Herne. Einmal in der Woche trifft sich im Opel-Museum an der Riemker Straße der Stammtisch. Das dauernde Ringen um die Zukunft des Autohauses hat bei den Opelanern tiefe Spuren hinterlassen.
Einmal in der Woche treffen sie sich. Immer donnerstags abends, auf ein Bierchen oder einfach nur wegen der Gesellschaft. Aus Herne, aber auch aus den umliegenden Städten kommen sie in ihr Klubheim im Opel-Museum an der Riemker Straße. Alle sind sie Opel-Fans und vor allem Oldtimer-Liebhaber, manche von ihnen haben selbst viele Jahre bei Opel gearbeitet oder dort ihre Lehre gemacht. Sie wissen, dass sie selber recht wenig ausrichten können beim Ringen um Opel, die endgültigen Entscheidungen werden schließlich in der Chefetage getroffen. Trotzdem ist Opels ungewisse Zukunft das Gesprächsthema – wenn auch nur eines unter vielen.
"Wir hatten Zukunft"
„Selbstverständlich reden wir über das Thema”, sagt Horst Wiggeshoff (76). „Aber wir haben ja doch keinen Einfluss auf das, was GM macht.” Der Rentner war 30 Jahre lang als Werkzeugmacher bei Opel beschäftigt. Für ihn war das ein sehr wichtiger Lebensabschnitt. Er und der ehemalige Schlepper- und Staplerfahrer Wilfried Paschen (67), der sogar 40 Jahre im Dienst war, haben gerne bei Opel gearbeitet. „Sonst hätten wir ja einfach wechseln können.”
Hinhaltetaktik
Die Situation sei damals eine ganz andere gewesen als heute, das wissen beide. „Insgesamt war die Zeit, in der wir bei Opel waren, eigentlich ganz gut. Damals waren unsere Arbeitsplätze sicher. Wir hatten Zukunft”, so Horst Wiggeshoff. „Heute ist das leider ganz anders.” Der ehemalige Opel-Mitarbeiter vermutet hinter dem ewigen Hin und Her der GM-Spitze eine Hinhaltetaktik – die leider auf dem Rücken der Belegschaft ausgetragen werde. Sein Mitgefühl gilt den Opelanern. Er wünscht ihnen Kraft und Durchhaltevermögen. „Natürlich wünschen wir uns, dass die Belegschaft ihre Arbeit behalten kann und die Werke nicht schließen”, sagt Horst Wiggeshoff.
Die vielen Fragen, die Ungewissheit – dies alles zerre an den Nerven und an der Gesundheit. „Und das auch noch vor Weihnachten.” Wilfried Paschen macht die ganze Angelegenheit wütend. Er schüttelt den Kopf: „Den Opelanern sollte Schmerzensgeld gezahlt werden.”
Schleichender Stellenabbau
Schon lange hätten sich die Bedingungen bei Opel verschlechtert. Schleichender Stellenabbau, den man erst gar nicht bemerkt habe, weil wegfallende Stellen einfach nicht neu besetzt würden, weniger Zuschlagszahlungen für Nacht- und Sonntagsschichten. „Ich bin 2007 in Rente gegangen”, sagt Paschen. „Da wurden Sonntage schon nicht mehr bezahlt, sondern mussten als Überstunden abgefeiert werden.” Und die Bedingungen seien immer schlimmer geworden. „Die müssen richtig bluten”, so kommentiert er das Stichwort Lohnverzicht.
"Bei GM sollen sie endlich Gas geben"
Das Tragische daran sei, dass die Opelarbeiter auf dem Arbeitsmarkt wenig Perspektiven hätten, sollte die Werke in Deutschland nicht gerettet werden können.
Doch ob eine Rettung von Opel noch möglich ist, das scheint heute ungewisser denn je. Seit nach monatelangem Hickhack vor wenigen Tagen bekannt wurde, dass General Motors den geplanten Deal mit dem russischen Zulieferer Magna abgeblasen hat, ist die Stimmung am Stammtisch geladen. „Was das für jeden einzelnen bedeutet, ist unvorstellbar”, so Hilmar Born vom Opel-Museum. „Bei GM sollen sie endlich Gas geben und sagen, was Sache ist.”