Herne. . Wird in Herne bald ein neuartiges E-Lieferfahrzeug produziert? Die Stadt rechnet sich gute Chancen aus. Was hinter dem Projekt „HeLM’19“ steckt.

Herne war mal Autostadt: 1953 und ‘54 ist an der Baumstraße 12 in Herne-Mitte der dreirädrige Kleinwagen Pinguin gebaut worden – wenn auch nur in einer überschaubaren Stückzahl von knapp drei Dutzend. Herne könnte wieder Autostadt werden, wenn auch unter anderen Vorzeichen: Die Stadt arbeitet daran, die Produktion eines völlig neuen E-Transportfahrzeugs in Herne anzusiedeln. „Das wäre für uns eine große Nummer“, sagt Oberbürgermeister Frank Dudda.

In Sachen E-Fahrzeuge ist Herne bereits gut unterwegs. Im Bild: OB Frank Dudda (Mi.) und DHL-Niederlassungsleiter Frank Blümer (re.) bei der Vorstellung der neuen StreetScooter.
In Sachen E-Fahrzeuge ist Herne bereits gut unterwegs. Im Bild: OB Frank Dudda (Mi.) und DHL-Niederlassungsleiter Frank Blümer (re.) bei der Vorstellung der neuen StreetScooter. © Gero Helm

Diese Chance eröffnet sich Herne durch das vom Land und der Brost-Stiftung aufgelegte Mobilitätsprojekt fürs Ruhrgebiet. Herne, Bottrop und Oberhausen hätten laut Dudda den Zuschlag bekommen - und stünden zunächst mal vor der Entscheidung: Docken sie an eins von elf bestehenden Forschungsprojekten zum Thema Citylogistik an oder erarbeiten sie ein eigenes Projekt? „Wir haben uns natürlich dafür entschieden, neue Wege zu gehen“, sagt der OB.

Umweltfreundliche Lieferungen auf der „letzten Meile“

Mit der Hochschule Bochum wurde das Projekt „HeLM’19“ - Herne Letzte Meile 2019 - entwickelt, bei dem es um eine umweltfreundliche Warenauslieferung bzw. -abholung geht. Produziert werden soll für diese Zwecke ein E-Fahrzeug, das nach einem speziellen Logistiksystem emissionsfreie und umweltfreundliche Lieferungen auf der „letzten Meile“ gewährleisten soll.

Ein solches Elektro-Fahrzeug hätte noch weitere Vorzüge, so Dudda. Zum Beispiel: Das Aufladen könnte über die Steckdose erfolgen. Und: Das kleinste Modell könnte auch ohne Autoführerschein gesteuert werden.

Für die Produktion des E-Fahrzeugs habe man nicht nur eine geeignete Halle in Herne im Auge, sondern auch einen potenziellen Produzenten an der Hand, sagt Dudda. Und zwar: Mosolf, einen der führenden Systemdienstleister der Automobilindustrie. Auf Anfrage der WAZ will der in Kirchheim/Teck ansässige Konzern nichts zu „HeLM’19“ sagen. Dazu sei es noch zu früh, so ein Sprecher.

Entscheidung fällt im Herbst im Verkehrsministerium

Und in der Tat: Zwei Hürden muss Herne noch nehmen, bevor der Traum einer E-Fahrzeugproduktion Wirklichkeit werden könnte. Nach Ostern werde HeLM’19 in einem Workshop vom Land „auf Herz und Nieren“ getestet, so Dudda. Zeigt der Daumen nach oben, fällt dann im Herbst im NRW-Verkehrsministerium die endgültige Entscheidung: „Ohne eine Förderung geht es nicht“, so Dudda.

Vielleicht wird ja künftig in Herne nicht nur ein neuartiges E-Fahrzeug gebaut, sondern auch noch mal ein altmodisches Vehikel: Der Herner Rechtsanwalt und Oldtimer-Fan Wolfgang Bruch hat kürzlich vorgeschlagen, dass der Pinguin als Einzelexemplar nachgebaut wird, um dann beispielsweise für städtische Imagekampagnen genutzt zu werden.

Herne nimmt an ÖPNV-Studie teil

Herne hat in Sachen Mobilität noch mehrere Eisen im Feuer: Die Stadt nimmt gemeinsam mit Bottrop, Essen, Gelsenkirchen und Oberhausen an der „Emscherstudie“ teil.

Ziel der städteübergreifenden ÖPNV-Untersuchung sei es, Wege aufzuzeigen, wie der sogenannte „Modal Split“ verändert werden könne, erklärt Oberbürgermeister Frank Dudda. Übersetzt: Wie schafft man es, dass mehr Menschen vom Auto auf Bus und Bahn umsteigen?

Ein Schwerpunkt sei die Frage, welche Rolle hier eine Taktverdichtung von Bus und Bahn und eine bessere Taktabstimmung zwischen den Städten spielen könnten, so der Oberbürgermeister. Begleitet werde das Projekt von zwei ausgewiesenen Fachleuten: dem Verkehrsökologen Professor Udo Becker (TU Dresden) und Jan Werner vom ÖPNV-Beratungsunternehmen KCW (Hamburg/Berlin).