Herne. . Vor zehn Jahren schloss das Hertie-Kaufhaus in Herne-Mitte. Ein Rückblick auf ein stolzes Warenhaus, das schließlich als Resterampe endete.
Am Ende stand alles zum Verkauf. Vor zehn Jahren, kurz bevor das Hertie-Haus in Herne-Mitte schloss, wurde alles verhökert, was nicht niet- und nagelfest war. Die Schaufensterpuppen wurden verkauft, für 50 Euro das Stück, der Tisch, auf dem sie standen, für 100 Euro, auch der Deko-Apfel für 30 Cent. Hertie war am Tag seiner Schließung Ende Februar 2009 ein einziger großer Wühltisch. Vom Konsum-Tempel zur Resterampe. Dann wurde abgeschlossen.
Durch das Aus für das Kaufhaus, sagt Elisabeth-Röttsches, heute wie vor zehn Jahren Chefin des Herner Einzelhandelsverbandes, „ist eine große Lücke entstanden“. Eine Lücke, die „sehr, sehr lang“ Bestand habe und die dem Umfeld auf der Bahnhofstraße „nicht gut getan“ habe.
Dabei fing alles so gut an. Ein Edelstein im Herner Mosaik – so ist der Dreiecksbau mit seiner Lamellen-Fassade in den ersten Jahrzehnten beschrieben worden. Entworfen vom Architekten Emil Fahrenkamp, entstand das Kaufhaus der Karstadt AG von 1959 bis 1961 mitten im Herner Zentrum. Das Fassadenmaterial wurde eigens so gewählt, dass es leicht zu reinigen sei – „zum Schutz gegen den unvermeidlichen Industriestaub und -ruß“, so hieß es 1960 in der Karstadt-Hauszeitung. 14 000 Quadratmeter Nutzfläche, knapp 8000 Quadratmeter Verkaufsfläche – es war ein Gigant, der für 11,5 Millionen Euro auf den heutigen Robert-Brauner Platz gesetzt wurde.
Niedergang begann schleppend
Und das Kaufhaus brummte. Zunächst hieß es „Althoff“, ab 1963 dann „Karstadt“. Herne war eine moderne, prosperierende Stadt, die Menschen schauten optimistisch nach vorn. Und sie hatten Geld, das sie gerne in „ihrem“ Großstadt-Kaufhaus ausgaben.
Der Niedergang begann schleppend. In den späten 1980ern, spätestens in den 1990ern änderte sich das Kaufverhalten der Menschen. Karstadt galt bald nicht mehr als modern, sondern mehr und mehr als bieder, hausbacken. Die Kunden strömten nicht mehr wie früher, sie kauften in anderen Geschäften. Und später auch im Internet. Nach der Jahrtausendwende schließlich kämpfte das Kaufhaus, inzwischen unter Denkmalschutz, ums Überleben, und die knapp 120 Mitarbeiter zitterten um ihre Jobs. Viele über Jahre.
2007 wurde aus Karstadt ein Hertie-Kaufhaus
„Stirbt Karstadt – stirbt die Innenstadt“: Ein Schild mit dieser Aufschrift baumelte im Herbst 2004 an einem Skelett, das Mitarbeiter bei einer Mahnwache neben dem Karstadt-Haus aufstellten. Gerade hatten sie erfahren, dass das Haus aus dem Karstadt-Konzern ausgegliedert und verkauft werden soll.
So kam es 2007, als der Karstadt-Schriftzug verschwand und der Name „Hertie“ angeschraubt wurde. Noch einmal schöpften die Mitarbeiter Hoffnung. Vergeblich: Auch Hertie geriet bald in Schieflage, ein Insolvenzverwalter versuchte zu retten, was nicht mehr zu retten war. Und dann, ganz kurzfristig, wurde auch das Herner Kaufhaus von einem auf den anderen Tag dicht gemacht. Die 50 Mitarbeiter, die zuletzt noch an Bord waren, räumten auf und schlossen ab. „Ab 18 Uhr geht jeder seinen Weg“, sagte der damalige Hertie-Chef zum Abschied.
Kurzer Hoffnungsschimmer durch Outletcenter
So wurde das Kaufhaus zum Geisterhaus. Investoren gab es keine, die einstige Perle wurde grauer und grauer, verfiel im Innern. Einmal noch kam ein Hoffnungsschimmer auf, 2011, als ein Unternehmer ein „K + K Outletcenter“ eröffnete und ankündigte: „Wir machen aus der Ruine wieder ein Kaufhaus.“ Auch er gab bald auf. Die Stadt war entsetzt: Denkmalgeschützte Gebäude ohne Funktion – das können wir uns nicht erlauben“, sagte der damalige Oberbürgermeister Horst Schiereck.
Schließlich nahm die Stadt das Heft in die Hand, kaufte das Gebäude selbst und fand einen Investor, der es übernahm und es nun zu einem modernen Geschäftshaus umbaut. Elisabeth Röttsches, die Chefin des Einzelhandelsverbandes, freut sich. Sie verspüre eine „gewisse Ungeduld“, dass das Gebäude endlich fertig ist, dass Büros und Geschäfte öffnen, kurz: dass wieder Leben ins ehemalige Kaufhaus kommt. „Es wäre schön, wenn das alte Gebäude in neuem Glanz erstrahlt.“
„Neue Höfe Herne sollen 2020 öffnen
Die „Neuen Höfe Herne“ sollen im kommenden Jahr eröffnen. Dieses Ziel gab der neue Besitzer Landmarken zuletzt vor, als die Entkernungsarbeiten begannen. Entstehen soll am Robert-Brauner-Platz ein modernes Geschäftshaus für Büros und Einzelhandel.
Die Hälfte des Gebäudes sei vermietet, sagte ein Unternehmenssprecher im Januar zur WAZ. Aktuell liefen Gespräche für das Erd- und Untergeschoss, die für Einzelhandel und Gastronomie vorgesehen seien.
Zwei Mieter stehen fest: Fläkt-Group und Regus
Fest stehen bereits zwei Mieter für die Büroflächen in den oberen Etagen: der derzeit an der Südstraße ansässige Klimaanlagenhersteller Fläkt-Group sowie Regus, ein Anbieter flexibler Bürolösungen. Von den ursprünglichen Plänen für Wohnungen oder ein Hotel in den Neuen Höfen hat sich Landmarken (Aachen) zwischenzeitlich verabschiedet. Dafür hat das Unternehmen zuletzt das benachbarte Parkhaus gekauft. Mit diesem Schritt erhoffen sich die Aachener Schwung bei der weiteren Vermietung des ehemaligen Kaufhauses.
Aktuell finden Entkernungsarbeiten statt; sie sollen noch im Frühjahr beendet sein, hieß es zuletzt. Dann sollen die eigentlichen Baumaßnahmen beginnen. Starten sollen dann auch – in Abstimmung mit dem Denkmalschutz – die Arbeiten an der Fassade.
Lamellen werden noch ausgetauscht
Dabei werden auch die Lamellen ausgetauscht. Sie seien nicht mehr die originalen, charakteristischen aus den 60er-Jahren. Die aktuellen Lamellen sollen entfernt und durch schmalere und kürzere ersetzt werden, die dem früheren Original entsprächen. Auch die Kacheln würden entfernt – und durch noch existierende Kacheln gleicher Art ersetzt.