herne. . Werden in Herne höhere Strafen gegen junge Arbeitslose verhängt? Mit dieser Frage befasste sich nun auch der Herner Sozialausschuss.

Werden in Herne höhere Strafen gegen jüngere Hartz-IV-Empfänger verhängt als in vielen anderen Städten? Die offizielle Statistik lege diesen Schluss von Norbert Kozicki (Herner Sozialforum) nahe, berichtete die WAZ im Oktober. Die SPD nahm diesen Bericht zum Anlass, das Thema am Mittwoch im Sozialausschuss im Rathaus Wanne auf die Tagesordnung zu bringen.

Karl Weiß ist Geschäftsführer des Herner Jobcenters.
Karl Weiß ist Geschäftsführer des Herner Jobcenters. © Rainer Raffalski

Die zentrale Botschaft von Jobcenter-Geschäftsführer Karl Weiß, der eigens für seinen Vortrag im Sozialausschuss eine Dienstreise nach Berlin vorzeitig beendet hatte, lautete: Der Anteil der durch Leistungskürzungen bestraften jungen Arbeitslosen sei in Herne sehr gering. Mehr als 90 Prozent hielten sich an Vorgaben und Termine, so der Behörden-Chef. Bei den meisten Vergehen handele es sich um Meldeversäumnisse. Es gebe aber auch einige wenige junge Menschen, die mehrere Sanktionstatbestände erfüllten und sich komplett verweigerten. In diesen Fällen würden die Leistungen um bis zu 100 Prozent gekürzt: „Das sind etwa 15 bis 20 Fälle im Jahr.“ Hier gebe es u.a. die Möglichkeit, Lebensmittelgutscheine auszugeben.

Linkspartei sieht nach wie vor offene Fragen

Städtevergleiche seien nicht unproblematisch, aber die aktuelle Statistik zeige, dass Herne bei Sanktionen zumindest rein zahlenmäßig nicht auffällig sei: Nur gegen 96 von 3578 jungen Hartz-IV-Empfängern seien bisher in diesem Jahr Strafen verhängt worden, so Weiß. Das entspreche einem Anteil von 2,7 Prozent, der Landesschnitt liege bei 3,4 Prozent. Und: Im Vergleich liege das Jobcenter Herne damit in NRW auf Platz 38 von 53.

„Glauben Sie mir: Wir haben kein Interesse daran, Sanktionen zu verhängen. Das macht allen nur Arbeit und Ärger“, erklärte der Jobcenter-Geschäftsführer. Und: Es werde auch nicht beim kleinsten Vergehen sofort sanktioniert.

Der Vortrag befriedige sie nicht ganz und erkläre nicht alles, sagte Veronika Buszewski (Linke). Andere Ausschussmitglieder enthielten sich einer Bewertung bzw. stellten Detailfragen. Henryk Banski (SPD) trug einen Einzelfall über eine Schülerin eines Berufskollegs vor, die als Leistungsbezieherin vom Jobcenter zu einem Termin in der Unterrichtszeit vorgeladen worden sei und dies auch durch eine Intervention nicht habe abwenden könne. Das sollte so nicht sein, sagte Weiß und versprach, sich um diesen Einzelfall kümmern zu wollen.

Verfassungsgericht entscheidet

Nurten Öczelik (SPD) wies darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht voraussichtlich im nächsten Jahr grundsätzlich darüber entscheiden werde, ob die Sanktionen überhaupt verfassungskonform seien. Karl Weiß verteidigte das Instrument („Mitwirkung muss sein“), räumte aber ein, dass man „über die eine oder andere Sanktion“ mal nachdenken könne.

Deutlicher wurde der Jobcenter-Chef in der Gesamtbewertung des Hartz IV-Gesetzes bzw. des Regelwerkes im Sozialgesetzbuches II: „SGB II ist sehr kompliziert, juristisch schwierig und für alle Beteiligten nicht gut.“