpern könnten sie oft nicht mehr reagieren und würden hinfallen. Die Folgen können gravierend sein. Von älteren Menschen, die einen Oberschenkehalsbruch erlitten haben, seien nach einem Jahr ein Drittel an Folgeerkrankungen gestorben, ein zweites Drittel sei im Pflegeheim, so Professor Wirth.
Mit dem Laufband kann man diesen Folgen vorbeugen. Bei Patienten, die unsicher seien, fange das Training mit angekündigten Störungen beim Gehen an. Durch die Sicherung mit den Gurten könnten die Patienten bis an ihre persönliche Leistungsgrenze gehen. Mit dem Training auf dem Laufband könne das Sturzrisiko um mindestens 30 Prozent reduziert werden, so Wirth, die Mobilität und der Aktionsradius der Patienten vergrößere sich. Angesichts der immer älter werdenden Gesellschaft ein wichtiger Faktor.
Klinik wird wissenschaftliche Studien durchführen
Zurzeit lernt Elke Bergau alle Funktionen des Laufbands, das in Isreal entwickelt wurde, kennen. Später wird Prof. Wirth wissenschaftliche Studien zur Wirksamkeit des Trainings durchführen.
Das Gerät wird aber nicht nur in der Altersmedizin eingesetzt. Weltweit kommt es bei der Rehabilitation von Patienten mit neurologischen oder orthopädischen Erkrankungen und in der Sportmedizin zum Einsatz. In Deutschland befindet es sich jedoch nur im Marien Hospital im klinischen Einsatz, teilt die Elisabeth-Gruppe mit.
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Im Marien Hospital Herne, Hölkeskampring 40, findet am kommenden Mittwoch, 3. April, ab 17.30 Uhr eine Patientenveranstaltung zum Thema „Stürze im Alter: Eine neue Volkskrankheit“ statt.
Prof. Rainer Wirth und Dr. Alexander Fechner, Leitender Arzt des Zentrums für Unfallchirurgie, führen zum Auftakt ins Thema ein, anschließend wird Elke Bergau über das Thema „Gesunde Muskeln und Knochen bis ins hohe Alter - was kann ich selbst tun?“ sprechen.
Dr. Alexander Fechner stellt die moderne Frakturversorgung im Alter vor, Dr. Gregor Janssen präsentiert Innovationen des Zentrums für Alterstraumatologie. Anschließend gibt es eine Diskussion.
Ort: Hörsaal 1-3, Info und Anmeldung: HER 499-2401 oder altersmedizin@marienhospital-herne.de