herne. . Die Aufhebung der 2,5-Prozent-Hürde bei Kommunalwahlen in NRW stößt in Herne nicht nur auf Freude. Das sagen Parteien über die Reform.
Die kleinen Herner Parteien und ihre Wähler können aufatmen: Bei der Kommunalwahl 2020 wird es keine Sperrklausel geben. Die Landesregierung hat jüngst ein entsprechendes Urteil des Verfassungsgerichts umgesetzt und eine Reform des Kommunalwahlgesetzes auf den Weg gebracht. An der Abschaffung der bisher gültigen 2,5-Prozent-Hürde scheiden sich aber nach wie vor die Geister.
Bernd Schroeder (Piratenpartei) ist in Herne einer der leidenschaftlichsten Befürworter von Kommunalwahlen ohne Sperrklausel. Das ist kein Zufall, denn: Die Piratenpartei war es, die 2016 die noch von der rot-grünen Landesregierung und mit Unterstützung der CDU eingeführte Regelung durch eine Verfassungsklage zu Fall brachte.
Piraten: Kleine Parteien sorgen im Rat für Belebung
„Es gehört sich einfach, dass so viele Wählerstimmen wie möglich Berücksichtigung finden und der Wählerwille im Rat auch abgebildet wird“, sagt der Chef der Ratsfraktion Piraten-Alternative Liste (AL). Die großen Parteien stünden neuen Ideen häufig skeptisch bis ablehnend gegenüber. In Herne habe der Einzug kleiner Parteien in den Rat für eine Belebung gesorgt.
Trotz des Absturzes der Piraten in Bund und Land wollen Schroeder & Co. 2020 wieder bei der Kommunalwahl antreten. Das gilt auch für den Stadtverordneten Bernd Blech und seine Unabhängigen Bürger. Er hätte sich aber auch mit Sperrklausel gute Chancen für einen Wiedereinzug in den Rat ausgerechnet, sagt der 57-Jährige.
SPD war für die Beibehaltung der Sperrklausel
Mit der Angst vor einer „Zersplitterung der Räte“ hatten SPD, Grüne und CDU vor zwei Jahren die Einführung einer Sperrklausel begründet. Dieses Argument führt auch der Herner SPD-Landtagsabgeordnete Alexander Vogt an: „Kommunalparlamente müssen handlungsfähig sein.“ Je mehr Parteien im Rat säßen, desto größer sei die Gefahr der Zersplitterung.
Auch Vogts Landtagskollege Thomas Nückel ist Befürworter der Sperrklausel – allerdings aus einem anderen Grund. Ohne jede Hürde käme es zu einer Ungleichbehandlung, sagt er. „Kleine Parteien mit nur einem Sitz benötigen dafür viel weniger Stimmen als größere Parteien für alle weiteren Sitze.“
Abschaffung der OB-Stichwahl in der Diskussion
Die Sorge vor zersplitterten Räten hält er für unbegründet. In seiner Zeit als Journalist bei der WDR-Lokalzeit habe er viele Räte kennengelernt. Sitzungen seien nicht durch kleine Parteien aus dem Ruder gelaufen, sondern häufig „durch die Unfähigkeit der Sitzungsleitung“, sprich: der Bürgermeister und Oberbürgermeister. „Das galt aber nicht für Herne.“
Nückel schließt nicht aus, dass es eine weitere Wahlrechtsänderung geben könnte, die noch nicht im Gesetz-Entwurf von Schwarz-Gelb steht, in Anhörungen im Landtag aber bereits Thema ist. Nämlich: die Abschaffung der Stichwahl des Oberbürgermeisters. Angesichts von sehr niedrigen Wahlbeteiligungen bei Stichwahlen stellten Experten die Legitimation dieses Urnengangs in Frage, so Nückel.
>> INFO: Größe des Rates steht nicht zur Disposition
Die NRW-Wahlrechtsreform beinhaltet für Kommunen die Möglichkeit, bis zum Sommer 2019 über eine Verkleinerung der Räte zu entscheiden.
In Herne steht dies nicht an: Erst 2013 wurde der Rat aus Spargründen von 58 auf 54 Sitze verkleinert. Aktuell gehören dem Rat aber durch Überhangmandate 60 Mitglieder an.