Herne. . Mit 88,5 Prozent der Stimmen ist Alexander Vogt als SPD-Parteichef in Herne bestätigt worden. Schlecht lief es für Staatsministerin Müntefering.

Alexander Vogt bleibt für weitere zwei Jahre Vorsitzender der Herner SPD: Die 148 Delegierten des SPD-Parteitags haben den 39-jährigen Landtagsabgeordneten am Samstag mit 88,5 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt; das sind mehr als sechs Prozentpunkte weniger als bei seiner Wahl 2016. Einen deutlichen Dämpfer gab es im Kulturzentrum für die Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering.

Die Staatsministerin im Auswärtigen Amt erhielt bei der Wahl der stellvertretenden Vorsitzenden mit 67,6 Prozent (100 Stimmen) gut zehn Prozentpunkte weniger als vor zwei Jahren. Besser schnitt der zweite Vize Hendrik Bollmann ab: Der Ratsherr aus Röhlinghausen kam bei seiner Wiederwahl auf 86,2 Prozent (2016: 91,7 Prozent). Das beste Ergebnis im engeren Vorstand erzielte der alte und neue Schatzmeister Olaf Semelka mit 91,7 Prozent. Gegenkandidaturen gab es für keines der vier Spitzenämter.

Vogt bezeichnet CDU als schlechte Kopie

Gegenüber der WAZ führte Vogt seine leichten Einbußen - bei den bisherigen drei Wahlen zum Vorsitzenden hatte er jeweils klar über 90 Prozent erhalten - auf die Groko-Debatte zurück. Der Parteichef hatte wie auch Müntefering auf dem Bundesparteitag der SPD für eine Sondierung mit der Union gestimmt.

Der Herner SPD stellte Vogt in seinem Rechenschaftsbericht ein sehr positives Zeugnis aus. Die gute Aufstellung des Unterbezirks und der Kurs der Öffnung finde auch jenseits der Stadtgrenzen in der SPD große Beachtung.

„Wir sind die bestimmende Partei in Herne“, so Vogt. Die jüngsten Initiativen der CDU bezeichnete er „als schlecht gemachte Kopie auf geringem Niveau“. Initiativen wie die Einrichtung einer Rattenhotline durch die Herner CDU könne man nicht ernst nehmen. Und bei Parteien wie der FDP und den Grünen habe er das Gefühl, dass diese die Aktivitäten mit Ausnahme einiger Pressemitteilungen eingestellt hätten.

Internetauftritte und Frauenanteil als Baustellen

Die Herner SPD werde ihren Kurs fortsetzen, kündigte Vogt an. Handlungsbedarf meldete der Vorsitzende für die Öffentlichkeitsarbeit und hier insbesondere die Internetauftritte der Ortsvereine an. Und: Die SPD müsse viel stärker als bisher junge Frauen einbinden.

Die finanzielle Basis für die kommenden zwei Jahre ist trotz der kostenträchtigen Landtags- und Bundestagswahlkämpfe stabil. Der Kassenstand habe zum 31. Dezember 2017 mit 87 658 Euro rund 20 000 Euro höher gelegen als zum 1. Januar 2016, so Schatzmeister Olaf Semelka. Wie ernst die SPD es mit dem Sparen offenbar nimmt, wurde kurz darauf deutlich: Nach der Wiederwahl wurde Semelka auf der Bühne der selbe Blumenstrauß überreicht, den zuvor schon Michelle Müntefering für ihre Wahl erhalten hatte ...

Den Vorstand komplettieren als Beisitzer (in der Reihenfolge ihres Stimmergebnisses) Theres Boneberger, Julia Rimkus, Manuela Lukas, Nadine Minervino, Pierre Golz, Mathias Grunert, Martin Kortmann, Kirsten Eink, Andreas Reifschneider, Tobias Roth, Uwe Purwin und Carsten Bielefeld. Den Sprung in den Vorstand verpassten Wolfgang Biermanski und Marcel Böhme. Zur Seniorenbeauftragten des Unterbezirks wurde Gisela Mensack (71) gewählt.

