hERNE: . Früher Friedhöfe, heute Grünflächen: Zum Auftakt einer Serie stellt die WAZ den Behrenspark und den ehemaligen Friedhof Mont-Cenis-Straße vor.
Als die Stadt vor ziemlich genau zwei Jahren seine Einwohner aufrief, Stärken Hernes zu benennen, die sich in einem neuen Logo wiederfinden sollten, stand ein Attribut ganz vorne: das Grün, das sich überall durch die Stadt zieht, sei es entlang der Straßen, in öffentlichen Grünanlagen, rings um Schulen, in den Kleingartenanlagen und in privaten Gärten. In den nächsten Wochen stellt die WAZ in einer Serie Parks und Grünflächen in Herne und Wanne-Eickel vor, bekannte und weniger bekannte, große und kleine, neue und alte – und gewandelte, wie zum Auftakt die beiden ehemaligen Friedhöfe an der Kirchhofstraße/Behrensstraße (der heutige Behrenspark) und den ehemaligen Friedhof an der Mont-Cenis-Straße, nahe der Schillerschule.
Mit gerade gut einem Hektar gehören die beiden zu den kleinsten Parkanlagen in Herne-Mitte; sie sind aber trotzdem wegen ihrer zentralen innerstädtischen Lage ein „Lichtblick“, so Hiltrud Buddemeier, Vorsitzende des BUND Herne. Kompakte kleine Grünzonen, die die Bebauung durchbrechen, bieten nicht nur Menschen einen erholsamen Raum, sondern auch Tieren wie Vögeln und Insekten eine Lebensgrundlage.
Ein letzter Liebesbeweis
Im Behrenspark, einer gerne genutzten Verbindung zwischen Behrensstraße und Kirchhofstraße mit dem angrenzenden Parkhaus, weisen heute nur noch einige alte Grabsteine am östlichen Eck zur Kirchhofstraße auf seine Vergangenheit als Begräbnisstätte hin. Grabsteine, die an verschiedene Mitglieder der alteingesessenen Herner Familie Schlenkhoff erinnern, sind dort erhalten, ebenso wie ein Grabstein in englischer Sprache. Ein Mulvany-Mitarbeiter hat ihn mit liebevollen Worten seiner verstorbenen Ehefrau gewidmet. Übersetzt heißt die Inschrift: „Im Gedenken an Mrs Izabella Griffith geborene Marion, geb. am 23. Juli 1806, verstorben am 11. März 1865. Diesen Tribut der Liebe errichtete ihr untröstlicher Gatte.“ Geschmückt ist der Grabstein außerdem mit Ährenbündel und Sense.
Friedhof wurde mehrfach erweitert
Häufig stehen Passanten vor diesen Grabsteinen und versuchen, die verwitterten Buchstaben zu entziffern. Eingeweiht wurde der Friedhof 1841, weil die evangelische Kirchengemeinde rund um die alte Dionysiuskirche keinen Platz mehr für die Bestattung ihrer Toten fand. Doch auch der Friedhof an der Kirchhofstraße (früher Friedhofstraße) war schnell zu klein und musste mehrfach erweitert werden. Aber das reichte schon bald nicht mehr. Weil auch andere Kirchengemeinden in Herne-Mitte von Engpässen auf ihren Friedhöfen betroffen waren, entschloss sich die Stadt Herne, das Bestattungswesen „zu einer kommunalen Angelegenheit zu machen“, wie Hermann Schaefer in „Die Geschichte von Herne“ 1912 schrieb. Die Stadt kaufte 1900 ein Gelände an der Wiescherstraße und nahm dort 1905 den „Süd-Friedhof“ in Betrieb, der noch heute als zentrale Herner Begräbnisstätte dient.
Ungebührliches Verhalten verboten
Der alte evangelische Friedhof dagegen wurde in einen Park umgewandelt, der inzwischen gerne an schönen Sommertagen für ein mittägliches Picknick genutzt wird, zum Pausieren auf einer der Bänke und zum Ausführen von Hunden -- was kein Problem ist, so lange deren Halter die Hinterlassenschaften ihrer Vierbeiner entfernen. Der Park entwickelte sich allerdings auch zu einem Treffpunkt der Trinkerszene, mit diversen Begleiterscheinungen – worüber sich Passanten ebenso beschwerten wie Anwohner. Vor exakt vier Jahren beschloss der Rat der Stadt Herne, „ungebührliches Verhalten“, insbesondere den Verzehr alkoholischer Getränke, im Behrenspark zu verbieten, was aufgrund seiner Vergangenheit als Friedhof möglich war.
