Wanne-Eickel/ Herne.. Die Hoffnungen haben sich nicht erfüllt: Die Messnersche Replik der Jungfrau von Eickel ließ sich nicht restaurieren. Es gibt eine andere Lösung.
Ende vergangenen Jahres waren alle Beteiligten noch guten Mutes, dass es was werden kann mit der Wiedergeburt der Jungfrau von Eickel. Der Nachbau der „echten“ Figur (die Nazis hatten sie 1940 von ihrem Brunnen auf dem Eickeler Markt geholt und für Kriegszwecke eingeschmolzen) war aus dem Keller geborgen und in die Werkstatt der Jugendkunstschule gebracht worden – ganz vorsichtig mit einem Krankentransporter. Doch da zeigte sich, dass es die zweite Jungfrau, buchstäblich aus einer Schnapsidee heraus 1971 angefertigt von Konditormeister und Café-Inhaber Werner Messner Senior, doch hinter sich hatte.
Arme ließen sich nicht stabilisieren
Steinmetz und Steinbildhauermeister René Schuster, der mit Jugendlichen die Jungfrau restaurieren wollte, konnte nur noch den Daumen senken: Nichts mehr zu machen. Sie haben es sehr wohl versucht, verliehen der Figur ein neues Gesicht, doch der Körper war nicht zu retten. Insbesondere die Arme, die einst stolz die Krone über dem Kopf emporreckten, ließen sich nicht stabilisieren. Mehrmals habe er die Krone aufzusetzen versucht, so René Schuster, am nächsten Morgen war sie wieder herunter. Das metallene Gerüst in den Armen, es war zu schwach, die Bindefestigkeit des Gipses zu gering. Zumal: Nach der Restaurierung sollte die Jungfrau ihren neuen Standort vor dem Eingang des Heimatmuseums bekommen – unter freiem Himmel. „Völlig unmöglich“, so Schuster.
Also nahm die Jugendkunstschule Kontakt mit Horst Schröder und der Mondritterschaft Wanne-Eickel auf, die sich für die Jungfrau stark gemachten hatten. Und so kam es statt zu einer Wiedergeburt – zu einer Neugeburt, wobei Ähnlichkeiten mit der Messnerschen Figur nicht rein zufällig sind. So wie Werner Messners Ehefrau einst ihrem Mann Modell stand für die Replik der Eickeler Jungfrau, stand nun die Replik der Replik Modell.
Größer, schwerer, mehr Haare
Aber etwas anders sieht die Schustersche Jungfrau schon aus: Größer geworden ist sie und etwas schwerer auch. Unter dem bodenlangen Gewand zeichnen sich die weiblichen Formen deutlicher ab. Und statt flach anliegend in einem Dutt zusammengefasst zu werden, bauschen sich die Haare nun um den Kopf: „Sieht ein bisschen japanisch aus“, schmunzelt René Schuster, der zunächst einige kleine Modelle aus Styrodur anfertigte, bevor er sich mit den Jugendlichen ab Juni an die richtige Figur machte.
Um ihr Stabilität zu verleihen, ummantelten sie den durchgängigen Styroporkern mit Streckmetall, das auch im Trockenbau verwendet wird. Dann trugen sie Grund- und Modelliermörtel auf. Das Herausarbeiten des Gesichts und der Figur, der Faltenwurf des Gewandes war dann Chefsache. Hier wird zurzeit noch geraspelt, dort gefeilt, damit die Oberfläche schön glatt ist, bevor die Jungfrau den letzten Schliff bekommt – und einen wetterbeständigen Anstrich in einem bronzegrün Ton, wiederum der Messnerschen Replik ähnlich.
Prunkstück im Kirmesumzug
Nick Wolfram, der an der Figur mitgearbeitet hat, findet es „cool“, bei so einer Aktion mitgemacht zu haben. Er freut sich schon darauf, die Figur auf dem Wagen der Mondritter beim Cranger Kirmeszug zu sehen; von dort aus geht es für die Jungfrau direkt weiter zum Heimatmuseum. René Schuster sieht den Transport dagegen mit Grausen. Auch wenn er sagt, er könne sich gut von seinen Figuren trennen, sorgt er sich doch, dass sie Schaden nehmen könnte, die Jungfrau.
Sorgen wegen des Transports
„Sie bricht nicht auseinander, das nicht“, sagt Schuster, „aber sie könnte Risse bekommen“ – was erstens nicht schön aussieht und zweitens auch für ihren künftigen Standort im Freien ungünstig wäre. Und zunächst einmal muss die Jungfrau aus der Werkstatt raus und auf den Wagen drauf – und dann auch noch auf den Nachbau des Brunnens, dessen Originalsteine bis heute trotz intensiver Recherche und Suche verschollen sind. „Wir finden schon eine Lösung“, zeigt sich Hotte Schröder optimistisch.
Als Lokal-Anekdote kaum zu toppen
Was mit der Messnerschen Jungfrau geschieht, sei noch nicht entscheiden. „Eigentlich ist sie Schrott“, meint Schuster trocken. Ob die Messner-Brüder sie trotz ihres ramponierten Zustands zurückhaben möchten, will Hotte Schröder mit ihnen besprechen. Und wenn nicht? Auf den Müll mit ihr? In der Werkstatt sehen sich alle betreten an. „Beerdigen?“ fragt Sylvia Steffan, Leiterin der Jugendkunstschule, vorsichtig. Oder wie wäre es, die neue Jungfrau draußen, die alte, ramponierte innen aufzustellen, mit einem entsprechenden Erklärstück dazu? Denn die kuriose Geschichte der Jungfrau von Eickel – 1909 mit ganz großem Bahnhof eingeweiht, von den Nazis demontiert und eingeschmolzen, aus Jux nachgebaut und einmal sogar mit Schokolade überzogen – ist als Lokal-Anekdote kaum zu toppen.