Herne. . Jeder zehnte Mitarbeiter der Stadtverwaltung Herne ist krank. Für Verdi und den Personalrat ist das keine Überraschung.
Der Krankenstand in der Stadtverwaltung hat mit 9,53 Prozent einen neuen Höchststand erreicht. Das teilte die Stadt auf Anfrage der WAZ mit. Für die Arbeitnehmervertreter ist das keine Überraschung: Die Belegschaft sei zu klein und überaltert, das Gesundheitsmanagement lückenhaft, kritisieren Verdi und Personalrat.
Zu den Zahlen: 2006 betrug der Anteil der Fehlzeiten unter den rund 2400 Mitarbeitern der Kernverwaltung im Jahresschnitt „nur“ 6,31 Prozent, seit 2009 hat sich der Krankenstand laut Rathaus zwischen acht und neun Prozent eingependelt. Nun, 2015, übersprang der Wert erstmals die Neun-Prozent-Marke – und zwar deutlich. Am häufigsten vertreten seien Muskel- und Skelett-Erkrankungen, psychiatrische und Atemwegserkrankungen, sagt Stadtsprecher Christoph Hüsken zur WAZ. Gründe für den Anstieg nennt er nicht. Nur so viel: Es gebe bei den Ursachen „keine gravierenden Abweichungen zu anderen vergleichbaren Arbeitgebern“.
Verdi-Sekretär Norbert Arndt nennt mehrere Gründe für die gestiegenen Zahlen. In den vergangenen Jahren sei viel zu wenig eingestellt worden, deshalb sei der Altersdurchschnitt der Belegschaft hoch, und die Mitarbeiter müssten immer mehr Aufgaben übernehmen – bei steigenden Anforderungen. Da sei es kein Wunder, dass die Bediensteten auf dem Zahnfleisch gingen und oft krank seien. Mit dem neuen Oberbürgermeister Frank Dudda, meint Arndt, gebe es aber erste Anzeichen für ein Umdenken, sprich: Es würden wieder junge Leute eingestellt.
Krankenstand bei 3,7 Prozent
Firmen oder Behörden geben ungern Zahlen zum Krankenstand ihrer Belegschaft preis. Im Polizeipräsidium Bochum, das auch für Herne zuständig ist, lag der Krankenstand im vergangenen Jahr bei 9,2 Prozent.
Beim großen Bochumer Arbeitgeber Knappschaft lag der Krankenstand – auch wenn aufgrund unterschiedlicher Berechnungsmodelle der Vergleich nicht immer 100-prozentig hinkommt – bei 5,9 Prozent.
Der Krankenstand bei der Stadt Essen lag 2014 bei 7,6 Prozent, der bei der Bochumer Stadtverwaltung 2015 bei 9,2 Prozent. Der Krankenstand aller deutschen Arbeitnehmer lag 2014 bei durchschnittlich 3,7 Prozent.
Personalratschefin Beate Wycislok beklagt ebenfalls eine Überalterung und zu hohe Belastung. Kollegen arbeiteten in vielen Fachbereichen „über dem Limit“, kritisiert sie, Folgen seien viele Langzeiterkrankte. Und: „Psychische Erkrankungen nehmen zu.“ Kritik übt sie am Gesundheitsmanagement im Rathaus. Dieses sei „absolut nicht ausreichend“. So werde etwa das Thema „altersgerechtes Arbeiten“ nur „partiell berücksichtigt“, beklagt Wycislok.
Bessere Verzahnung
Dabei sollte die Gesundheitsförderung besser verzahnt werden, hatte der damalige Oberbürgermeister Horst Schiereck 2013 angekündigt, als die Fehlzeiten in der Verwaltung mit damals bereits 8,98 Prozent einen zwischenzeitlichen Höchststand erreicht hatten. Das sagt nun auch Stadtsprecher Christoph Hüsken. Die Stadt Herne habe auf die gestiegenen Fehlzeiten mit einem Konzept zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement reagiert. Dieses solle „noch weiter fortentwickelt“ werden.