Yüksel kritisiert die GroKo und Außenminister Maas

Grußworte gab es im Kuz von DGB-Chef Eric Lobach, Oberbürgermeister Frank Dudda sowie dem Landtagsabgeordneten und Awo-Ruhr-Mitte-Vorsitzenden Serdar Yüksel. Letzterer kritisierte die nächtlichen Angriffe auf Syrien durch die USA, Frankreich und Großbritannien. Er sorge sich, dass aus dem kalten Krieg ein heißer Krieg werden könne. Yüksel geißelte die „Verlogenheit des Westens“ und bezog die deutsche Bundesregierung aufgrund von Waffenlieferungen an Saudi-Arabien, das den Jemen bombardiere, ausdrücklich mit ein.

Der auch für den Bezirk Eickel zuständige Bochumer SPD-Landtagsabgeordnete Serdar Yüksel zeigte sich irritiert über Außenminister Heiko Maas und geißelte die „Verlogenheit“ der Bundesregierung.
Der auch für den Bezirk Eickel zuständige Bochumer SPD-Landtagsabgeordnete Serdar Yüksel zeigte sich irritiert über Außenminister Heiko Maas und geißelte die „Verlogenheit“ der Bundesregierung. © Ingo Otto

Irritiert zeigte sich Yüksel zudem darüber, dass Außenminister Heiko Maas (SPD) vor einigen Tagen einen Militärschlag in Syrien nicht grundsätzlich ausgeschlossen habe, mit Kanzlerin Angela Merkel dann aber kurz darauf eine Christdemokratin einem solchen Einsatz eine klare Absage erteilt habe. Er sei froh, dass Staatsministerin Michelle Müntefering im Auswärtigen Amt „ausgleichend“ wirken könne, so Yüksel. Müntefering selbst äußerte sich nicht zu den Bombardements auf Syrien und verwies nur auf eine anstehende Veranstaltung zum Thema Außenpolitik im Mai in Herne.

In ihrer Bewerbungsrede für den Vize-Posten erklärte die 38-Jährige, dass die Regierungs- und Parlamentsarbeit für sie künftig im Mittelpunkt stehen werde. Aber: „Der Wahlkreis war, ist und bleibt die Echokammer“, so Müntefering.

Dudda findet persönliche Worte zum Schicksal Haubs

Oberbürgermeister (und Versammlungsleiter des Parteitags) Frank Dudda nutzte eine Auszählpause, um ein flammendes Plädoyer für eine Städtepartnerschaft mit Luzhou (China) zu halten. Wie berichtet, wird der Rat am Dienstag über eine Städte-Ehe entscheiden.

Karl-Erivan Haub (li.) im Dezember 2017 im Gespräch mit Oberbürgermeister Frank Dudda (r.). Das Schicksal des Tengelmann-Chefs habe ihn sehr bewegt, sagte der OB auf dem SPD-Parteitag. Mit im Bild: OB-Büroleiter Lothar Przybyl (2.v.li.) und Bürgermeister Erich Leichner.
Karl-Erivan Haub (li.) im Dezember 2017 im Gespräch mit Oberbürgermeister Frank Dudda (r.). Das Schicksal des Tengelmann-Chefs habe ihn sehr bewegt, sagte der OB auf dem SPD-Parteitag. Mit im Bild: OB-Büroleiter Lothar Przybyl (2.v.li.) und Bürgermeister Erich Leichner. © Barbara Zabka, Archiv

Und auch ein sehr persönliches Statement gab es vom Oberbürgermeister: Das Schicksal von Karl-Erivan Haub - er wird seit einer Woche am Matterhorn vermisst - stimme ihn traurig, sagte Dudda. In den vergangenen Jahre habe er mehrere Gespräche mit dem Tengelmannn-Chef über ein Engagement in Herne geführt. Wie berichtet, hatte Haub eine Stiftung gründen wollen, um mit einer zweistelligen Millioneninvestition ein Domizil für das Gospel-Projekt Ruhr zu schaffen. Karl-Erivan Haub habe aus dem „Underdog Herne“ mehr machen wollen. „Wir haben einen Partner verloren. Das hat mich sehr bewegt“, sagte Frank Dudda.