Herne. Herne sucht das Supertalent: Im Pottporus-Haus finden die Castings für das Theaterprojekt „Next Generation” statt, das im Oktober 2010 in der Bochumer Jahrhunderthalle feierlich uraufgeführt werden soll. Aus vier Städten werden kunterbunte Beiträge erwartet.
„Hallo, ich bin Niklas”, sagt der kleine Junge und marschiert unerschrocken in die Mitte des Tanzsaales. Hell ist es hier, riesige Spiegel und ein malträtierter Parkettboden zeugen von jahrelangem Tanztraining, ein Hauch von Schweiß liegt in der Luft. Niklas, der die fünfte Klasse der Hiberniaschule besucht, steht ein wenig verloren vor den drei Juroren und wartet auf sein Zeichen. „Mach einfach, wozu du Lust hast”, muntert die Choreographin Patricia Noworol den Jungen auf.
Und Niklas beginnt mit seiner kleinen Aufführung: Er flüchtet vor einem Drachen durch einen dichten Wald, er versteckt und verkriecht sich, kauert hinter Büschen, bis er sich geschlagen geben muss. Der hungrige Drache hat ihn gekrallt. „Schnapp!” ruft Niklas – und seine Vorstellung ist beendet. Die Juroren sind begeistert: „Super!” meint Kama Frankl. „Wir rufen dich an.” Und der Nächste bitte . . .
Ein besonderes Jugendprojekt
Wir sind im Pottporus-Haus an der Dorstener Straße 262, wo während des großen Jahres der Kulturhauptstadt 2010 ein besonderes Jugendprojekt entwickelt werden soll. „Next Generation” heißt es, in dem viele junge Menschen ihre künstlerischen Energien mit einbringen sollen. Nicht nur hier in Herne wird dafür geprobt: So genannte „Zukunftshäuser” entstehen derzeit auch in Bochum, Essen und Duisburg, wo die Talente ab Januar ein halbes Jahr lang ihrer Kreativität freien Lauf lassen können. Die Ergebnisse aller vier Probenarbeiten sollen im Oktober 2010 in der Bochumer Jahrhunderthalle feierlich aufgeführt werden.
Offen für alles
Heute steigt bei Pottporus das erste Casting. Soll heißen: Choreographin Patricia Noworol, Projektleiterin Kama Frankl und Pottporus-Chef Zekai Fenerci sichten die ersten Talente, die sich für eine Teilnahme beworben haben. Was genau die Darsteller können müssen und welche Herausforderungen auf sie zukommen, das weiß die weit gereiste Choreographin selbst noch nicht genau. „Eigentlich bin ich offen für alles”, sagt Patricia, die in New York eine Tanzkompanie leitet und in Herne zum ersten Mal mit Laien arbeitet. Egal ob sich die jungen Leute als Tänzer, Musiker, Pantomime oder Schauspieler versuchen wollen: „Erstmal möchte ich sehen, was sie zu bieten haben.”
Das Casting geht weiter
Noch bis Freitag, 21. November, werden im Pottporus-Haus an der Dorstener Straße 262 in Holsterhausen junge Talente für das Theaterprojekt „Next Generation” gesucht.
Wer Spaß an Theater, Tanz, Zirkus, Schauspiel oder Gesang hat, sollte einfach vorbei kommen (tägl. 18 bis 21 Uhr). Es gibt keine Altersbeschränkung. Eine kurze Voranmeldung per E-Mail unter: k.frankl@pottporus.de
Nun, das ist bei Christine leider nicht allzu viel. Die Schülerin ist zwar gern zum Casting gekommen, doch dass man hier auch etwas von sich zeigen muss, etwas spielen oder aufführen sollte, das war ihr wohl nicht ganz klar. „Mist, wie peinlich!” klagt sie. In der Schule habe sie in Molières „Eingebildetem Kranken” mitgespielt, doch eine verflixte Szene daraus will ihr grad nicht einfallen. „Macht nichts, komm' ein anderes Mal wieder”, beruhigt Patricia sie und klopft ihr aufmunternd auf die Schulter. Christine ist den Tränen nahe, für sie war das Casting ein Schlag ins Wasser.
Stampfende Beats
Andere gehen mit der Situation professioneller um, doch nervös sind auch sie. Frieda, Bahar und Joseph sind Hip-Hop-Tänzer und eigens für das Casting aus Köln angereist. Zu stampfenden Beats zeigen sie der beeindruckten Jury etwas von ihrem Können: Flips, Kreisel, Handstand, alles in eleganten, fließenden Bewegungen, in Tänzerkreisen nennt man das „moves”. Patricia jubelt, doch ob sie in den drei Sportstudenten die ersten Mitglieder für ihr Ensemble gefunden hat, ist fraglich: „Die Proben im nächsten Jahr werden zeitintensiv”, sagt sie. Dies neben dem Studium in Köln und Rotterdam zu koordinieren, würde für Frieda, Bahar und Joseph nicht ganz einfach.
„Das war echt eine nette, entspannte Atmosphäre”, lobt Frieda am Ende die Jury. Ganz anders als man es aus ähnlichen Veranstaltungen aus dem Fernsehen kennt: „Nee, zu Bohlen würde ich nicht hingehen”, lächelt die 25-Jährige. Im Saal geht das Casting derweil in die nächste Runde, ein blonder Junge stellt sich vor. „Hallo, ich bin Renee . . .”