Herne. . Die Herner Kreishandwerkerschaft plant einen Runden Tisch, um den Kampf gegen die Schwarzarbeit besser zu koordinieren. Bislang gebe es Defizite.
- Schwarzarbeit sei ein Phänomen, bei dem alle Beteiligten nur Nachteile haben
- Bislang arbeiten die verschiedenen Akteure nebeneinander her statt zu kooperieren
- Bei der Stadt Herne beschäftigt sich ein dreiköpfiges Team mit der Bekämpfung der Schwarzarbeit
Die Kreishandwerkerschaft (KH) verstärkt ihre Bemühungen gegen die Schwarzarbeit. Dazu will KH-Geschäftsführer Martin Klinger alle Beteiligten an einem runden Tisch versammeln, um die Möglichkeiten der Kooperation auszuloten. Das kündigte Klinger im Gespräch mit der WAZ-Redaktion an.
Schwarzarbeit, so Klinger, sei ein Phänomen, bei dem alle nur Nachteile haben: Die Auftraggeber haben keinen Anspruch auf Fertigstellung der Arbeit oder die Möglichkeit der Reklamation. Arbeitnehmer müssten unter dem Mindestlohn arbeiten und würden ausgebeutet - gerade, wenn Subunternehmen beteiligt seien. Darüber hinaus werde der Arbeitsschutz vernachlässigt, schließlich werde die Gesellschaft insgesamt geschädigt, weil ihr Steuern und Sozialabgaben vorenthalten würden. Klinger: „Schwarzarbeit ist kein Kavaliersdelikt, wir brauchen eine Kultur des Hinschauens.“
Tipp-Geber erhalten keine Rückmeldung
Bislang liefe der Kampf gegen die Schwarzarbeit weitgehend unkoordiniert. So achte die Berufsgenossenschaft bei ihren Kontrollen auf die Einhaltung der Arbeitsschutzrichtlinien, gebe aber keine Anzeichen auf Schwarzarbeit an Zoll oder Ordnungsämter der Städte weiter. Würden Hinweise gegeben, erhielten die Tipp-Geber mit dem Hinweis auf den Datenschutz keine Rückmeldung, ob Schritte eingeleitet wurden.
71 Bußgeldverfahren in Herne bislang in 2017
Statt nebeneinander her zu arbeiten, sollen alle Beteiligten kooperieren - und die sind zahlreich: Handwerkskammer, Stadt, Zoll, Berufsgenossenschaft, Gewerkschaften, aber auch die Steuer- und Arbeitsverwaltungen, Krankenkassen und Ausländerbehörden.
Die Stadt Herne zeigt sich auf Nachfrage der WAZ-Redaktion sehr offen für einen Runden Tisch. „Da machen wir gerne mit“, so Sprecher Horst Martens. Bei der Stadt beschäftigt sich im Fachbereich öffentliche Ordnung ein dreiköpfiges Team mit der Bekämpfung der Schwarzarbeit. Offenbar mit Erfolg: In diesem Jahr seien bislang 71 Bußgeldverfahren eingeleitet worden, rund 490 000 Euro seien auf diese Weise in die Stadtkasse geflossen, so Martens.
Höherer Stellenwert für Kampf gegen Schwarzarbeit
Nikolaus Bley stellt Herne angesichts dieser Zahlen ein gutes Zeugnis aus. Er ist Projektleiter des „Bündnisses zur Bekämpfung von Schwarzarbeit“, das der DGB und die Handwerksammer Münster gemeinsam in der Emscher-Lippe-Region (u.a. Gelsenkirchen, Bottrop und der Kreis Recklinghausen) aufgelegt haben. Bley hat bereits vor einigen Wochen die Herner Innungen für das Thema sensibilisiert. Andere Städte zeigten deutlich weniger Elan als Herne, weiß er. „Das Bewusstsein für dieses Problem ist unterschiedlich ausgebildet.“ Mit dem Projekt sollen die Akteure überzeugt werden, dass die Bekämpfung der Schwarzarbeit einen höheren Stellenwert bekommt. Herne sei mit dem Runden Tisch eine der ersten Städte, die konkrete Schritte unternimmt und spiele eine Vorreiterrolle.
>> IG BAU KRITISIERT „GELEGENHEITSVISITEN“
Die Industriegewerkschaft Bauen Agrar Umwelt (IG BAU) kritisiert im Zusammenhang mit dem Problem der Schwarzarbeit, dass es im vergangenen Jahr im Bereich des Hauptzollamts Dortmund - zu dem Herne zählt - nur 440 Prüfungen von Baubetrieben gegeben habe. Das seien 17 Prozent weniger als 2015 und sogar 42 Prozent weniger als 2014.
IG BAU-Bezirks-Chefin Gabriele Henter spricht von „Gelegenheitsvisiten“. Bauunternehmen (99 gibt es laut IG BAU in Herne) könnten sich ausrechnen, dass der Zoll ihnen nur alle paar Jahre auf die Finger schaut.