Herne. . Die Deutsche Umwelthilfe führt Klagen wegen zu hoher Stickstoffoxid-Werte gegen zehn Städte in NRW. Auch in Herne drohen Diesel-Fahrverbote.

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entscheidet an diesem Donnerstag über Diesel-Fahrverbote in Essen und Gelsenkirchen. Und auch für Herne könnte es 2019 eng werden. „Wir haben die Stadt Herne unter Beobachtung“, sagt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, zur WAZ.

Bisher sei zwar noch keine Klage eingereicht worden, aber sollten sich die Werte nicht verbessern, würde im kommenden Februar/März über eine mögliche Klage entschieden, so Resch.

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe © Kay Nietfeld/DPA

Messaktionen im Winter auch in Herne

Dafür möchte die Deutsche Umwelthilfe die Jahresmittelwerte abwarten und auswerten – und dann die nächste Klagewelle angehen. „Bei der könnte Herne dabei sein, wenn die Werte nicht besser werden“, sagt Resch. Grundlage solle auch eine Messaktion sein, die im Winter unter anderem in Herne durchgeführt wird. Dabei würden an besonders belasteten Stellen, die von Bürgern und Umweltgruppen vorgeschlagen werden, Messröhrchen vier Wochen lang aufgehängt und anschließend ausgewertet.

Die Umweltschützer wollen mit ihren Klagen erreichen, dass der EU-Grenzwert für das gesundheitsschädliche Stickstoffdioxid eingehalten wird. Zuletzt habe der Wert in Herne bei 43 gelegen – also leicht über dem EU-weit erlaubten Wert von 40 Mikrogramm je Kubikmeter Luft im Jahresmittel.

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„Ich finde es irre, dass Herne nicht mehr macht, um die Werte zu senken“, sagt Resch. Busse und kommunale Fahrzeuge sollten sauberer gemacht, Taxis durch Lizenzvergaben von Diesel weggebracht werden. Zudem sollten kollektive Verkehre gestärkt werden. Eine weitere Forderung von Resch: „Es sollte weniger Parkplätze in der Innenstadt geben und die sollten teurer sein.“

Vorschlag: ÖPNV-Schupperangebote für Bürger

Der Deutschen Umwelthilfe sei wichtig, dass sie wie bisher alle Verfahren gewinne. Deshalb wäge sie genau ab, wann und gegen welche Städte sie klage, so Resch. Ferdinand Dudenhöffer, Professor für Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen, schätzt die Chance einer Klage für Fahrverbote in Herne für eher gering, aber nicht ausgeschlossen ein. „Ich würde vermuten, dass sich der Wert für 2018 leicht verbessert hat“, so der Autoexperte.

Prof. Ferdinand Dudenhöffer (Universität Duisburg-Essen)
Prof. Ferdinand Dudenhöffer (Universität Duisburg-Essen) © Michael Korte

„Es wäre gut, wenn man von der Stadt Weichen setzen würde“, rät Dudenhöffer. Er würde sich wünschen, dass an besonders stark befahrenen Straßen Flugblätter verteilt würden, auf dem Schnupperangebote vom Nahverkehr angeboten würden. Auch Tempo-30-Zonen, wie sie zuletzt auf der Herner Straße in Bochum eingeführt wurden, hält er für sinnvoll, da so der Verkehr gleichmäßiger fahre.

Stadtverwaltung weist Kritik zurück

Die Stadt habe kein Interesse, die 30-Zone auch auf das Herner Gebiet zu erweitern, sagt Stadtsprecher Christoph Hüsken. Er weist die Vorwürfe zurück, die Stadt unternehme nicht genug. Bereits im Frühjahr habe es einen Dieselgipfel gegeben. „Wir wissen, dass wir bei der Deutschen Umwelthilfe im Fokus stehen, wir leisten aber sehr viel“, betont er und verweist auf ein umfangreiches Paket von rund 70 Maßnahmen, das im Januar zur politischen Abstimmung gegeben werde. „Wir sind sehr engagiert, um die Luft zu verbessern und wollen natürlich Fahrverbote vermeiden.“

Taxiunternehmen: Verbote wären existenzbedrohend

Manche Taxiunternehmen fürchten sich vor einem Dieselverbot.
Manche Taxiunternehmen fürchten sich vor einem Dieselverbot. © Gero Helm

Die Entscheidung über Fahrverbote in Essen und Gelsenkirchen könnte auch Taxifahrer aus Herne teuer zu stehen kommen. „Wenn wir demnächst Umwege fahren müssen, werden die Fahrten teurer“, sagt Marlene Bayerwaltes, Inhaberin des Holthauser Taxiunternehmens. Das ginge zulasten des Fahrgastes.

Marlene Bayerwaltes hofft auf Sonderregelungen und Übergangsfristen für Taxifahrer. Denn: „Die Mehrzahl unserer Fahrten sind Krankenfahrten.“ Viele gingen von Herne zum Uniklinikum in Essen. Problem: Für solche krankheitsbedingten Fahrten etwa zur Dialyse gebe es mit den Krankenkassen Verträge über Pauschalen.

Unternehmer Bußmann zeigt sich entspannt

Diese reichten bei weiteren Wegen aber nicht aus. Sollte es zu Fahrverboten für ältere Diesel-Fahrzeuge auch in Herne kommen, sei das für ihr Unternehmen mit fünf Fahrzeugen sogar „existenzbedrohend“, so Marlene Bayerwaltes.

Entspannter blickt der Wanne-Eickeler Taxiunternehmer Bernd Bußmann auf die Entscheidung zu Diesel-Fahrverboten für alte Fahrzeuge. „Nur zwei unserer elf Fahrzeuge haben die Euro-4-Norm, alle anderen 5 oder sogar 6.“ Deshalb sei er von möglichen Fahrverboten nicht wirklich betroffen. Die Taxis führen so viele Kilometer, dass sie schon nach wenigen Jahren ausgetauscht und gegen neue ersetzt würden. „Ich sehe das ziemlich gelassen.“