herne. . Die Stadt hat eine Flüchtlingsbilanz vorgelegt. 1111 Asylbewerber leben zurzeit in Herne. Wegen sinkender Zahlen schießen drei Einrichtungen.

Der Fachbereich Soziales der Stadt hat einen umfassenden Bericht zur aktuellen Flüchtlingssituation in Herne vorgelegt. Auf die wichtigeste Frage bleibt die Verwaltung - aus nachvollziehbaren Gründen - jedoch eine Antwort schuldig: „Eine Prognose über die künftige Entwicklung der Aufnahmezahlen ist zurzeit einfach nicht möglich“, sagt Brigitte Bartels, Leiterin des Fachbereich Soziales.

Zuweisungen

Der Stadt Herne sind bisher von Januar bis Ende November 664 Menschen vom Land bzw. der Bezirksregierung zugewiesen worden. Im gesamten Jahr 2015 waren es 777, im vergangenen Jahr 171 Personen. Die im Vergleich sehr geringe Zahl des Vorjahres ist darauf zurückzuführen, dass Herne die Kapazität der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes an der Dorstener Straße angerechnet worden ist.

Status

In Herne leben derzeit nach Stadtangaben 1111 Asylbewerber, sprich: Menschen, deren Asylverfahren nicht abgeschlossen sind. Außerdem gebe es 241 Flüchtlinge mit dem Aufenthaltsstatus Duldung. 2016 seien 46 Flüchtlinge abgeschoben worden; 2017 habe es bisher 96 Abschiebungen gegeben. 113 Menschen seien freiwillig ausgereist (2016: 168).

Unterbringung

Die Flüchtlingsunterkunft an der Südstraße soll Mitte 2018 schließen.
Die Flüchtlingsunterkunft an der Südstraße soll Mitte 2018 schließen. © Ralph Bodemer | Ralph Bodemer

Wie bereits berichtet, will die Stadt wegen der rückläufigen Zahlen drei Flüchtlingseinrichtungen schließen. Und zwar die Standorte Südstraße in Herne-Süd (496 Plätze - derzeit belegt mit 172 Menschen), Sedanstraße in Baukau (31 - 18) und Auguststraße ebenfalls in Baukau (35 - 33). In der zentralen Unterkunft an der Ackerstraße in Wanne-Süd (Barbaraheim) sind 237 von 415 Plätzen belegt. Am Zechenring in Horsthausen wohnen 83 Flüchtlinge (Kapazität: 120 Plätze), an der Dorstener Straße 51 leben 35 Flüchtlinge (100 Plätze). Die Unterkunft Buschkampstraße soll künftig nur noch für Obdachlose zur Verfügung stehen. Der Bedarf sei hier gestiegen, so die Stadt – „nicht zuletzt durch die Unterbringung von Personen aus geräumten „Schrottimmobilien“. In privaten Wohnungen konnten 2017 bisher 243 Flüchtlinge untergebracht werden. Der Fachbereich Soziales führt seit Mai 2017 die Schulung „Wohnungsführerschein“ durch, in der Flüchtlinge auf einen Umzug in eine private Wohnung vorbereitet werden.

Herkunft

81 Syrer wohnen aktuell in den städtischen Einrichtungen; sie stellen damit die größte Gruppe. Ebenfalls stark vertreten: Guinea (50 Menschen), Irak (49), Eritrea (46), Nigeria (33), Armenien (32), Russische Föderation (28) und Türkei (26). Auch drei Deutsche leben in Herner Flüchtlingseinrichtungen. Es handelt sich aber nicht um Asylbewerber, sondern um Kinder von Flüchtlingsfrauen, die einen deutschen Vater haben.

Kinder und Jugendliche

In Herner Kitas werden zurzeit 213 geflüchtete Kinder betreut. Hauptherkunftsland ist mit großem Abstand Syrien (133 Kinder). Über das Projekt „Kita im Koffer“ sind in den Gemeinschaftunterkünften seit Januar 2016 insgesamt 264 Kinder erreicht und gefördert worden. Zurzeit leben 106 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Herne, 91,5 Prozent davon sind männlich. Hauptherkunftsländer sind Afghanistan und Guinea mit jeweils 29,2 Prozent und Syrien mit 16,0 Prozent. Schließlich: Zum Stichtag 1. November 2017 wurden in Herne 1254 Schüler als sogenannte Seiteneinsteiger in allen Herner Schulformen betreut, davon allein 538 in Grundschulen.

Grüne sehen große Baustellen

Mehrere Baustellen sieht Rolf Ahrens zurzeit in der Flüchtlingsarbeit in Herne. Insbesondere im Bereich Einschulung/Spracherwerb/Kinderbetreuung bestünden Probleme, sagt Ahrens, der Mitglied im Herner Flüchtlingsrat und Geschäftsführer der Grünen-Ratsfraktion ist. „Herne wird vom Land und vor allem vom Bund allein gelassen.“ Es fehle an Geld und an personeller Unterstützung.

Hausgemacht sind nach Einschätzung des Grünen dagegen die Probleme der Ehrenamtlichen. Hier gebe es große Reibungsverluste. Die Arbeit werde von der Stadt eher behindert als gefördert; immer mehr Ehrenamtliche beendeten deshalb ihr persönliches Engagement. „Hier läuft es alles andere als gut“, so Ahrens.

Und dann sieht er auch noch ein riesiges grundsätzliches Problem: Viele Flüchtlinge hätten keine Perspektive in Herne, weil ihr Aufenthaltsstatus ungeklärt sei - und das nicht selten über viele Jahre. Eine Integration sei deshalb nur schwer möglich, so Ahrens, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt.