Herne. . Die fehlende Meisterpflicht im Handwerk löst Konkurrenz durch Handel aus und erschwert die Ausbildung von Nachwuchs. Verbände fordern Anpassung.

Der Fachkräftemangel im Handwerk ist ein Phänomen, das durch äußerst vielschichtige Hintergründe beeinflusst wird. Eine Zahl von Handwerksberufen hat die Bedeutung, die sie einst hatten, durch die industrielle Massenproduktion verloren, sagt Martin Klinger von der Kreishandwerkerschaft Herne.

Ob es sich um Schuhe, Kleider, Uhren, Töpfe oder Gläser handelt: Viele handwerkliche Dienstleistungen werden heute industriell gefertigt. Dieser Wandel hat insbesondere Nischenberufe wie die des Fleischers, Schuhmachers oder Töpfers schon vor langer Zeit getroffen und vor zum Teil existenzbedrohende Herausforderungen gestellt.

Ein Kreislauf, der sich aus Konkurrenz durch den Handel ergibt, erschwert es dem Handwerk zusätzlich: So ist es einem Selbstständigen beispielsweise möglich, einen Friseurbetrieb zu gründen, ohne dass er selbst einen Meisterbrief besitzt. „Eine Sondergenehmigung macht das möglich“, erläutert Klinger. Ausbilden darf der Betrieb ohne Meisterpflicht allerdings nicht.

Ein Selbstständiger darf einen Friseurbetrieb gründen, ohne das er einen Meisterbrief besitzt.
Ein Selbstständiger darf einen Friseurbetrieb gründen, ohne das er einen Meisterbrief besitzt. © Christof Köpsel

Unter zehn Firmen ein Meisterbetrieb

Eine ähnliche Problematik ergibt sich durch Portale, die Hausmeister-Services anbieten, wie „MyHammer“. Unter zehn Firmen befände sich in solchen Portalen vielleicht ein Meisterbetrieb, so Klinger. Diese leisten Dienstleistungen, die sich im Grenzbereich dessen befinden, was nur ein Handwerker-Meister können darf: Dachrinnen reinigen, Fliesen verlegen oder den tropfenden Wasserhahn reparieren.

„Solche Schattenbetriebe gefährden das Handwerk“, sagt Klinger. Denn die Handwerksbetriebe nehmen durch die Konkurrenz weniger ein und können folglich selbst weniger ausbilden – auch darin liege eine Ursache des Fachkräftemangels. „Andererseits handelt es sich bei vielen Selbstständigen um Gründer, die vielleicht anderswo ihren Arbeitsplatz verloren haben.“ Für sie sei es eine einfache Möglichkeit, sich zu finanzieren.

Rückkehr zur Meisterpflicht?

Verbände fordern daher seit vielen Jahren eine Rückkehr zum Meisterzwang in Handwerksberufen. 2004 ist mit der Handwerksreform die Zahl der Berufe mit Meisterpflicht reduziert worden. Von 94 Handwerksberufen erfordern nur 41 einen Meisterbrief, 53 Berufe sind ohne Meisterbrief zulässig.