Herne. . Der Krankenstand bei der Stadt Herne ist nach einem Rekordhoch leicht gesunken. Mitarbeitervertreter sehen aber keinen Grund zur Entwarnung.

  • Krankenstand in der Herner Stadtverwaltung ist von Rekordhoch in 2015 auf 9,23 Prozent gesunken
  • Stadt verweist auf ihr Engagement beim betrieblichen Gesundheitsmanagement
  • Personalrat und Gewerkschaft Verdi reichen die Maßnahmen des Rathauses nicht aus

Der Krankenstand in der Stadtverwaltung ist im vergangenen Jahr leicht gesunken, aber noch immer auf hohem Niveau: Knapp jeder zehnte Mitarbeiter im Rathaus ist krank. Für Beate Wycislok, Personalratschefin bei der Stadt Herne, ist das keine Überraschung. Es sei zwar „schön und gut“, dass die Stadtspitze die Gesundheitsförderung zuletzt verstärkt habe, allein: „Die Arbeitsbelastung bleibt.“ Sie fordert deshalb mehr Geld fürs Gesundheitsmanagement.

Stadt Herne zeigt sich erfreut

Zunächst zu den Zahlen: Vor zehn Jahren betrug der Anteil der Fehlzeiten unter den rund 2400 Mitarbeitern der Stadtverwaltung im Jahresschnitt „nur“ 6,31 Prozent, ab 2009 pendelte er sich laut Rathaus auf zwischen acht und neun Prozent ein. 2015 gab es dann mit 9,53 Prozent einen Fehlzeiten-Rekord. Im vergangenen Jahr nun sei der Krankenstand „erfreulicherweise“ rückläufig gewesen, sagt Stadtsprecher Christoph Hüsken auf Anfrage der WAZ: Die Zahl sank auf 9,23 Prozent. Zahlen für 2017 gebe es noch nicht. In der Verwaltung und nicht zuletzt bei Oberbürgermeister Frank Dudda genieße das Thema Gesundheit der Mitarbeiter „eine sehr hohe Priorität“, sagt Christoph Hüsken.

Die Stadt wolle „ein attraktiver Arbeitgeber“ sein und außerdem den Bürgern einen guten Service bieten; deshalb sei das Rathaus bestrebt, „in Form von zahlreichen Aktionen und Aktivitäten auf eine Reduzierung des Krankenstandes hinzuwirken“. Konkret: „Wir motivieren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu einem gesunden Lebenswandel“, so der Stadtsprecher.

Kursangebote und Gesundheitstage

Beispielhaft nennt er „Bestandteile eines Gesamtpakets“. Dazu gehörten unter anderem die Einrichtung einer eigenen Abteilung Betriebliches Gesundheitsmanagement, die Veranstaltung regelmäßiger Gesundheitstage für die Mitarbeiter sowie die Möglichkeit der Belegschaft, dass sich Mitarbeiter in aktiven Mittagspausen an Kursangeboten zur Gesundheitsförderung beteiligen können.

Personalratschefin Beate Wycislok sieht keine Entwarnung bei den Fehlzeiten – im Gegenteil. Gegenüber dem Rekord von 2015 seien sie nur „sehr, sehr gering“ gesunken. Das wundert die Mitarbeitervertreterin nicht: „Betriebliches Gesundheitsmanagement und Stellenabbau passen nicht zusammen“, sagt sie zur WAZ. Und erklärt: Die Stadtspitze mache zwar viel für die Gesundheit der Mitarbeiter, gleichzeitig streiche sie aber Stellen. Folge sei, dass weniger Menschen noch mehr Arbeit hätten – und dann trotz Gesundheitsförderung wegen Überlastung ausfielen. Deshalb müsse noch mehr unternommen werden.

Ähnlich äußert sich Norbert Arndt, Sekretär der Gewerkschaft Verdi. Die neuen Zahlen seien „kein Grund, um sich zurückzulehnen“. Die Verwaltung mache „mehr als in der Vergangenheit“, die „krankmachende Arbeitsbelastung“ sei aber ebenfalls gestiegen: „Viele Mitarbeiter können vor Arbeit kaum noch gerade stehen.“

>> EIN KOMMENTAR VON MICHAEL MUSCHEID:

Bei Bedarf nachjustieren

Die Stadt ist aufgewacht. Jahrelang hat sie die Gesundheitsförderung ihrer Mitarbeiter schleifen lassen, seit 2015 investiert sie kräftig. Aber ob das langfristig spürbar hilft? Zweifel sind angebracht. Die Stadtverwaltung baut, wie viele andere Unternehmen auch, Personal ab. Konsequenz: Neue, also junge Kräfte rutschen kaum noch nach, die vorhandenen werden immer älter und müssen immer mehr leisten. Da ist ein gutes Gesundheitsmanagement wichtig, denn auch die Stadt hat als Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht für ihre Bediensteten. Ob die Maßnahmen angesichts der Rahmenbedingungen aber ausreichen, um auch die Fehlzeiten auf das Niveau von vor acht, ja sogar von vor zehn Jahren zu drücken, bleibt abzuwarten. Nicht zuletzt auch die Bürger dürfen darauf hoffen: Sie erwarten vom Rathaus einen guten, zügigen Service. Reichen die Anstrengungen nicht, dann muss nachjustiert werden.