Herne. . Der Herner Rat hat den Haushalt für 2019 beschlossen. Weil die Stadt mit einem leichten Gewinn rechnet, soll es keine Steuererhöhungen geben.

Der Rat hat am Dienstag den Haushalt für das kommende Jahr beschlossen. Die gute Nachricht für die Bürger: Die Stadt plant keine Steuererhöhungen. Das Ziel, auch 2019 ohne neue Schulden abzuschließen, wird nach dem Finanzplan von Kämmerer Hans Werner Klee erreicht. „Wir bleiben knapp über der Wasserlinie“, sagte er zur WAZ.

Hernes Finanzchef: Kämmerer  Hans-Werner Klee.
Hernes Finanzchef: Kämmerer Hans-Werner Klee. © Rainer Raffalski

Dass Herne auch im kommenden Jahr keine neuen Schulden macht, ist gesetzt. Das gilt bereits seit diesem Jahr, dazu hat sich die Stadt gegenüber dem Land mit dem „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ verpflichtet. Um das zu erreichen, spart die Stadt seit Jahren, im Gegenzug überweist Düsseldorf Millionen nach Herne.

Dass es auch 2019 eng wird mit dem so genannten Haushaltsausgleich, das will Kämmerer Klee nicht verhehlen. Innerhalb weniger Monate schrumpfte das eingeplante Plus für kommendes Jahr auf „ein bis zwei Millionen Euro“ zusammen, wie der städtische Finanzchef berichtete.

Udo Sobieski spricht von „unglaublichem Kraftakt“

Traditionell stehen bei der Verabschiedung des Haushaltsplans die Beiträge der Parteien im Mittelpunkt. Knapp zwei Stunden dauerte am Dienstag die so genannte Haushaltsdebatte, und ebenso ist es Tradition, dass dabei nicht nur der Finanzplan des Kämmerers zur Sprache kommt.

SPD-Fraktionschef Udo Sobieski bedankte sich in seiner Rede bei den Hernern für den „unglaublichen Kraftakt“, mit dem es 2018 gelungen sei, erstmals seit vielen Jahren keine neuen Schulden zu machen. Dennoch sei die Verschuldung auch ohne neue Miese mit über einer Milliarde Euro viel zu hoch. Dieser Schuldenberg, so Sobieski, sei „eine tickende Zeitbombe“.

Sprach von einer „tickenden Zeitbombe“: Hernes SPD-Fraktionschef Udo Sobieski.
Sprach von einer „tickenden Zeitbombe“: Hernes SPD-Fraktionschef Udo Sobieski. © Rainer Raffalski

Deutliche Kritik übte der SPD-Fraktionschef an der Landesregierung. Sie brüste sich damit, Herne höhere Schlüsselzuweisungen zukommen zu lassen. Grund für mehr Geld sei aber allein das hohe Steueraufkommen, und ab 2019 werde Herne von Schwarz-Gelb sogar Geld vorenthalten. Ein „unverständliches Vorgehen“ warf Sobieski der Landesregierung bei der Kostenerstattung für Flüchtlinge mit schlechter Bleibeperspektive vor: Diese sehe vor, dass das Land nur eine Pauschale für drei Monate übernehme – anschließend müsse die Kommune zahlen.

Sieht „keine Verteilungsspielräume“: CDU-Fraktionsvorsitzende Bettina Szelag.
Sieht „keine Verteilungsspielräume“: CDU-Fraktionsvorsitzende Bettina Szelag. © Svenja Hanusch

CDU-Fraktionschefin Bettina Szelag sah das naturgemäß anders. Das Land, entgegnete sie, „unterstützt die Kommunen auf vielfältige Weise“. Dennoch: „Verteilungsspielräume sind leider nicht gegeben“, weiß auch sie. Szelag erinnerte an die „schmerzhaften Erhöhungen“ der Grundsteuer um knapp 40 Prozent in den vergangenen Jahren, um die „schwarze Null“ im Haushalt zu schaffen.

Forderung: Grundsteuer wieder senken

Sie hoffe, dass der Kämmerer bald einen Haushaltsplan vorlege, der die Grundsteuer wieder senken werde, sagte sie. Eine weitere Forderung: Die Stadt soll bei ihrer E-Government-Strategie „zeitnah nachweisbare Umsetzungserfolge“ zeigen. Nicht nur, um weiter zu sparen, sondern auch, um den Bürgern lästige Behördengänge zu ersparen – von der Auto- bis hin zur Hundesteuer-Anmeldung.

