Herne. . Der „Tag der Trinkhallen“ rückte einen wichtigen Teil der Ruhrgebiets-Kultur in den Mittelpunkt. Die Besucher schwelgten in Erinnerungen.
„Was ich mit der Trinkhallenkultur verbinde? Natürlich die gemischte Tüte mit Bömskes für 30 Pfennig“, erinnert sich Andreas Birnstock. Er ist einer der Menschen, die heute mit dem Fahrrad durch das Ruhrgebiet von Bude zu Bude fahren. „Elkes Bude“ an der Richard-Wagner-Straße 84 ist heute sein erstes Etappenziel. Zur Erfrischung gibt es erst mal ein Bierchen. Sein Freund Klaus Penczek blickt wehmütig zurück: „Schade, dass diese Kultur immer weiter ausstirbt. Da ist man richtig mit aufgewachsen.“ Auch heute noch kauft er seine Sonntagszeitung an der Bude um die Ecke.
Damit diese Ruhrpott typische Tradition nicht in Vergessenheit gerät, fand am vergangenen Samstag bereits zum zweiten Mal der „Tag der Trinkhallen“ statt. Von 15 bis 22 Uhr öffneten 200 Buden, über das ganze Ruhrgebiet verteilt, ihren Verkaufstresen. Darunter gab es 50 Programmbuden, die ihren Besuchern ein kleines Unterhaltungsprogramm boten. Eine ausgewiesene Radtour führte an verschiedenen Trinkhallen vorbei, wo sich mit einem kühlen Getränk und bodenständigen Gerichten gestärkt werden konnte. Projektträger war die Gesellschaft Ruhr Tourismus.
Elke Joachimsmeier, Inhaberin von „Elkes Bude“, verkauft schon seit 40 Jahren Zigaretten, Kaugummis und Süßes an ihre Kunden. Ihr ist es wichtig, dass diese Kultur nicht ausstirbt: „An den Wochenenden wurde an den Buden früher das gekauft, was man beim Wocheneinkauf vergessen hat. Heute haben auch Discounter samstags bis 22 Uhr geöffnet. Das merkt man schon an der Kundschaft.“
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Ihre Stammgäste seien ihr aber bis heute treu geblieben. Auf einer kleinen Grasfläche hinter der Trinkhalle konnte westafrikanischem Trommeln und Gesang der Band Fatala Folikan gelauscht werden. Alles war mit Luftballons und Fahnengirlanden geschmückt. Es gab frisches Popcorn, Waffeln und natürlich auch die gemischte Tüte, allerdings für eine Wertmarke statt für 30 Pfennig.
Ein reges Treiben herrschte auch an der „Trinkhalle am Stadtgarten“ an der Vinckestraße 93. Im Hinterhof bot sich ein besonderes Programm: Über den gesamten Hof verteilt, standen alte Spieleautomaten, Heimcomputer und Gameboys.
Ob eine Runde flippern oder gegeneinander bei einer Partie Mario Kart antreten: Die alten Gerätschaften weckten Erinnerungen an vergangene Zeiten. „Früher war es doch normal, in der Kneipe zu flippern“, meint Carina Gresch, die an diesem Tag mit einer Freundin hier ist. „Das gehört genauso zum Ruhrpott wie eben Buden und Kioske.“ Zur Verfügung gestellt wurden die originalgetreuen Automaten vom Herner Verein Insert Coins.
Die Nachbarn zusammenbringen
„Mit so einem Ansturm hatten wir nicht gerechnet. Es war noch nicht offen, da kamen schon die ersten Besucher,“ freute sich Margret „Maggi“ Reinhart. Seit neun Jahren nennt sie die gemütliche Trinkhalle ihr Eigen. Die Arbeit hier ist für sie aber mehr ein Hobby: „Mir ist es wichtig, die Nachbarn hier wieder zusammenzubringen.“ In der kleinen Sitzecke innerhalb der Trinkhalle nahmen sich Besucher gerne die Zeit, bei einem Pott Kaffee ein wenig zu quatschen.
Im Hinterhof des Heimatmuseums Unser Fritz herrschte dagegen eine etwas ruhigere Atmosphäre. Unter den dunkelgrünen Baumkronen lauschten Besucher live gesungenen Cover Songs von Neil Young und Joe Cocker. Zu besonderen Anlässen wie diesem öffnet auch die zum Museum zugehörige Fortuna-Bude. Die 113 Jahre alte Museumsbude wurde 1971 originalgetreu auf dem Museumsplatz wieder aufgebaut. Den ganzen Tag über bot das Museum eine vielfältiges Musikprogramm an.
Museumsleiter Ralf Piorr sah diesen Tag als eine tolle Aktion. „Es eine gute Gelegenheit, für Leute aus der Nachbarschaft mal wieder zusammenzufinden und bei einem Bier auf eine uneitle Weise ins Gespräch zu kommen.“