Herne. Ein mögliches Dieselfahr-Verbot träfe in Herne mehr als 17 000 Fahrzeug-Halter. Die Stadt sieht Alleingänge kritisch. Was die Wirtschaft sagt.
- Nur 2670 in Herne angemeldete Diesel-Autos erfüllen zurzeit die strenge Euro-6-Norm
- Stadt sieht für Verbesserung der Luftqualität vor allem Bund und Industrie in der Pflicht
- Handwerk und Unternehmen lehnen Fahrverbote als Hau-Ruck-Aktionen kategorisch ab
Von einem möglichen Diesel-Fahrverbot in Innenstädten wäre in Herne fast jeder fünfte Fahrzeughalter betroffen. 74 900 Autos waren laut Kraftfahrt-Bundesamt im Januar dieses Jahres insgesamt in Herne gemeldet. Mit Diesel fahren 17 584 Wagen, von denen erfüllen allerdings nur 2670 Diesel-Autos die strengste Euro-6-Norm und wären dementsprechend von einem Fahrverbot in Innenstädten nicht betroffen.
Hintergrund: Stuttgart wird nach einer Klage der deutschen Umwelthilfe ab 2018 fast alle Diesel-Autos aus der Innenstadt verbannen. Nur so könnten die Grenzwerte für schädliche Stickstoffdioxide eingehalten werden, argumentierte das Verwaltungsgericht. Das Urteil gilt als wegweisend, auch andere Städte könnten demnach in Zukunft ein Fahrverbot für Diesel aussprechen.
Alleingänge sieht die Stadt kritisch
Bei der Stadt Herne sieht man kommunale Alleingänge allerdings kritisch. „Vielmehr sehen wir den Bund und die Industrie in der Pflicht“, sagt Stadtsprecher Christoph Hüsken.
Zur Verbesserung der Luftqualität setze die Stadt auf eine Mischung an Maßnahmen. „Sehr wichtig ist uns der Ausbau der Elektromobilität“, sagt Hüsken. Die emissionsfreie Citylogistik gehört zu den zentralen Zukunftsstrategien der Stadt Herne. Die Paketdienstleister DHL und UPS setzen bereits E-Fahrzeuge in der Stadt ein. „Von großer Bedeutung sind die Stärkung des ÖPNV sowie die Förderung des Radverkehrs“, so Hüsken weiter.
Handwerk wäre stark betroffen
Von einem Dieselfahrverbot dürfte das Handwerk mit am stärksten betroffen sein. Die meisten der Gewerke müssten zu ihren Kunden fahren - und der Fuhrpark der Unternehmen bestünde zum überwiegenden Teil aus Dieselfahrzeugen, weil diese für Handwerker am wirtschaftlichsten seien, erläutert Martin Klinger, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, im Gespräch mit der WAZ-Redaktion.
Selbstverständlich sei man sich auch im Handwerk bewusst, dass etwas getan werden muss, um die Luftqualität zu verbessern, „doch ein Hau-Ruck-Prinzip wird von uns radikal abgelehnt“, so Klinger.
Fahrverbot sei eine Scheinlösung
Der Fuhrpark sei ein großer Kostenfaktor, müssten Unternehmen ihre Wagen komplett - ohne Übergangsfristen - austauschen, würden sie in den wirtschaftlichen Ruin getrieben. Klinger fordert Lösungen, die wirtschaftlich darstellbar sind: ordentliche Übergangsfristen, Anreize durch die Industrie (sprich: Elektroautos) und Umtauschaktionen.
„Fahrverbote müssen unter allen Umständen vermieden werden“, fordert auch Dirk W. Erlhöfer, Hauptgeschäftsführer der Arbeitgeberverbände. Auch wenn klar sei, dass die Luftqualität verbessert werden müsste. Ein Fahrverbot wäre eine Scheinlösung, die nicht nachhaltig wäre und das wirtschaftliche Leben möglicherweise lahmlegen würde.
Mit Blick auf Herne wäre ein Dieselfahrverbot eine Konterkarierung der Strategie, sich als Logistikstandort zu etablieren, so Erlhöfer. Die emissionsfreie City-Logistik sei ein guter Ansatz, der in Zukunft weiter verfolgt werden sollte.