Während die SPD-CDU-Koalition im Rat dem Haushalt zustimmte, sagten die Grünen, größte Oppositionspartei im Rat, Nein. Die Stadt, begründete Grünen-Fraktionschef Thomas Reinke, hätte den Haushaltsausgleich aus eigener Kraft nicht geschafft, und sie werde auch künftig auf gute Rahmenbedingungen, etwa die wirtschaftliche Lage, angewiesen sein. Herne lebe von der Substanz, das könne auf Dauer nicht gut sein, kritisierte Reinke. Nicht zuletzt sei Herne überschuldet: „Wäre die Stadt ein Unternehmen, würde der Kämmerer als Geschäftsführer schon längst wegen Insolvenzverschleppung vor Gericht stehen.“

„Kleinigkeiten werden vermarktet“: Grünen-Fraktionschef Thomas Reinke.
„Kleinigkeiten werden vermarktet“: Grünen-Fraktionschef Thomas Reinke. © Rainer Raffalski

Der Grünen-Fraktionschef übte in seiner Rede deutliche Kritik an der Stadt und dem OB. Um zu sparen, werde im Rathaus zu viel Personal abgebaut, monierte er mit Verweis auch auf den hohen Krankenstand in der Verwaltung. Zudem wiederholte er die Kritik der Grünen an den Maßnahmen der Stadt für bessere Luft und damit gegen drohende Diesel-Fahrverbote: „Eine große Kraftanstrengung ist das nicht.“

Da würden auch von Oberbürgermeister Frank Dudda „Kleinigkeiten oft vermarktet“, dort, wo es stärkere Entwicklungen geben könnte, würden Prozesse manchmal „sehr, sehr langsam vorangetrieben“. Reinkes Forderung unter anderem: weniger Parkplätze. Dass die Straßenbahnlinie 306 auf Herner Gebiet ausgedünnt und der „neue“ Europaplatz betoniert werden soll, sei in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht einzusehen.

Kleine Parteien fordern Hilfe von Bund und Land

Linke, AfD und Alternative Liste haben ebenso wie die Grünen gegen den Haushaltsentwurf gestimmt, Piraten, FDP und Unabhängige Bürger stimmten wie SPD und CDU dafür. Und so begründeten sie ihr Abstimmungsverhalten.

Veronika Buszewski (Linke) Foto: Svenja Hanusch Linke

Die Linke sehe sich darin bestätigt, dass die Teilnahme am Stärkungspakt ein „vergiftetes Geschenk“ sei, sagte Fraktions-Chefin Veronika Buszewski. Die Stadt erhöhe Gebühren und verkaufe ihr „letztes Tafelsilber“ wie RWE-Aktien und Freiflächen, um Anforderungen zu erfüllen. Fatale Auswirkungen habe der Sparkurs auch auf die Arbeitsfähigkeit der Verwaltung, so Buszewski unter Verweis auf Kürzungen beim Personal. „Wir sparen uns zu Tode - zumindest was das Aufgabenfeld der Verwaltung für ,ihre’ Einwohnerinnen angeht.“ Herne funktioniere immer weniger, weil zu sehr am Personal gespart werden. Es sei kein Zufall, dass der Krankenstand überproportional hoch sei. Die Linke wolle diesen Kurs nicht mittragen.

Bernd Schroeder (Piraten-Alternative Liste) Foto: Svenja Hanusch Piraten-AL

Es gebe keinen Fraktionszwang bei Piraten-Alternative Liste, sagte Bernd Schroeder. Der Pirat stimmte für, sein Nebenmann von der AL, Ingo Heidinger, gegen den Finanzplan. Einig waren sie sich darin: Die in Rat, Bund und Land vertretenen Parteien seien gefordert, sich noch mehr für Herne einzusetzen. Diese Stadt, so Schroeder, habe „ein sehr unangenehmes Haushaltsproblem, weil wir es nicht in Herne lösen können“.

Thomas Bloch (FDP) Foto: Dirk Dobiey FDP

Bund und Land hätten die Kommunen „seit Jahren im Stich gelassen“ und damit ein großes finanzielles Loch in die Kasse gerissen, erklärte FDP-Ratsherr Thomas Bloch. Gerade deshalb sei er froh, dass die schwarz-gelbe Landesregierung ihre Zusagen zur Entlastung der Kommunen bisher eingehalten habe und Mittel bereitstelle.

Auch bei der Altschuldenproblematik sehe er Bund und Land in der Pflicht, sagte Bloch. Nur schwarz malen wollte er jedoch nicht: Bei allen Sorgen gebe es zahlreiche Dinge, die ihn optimistisch stimmen. „Es bewegt sich etwas in unserer Stadt.“ Projekte mit Strahlkraft seien initiiert worden. Bei der Digitalisierung und Modernisierung der Stadt gebe es aber noch großen Handlungsbedarf.

Armin Wolf (AfD) Foto: Jürgen Theobald AfD

Armin Wolf (AfD) nannte den Haushalt unglaubwürdig und nicht genehmigungsfähig. Er enthalte Luftbuchungen, kritisierte er. Grund sei unter anderem eine falsche Politik der vergangenen Jahre, darunter eine Familienfeindlichkeit, eine Minderheitenpolitik und ein Schröpfen der Bürger.

Bernd Blech (Unabhängige Bürger) Foto: OH Unabhängige Bürger

Bernd Blech (Unabhängige Bürger) stimmte dem Haushalt wie schon in vergangenen Jahr zu. Für die finanzielle Misere seien vor allem Bund und Land verantwortlich. Die Herner Kämmerei werde dagegen „ihrer Verantwortung“ gerecht und hole das Beste für Herne heraus.