Herne. . Brüssel bewilligte anderen NRW-Städten deutlich mehr Gelder für die Strukturförderung. Politikerin fordert eigene Europaabteilung bei der Stadt.

Hat Herne verschlafen, mehr Gelder zur Strukturförderung bei der EU abzurufen? Fakt ist: Der Stadt wurden zwischen 2014 und 2020 rund 3,37 Millionen Euro aus Brüssel bewilligt. Das mag zunächst viel klingen, andere NRW-Städte konnten aber deutlich tiefer in die Fördertöpfe greifen. Zum Vergleich: Gelsenkirchen wurden 15,7 Millionen Euro bewilligt, Bochum 30,4 Millionen Euro, also fast das Zehnfache, und selbst einer deutlich kleineren Stadt Bottrop 5,23 Millionen Euro. Das geht aus Veröffentlichungen der Landesregierung auf Kleine Anfragen hervor.

„Herne ist von der Einwohnerzahl her eher klein“, sagt die Europaabgeordnete der CDU, Renate Sommer, beim Blick auf die Zahlen. Dennoch: „Herne muss sich da mehr engagieren. Europa findet in Herne nicht genug statt von Seiten der Stadtverwaltung und des Rathauses“, sagt die Politikerin. „Andere Städte sind da offensichtlich aktiver.“

Stadt prüfe EU-Förderung im Einzelfall

Die Stadtspitze findet es grundsätzlich begrüßenswert, Projekte aus EU-Mitteln mit finanzieren zu können. „Es ist jedoch auch sinnvoll jeweils im Einzelfall zu schauen, ob die jeweilige Förderung passgenau ist“, sagt Stadtsprecher Christoph Hüsken. Häufig griffen durch Projekte an Universitäten Hochschulstädte mehr Mittel ab als Kommunen ohne Hochschule. Umso wichtiger sei das Ziel, Herne in diesem Bereich zu etablieren.

Die Stadt prüfe im Einzelfall, ob sich für Vorhaben Förderungen der EU oder auch von Bund oder Land anböten, so Hüsken weiter. Darüber hinaus spiele eine Rolle, wie hoch der kommunale Eigenanteil ist, den die Stadt für geförderte Projekte beizusteuern habe. „Vor dem Hintergrund der schwierigen Haushaltslage kommt diesem Faktor eine nicht unerhebliche Bedeutung zu“, so der Stadtsprecher.

Vogt sieht Landesregierung in der Pflicht

Der Herner SPD-Landtagsabgeordnete Alexander Vogt, der die Kleine Anfrage zur EU-Förderung im Landtag gestellt hat, sieht „die Landesregierung in der Pflicht, die finanziellen Bedingungen insbesondere von finanzschwachen Städten zu verbessern, so dass die nötige Co-Finanzierung erbracht werden kann.“

Renate Sommer sieht Handlungsbedarf bei der Verwaltung: „Wir müssen eine Europaabteilung in der Stadt haben, die sich nur damit beschäftigt, welche Fördergelder von der EU abgerufen werden können.“ Derzeit erfolgt die Beantragung dezentral über die Fachbereiche, die durch einen Arbeitskreis unterstützt werden. Das sei zu wenig, sagt die EU-Politikerin und ist überzeugt: „Für Herne ist viel mehr drin. Ich finde es traurig, weil wir eine arme Stadt sind und es bitter nötig hätten.“

Komplexe Antragsverfahren

Auch die Stadt räumt Verbesserungspotenzial ein: „Die Verzahnung innerhalb der Verwaltung in Hinblick auf die EU-Fördertöpfe wird weiter intensiviert“, kündigt Hüsken für die Zukunft an. Dabei sollen die „bisher gesammelten Erfahrungen in Hinblick auf die bisweilen sehr komplexen Antragsverfahren bei neuen Antragsstellungen hilfreich“ sein. Abläufe könnten so künftig mit mehr Routine behandelt werden.