Hunderte Narzissen und Krokusse
Unter dem Pfingststurm „Ela“ 2014 haben die Bäume des Behrensparks gelitten: Kastanien mussten gefällt werden, andere wurden stark beschädigt. Dennoch ist der Park eine kleine Oase mitten in der Stadt geblieben: Gleich am Eingang an der Behrensstraße wachsen zwei große Birken, für deren Erhalt sich die Bürger stark machten, als der Park 1992/93 umgestaltet wurde, so Hiltrud Buddemeier. Besonders im Frühjahr bildet der kleine Park einen fröhlichen Farbklecks: Stadtgrün hat dort Hunderte von früh blühenden zartlila Krokussen angepflanzt und ebenso viele Narzissen gesetzt. Zur Rückseite der Häuser, die den Berliner Platz säumen, sind viele Stauden gepflanzt worden, die das Bild im weiteren Jahresverlauf beleben. Damit sie eine Chance hatten anzugehen, hatte Stadtgrün den gesamten Bereich anfangs abgesperrt.
Denkmal des Gekreuzigten
Auch der Friedhof an der Mont-Cenis-Straße ist gerade im Frühjahr wegen der vielen Narzissen und Krokusse ein Hingucker. Bei ihm wird der Charakter als ehemalige Begräbnisstätte noch deutlich: Nicht nur Grabsteine, auch Grabflächen sind erhalten und werden gepflegt, darunter große Familiengruften. Es gibt Wasserstellen, und fast im Zentrum des Parks steht das steinerne Denkmal des Gekreuzigten mit der Inschrift „Es ist vollbracht“. Etwas versteckt, aber gepflegt und mit Stiefmütterchen bepflanzt, die „Ruhestätte der Barmherzigen Schwestern vom Hl. Vincenz von Paul, Paderborn: „Sie dienten Gott in den leidenden Brüdern und Schwestern“, heißt es auf dem Stein.
Buchsbäume wurden Opfer der Zünslerinvasion
Zeigt sich der Behrenspark als weitgehend offene Anlage, ist der Park an der Mont-Cenis-Straße stärker verwinkelt, teilweise noch mit typischen „Friedhofsgewächsen“ wie immergrünen Koniferen und Rhododendren bewachsen. An einer Stelle blüht bereits eine vorwitzige Azalee, zur Freude der ersten Bienen und Hummeln. Hiltrud Buddemeier freut sich vor allem auch über die blühende Kornelkirsche, denn sie bietet ebenfalls reichlich Nektar und im Herbst und Winter den Vögeln Früchte. Einige mannsgroße Buchsbäume haben die Invasion des Buchsbaumzünslers allerdings nicht überlebt: Sie zeigen nur noch ihr kahles Gerippe. „Das ist wirklich schade“, sagt Hiltrud Buddemeier, „die sind nicht zu retten.“
Der Friedhof gehörte früher zur St. Bonifatiusgemeinde. Bis 1865 mussten die Katholiken aus Herne in Eickel beerdigt werden, 1865 wurde der neue katholische Friedhof an der Marienstraße (heute: Glockenstraße) in Betrieb genommen. Als er zu klein war, beerdigte die Gemeinde ihre Toten an der Mont-Cenis-Straße. Seit 1905 wurden auch die Katholiken auf dem Süd-Friedhof beigesetzt.
31 Pappeln gefällt
Die Stadt Herne verpflichtete sich schon 1953, für 30 Jahre die Pflege der Fläche zu übernehmen und kaufte sie dann an. 1986 begann die Umgestaltung zum Park – unter anderem, indem 31 der insgesamt 60 Bäume gefällt wurden. Die 31 Pappeln seien nach übereinstimmender Prüfung von Grünflächenamt und vereidigten Sachverständigen morsch gewesen, erzählt Hiltrud Buddemeier. Für jeden gefällten Baum sollte ein Ersatzbaum gepflanzt werden. Der Park liegt mit auf der Anhöhe, auf der früher das Dorf Herne lag. Im östlichen Bereich senkt sich der Park plötzlich ab. Dort floß früher der Ostbach, der Ende der 60er Jahre verrohrt wurde. (Mit Unterstützung von Stadtarchiv und Stadtgrün.)
>> EINIGE DATEN UND FAKTEN
Herne erstreckt sich über eine Gesamtfläche von 51,41 Quadratkilometer. Davon entfallen fast ein Fünftel, nämlich 10 118 527 Quadratmeter, auf Grünflächen.
Den größten Anteil machen Forstflächen mit 2 170 961 qm (vor allem der Gysenberg), Park- anlagen (1 361 206 qm) und Extensivflächen (1 278 740 qm) aus.
Allein das Grün entlang der Straßen summiert sich zu 80 Hektar, wobei die einzelnen Größen stark variieren: von vier bis 50 Quadratmeter.
In jedem der insgesamt vier Stadtbezirken sind 15 Stadtgrünmitarbeiter fest eingesetzt. Hinzu kommen vier Baumkontrolleure. Für die beiden Tierparks (Eickel und Gysenberg) gibt es sieben Tierpfleger. Stadtgrün ist Ausbildungsbetrieb mit neun Azubis.
Pro Jahr werden außerdem in jedem Bezirk 250 000 Euro für Aufträge an Firmen vergeben.