herne. . Suez und kein Ende: Im Umfeld der Verbrennungsanlage wird die Kritik immer lauter. Und: Im Rat gab es einen neuen Beschluss.
Der Rat hat sich am Dienstagabend wie schon der Umweltausschuss für die Erstellung eines „neutralen Geruchsgutachtens“ im Umfeld der Suez-Anlage an der Südstraße ausgesprochen. Die Stadt soll nun diese Forderung der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg übermitteln. Der vor allem im Sommer aufgetretene extreme Gestank stößt aber auch bei benachbarten Firmen zunehmend auf Protest.
Sorgen über die Entwicklung
So übermittelte die Bürgerinitiative Dicke Luft (BI) an alle Ratsparteien einen Brief des Kleinunternehmens Hess Diamantwerkzeuge, das unweit von Suez an der Südstraße seinen Sitz hat (siehe Grafik). Als Unternehmer und Herner Bürger sehe er „seit Längerem mit Sorge“ auf die Entwicklung in Sachen Suez, schreibt Firmenchef Christian Hess und untermauert dies im Gespräch mit der WAZ.
Der von Suez ausgehende Geruch sei zeitweise so beißend gewesen, dass Mitarbeiter die Fenster hätten schließen müssen. Er habe vor Jahren nicht nur ein Firmengebäude an der Südstraße gebaut, sondern auch eine dazugehörige Betriebswohnung. Angesichts der „nicht absehbaren Gesundheitsrisiken“ habe der Mieter mehrfach offen bekundet, sich bei weiter anhaltendem Gestank eine andere Wohnung suchen zu wollen.
Auch jenseits der von ihm befürchteten negativen Folgen für seinen Betrieb kritisiert Hess die Situation: Bavaria Alm, Café del Sol, L’Osteria und Hiberniaschule seien Aushängeschilder für den Stadtteil. Eine Müllverbrennung mit immensem Gefahrenpotenzial und genehmigter Erweiterung in unmittelbarer Nähe - „das passt einfach nicht“, so Hess.
Tagebuch über Qualität und Intensität des Gestanks
Die Bürgerinitiative hatte in den vergangenen Monaten bereits mehrfach über Proteste von Mitarbeitern und Betriebsräten im Suez-Umfeld (unter anderem Jobcenter und Beschäftigungsgesellschaft) berichtet. Klaudia Scholz, Stadtverordnete für die Linkspartei und Sprecherin der Bürgerinitiative Dicke Luft, informierte am Dienstag den Rat über eine Stellungnahme bzw. Unterschriftensammlung aus drei weiteren Firmen in der Suez-Nachbarschaft (Stahl, VPV, Architherm).
Die 38 Unterzeichner unterstützen die Forderung nach einem Geruchsgutachten und berichten von einem „im Laufe des Jahres sich kontinuierlich steigernden Problem“. Wegen der „wiederkehrenden und extremen Geruchsbelästigung“ wollten sie ab sofort ein Tagebuch über Art, Qualität und Intensität des Gestanks führen.
Trotz des einstimmigen Beschlusses für ein Geruchsgutachtens entbrannte im Rat ein Streit. Insbesondere der OB und die SPD erklärten, dass der jüngste Beschluss des Umweltausschusses über das Geruchsgutachten ausreiche. Die Grünen hielten dagegen und betonten, dass ein zusätzliches Ratsvotum der Forderung mehr Nachdruck verleihe.
Grüne contra SPD
Im Laufe der Debatte warf Pascal Krüger (Grüne) die Frage auf, ob die SPD die Suez-Problematik überhaupt verstanden habe. Das wies SPD-Fraktions-Chef Udo Sobieski zurück: Seit zehn Jahren befasse sich die SPD „in kleinen und großen Veranstaltungen“ mit diesem Thema. Und: Es seien SPD und CDU gewesen, die über einen Antrag auf eine Bebauungsplanänderung künftige Suez-Erweiterungen verhindern wollten.
Auch zu diesem Bekenntnis sah sich Sobieski veranlasst: „Wir schätzen die Arbeit der Bürgerinitiative sehr.“
Rat fordert Verbesserungen für Gesamtschulen
Noch ein einstimmiger Beschluss, noch ein Signal an die Bezirksregierung und das Land: Auf Empfehlung des Schulausschusses hat der Rat am Dienstagabend eine Resolution verabschiedet, in der die Verbesserung der Situation insbesondere an den drei Herner Gesamtschulen gefordert wird.
Zu Beginn des Tagesordnungspunktes verlas Oberbürgermeister Frank Dudda, wer sich bereits hinter diese Resolution gestellt habe. Und zwar: die Elternvertretungen und Schülervertretung der Gesamtschulen Mont-Cenis, Erich-Fried und Wanne-Eickel sowie der GEW-Stadtverband. „Sie haben die Emotionen getroffen“, so Dudda zu den Antragstellern SPD und CDU.
Die Schulausschussvorsitzende Birgit Klemczak (SPD) umriss anschließend noch einmal die zentralen Punkte dieser Initiative. Gefordert wird in der Resolution unter anderem, dass Abschulungen an Gymnasien und Realschulen vermieden werden sollten. Außerdem soll an Realschulen die Möglichkeit zum Erlangen eines Hauptschulabschlusses geschaffen werden.
Die Situation könne nicht länger hingenommen werden, so Klemczak. Ihre Kritik zielte ausdrücklich auf Versäumnisse aller jüngsten Landesregierungen, also auch auf Rot-Grün.