Herne. . Das Ausbildungsjahr biegt auf die Zielgerade ein. Für die Bewerber gibt es noch offene Stellen. Manche sind unbekannt, manche unbeliebt.

  • Lauing Plastic Technology bietet eine Ausbildung bei einem Weltmarktführer
  • Friseurmeister Thomas Fryder ärgert sich über das schlechte Image seines Berufs
  • Lukas Steden wird Fleischer. Er liebt den Beruf trotz mancher vermeintlicher Nachteile

Das Ausbildungsjahr ist auf die Zielgerade eingebogen. Doch schon vor dem Endspurt steht fest: Nicht alle Bewerber werden ihr Ziel erreichen, für eine Reihe von jungen Menschen bleibt die Suche nach einer Lehrstelle erfolglos. Es gibt nach wie vor mehr Bewerber als Ausbildungsplätze. Allerdings: Es gibt auch Unternehmen, die ohne Erfolg nach Azubis Ausschau gehalten haben. Die WAZ hat sich unbeliebte und unbekannte Ausbildungsberufe angeschaut.

80 Prozent aller Auskleidungen weltweit macht Lauing

„Verfahrensmechaniker Kunststoff-/Kautschuktechnik, Fachrichtung Bauteile“. Wenn ein Ausbildungsberuf diese Bezeichnung trägt, ist es kein Wunder, dass sich der Bekanntheitsgrad bei Schulabgängern in eng gesteckten Grenzen hält. Stapel mit Bewerbungen wachsen auf dem Schreibtisch von Peter Köhler jedenfalls nicht in die Höhe. Köhler ist Geschäftsführer der Lauing Plastic Technology GmbH an der Castroper Straße. „Die Leute wissen einfach nicht, was dahinter steckt und was für Möglichkeiten dieser Beruf bietet“, kommentiert Köhler die Tatsache, dass er den Ausbildungsplatz bislang noch nicht besetzen konnte. Es bieten sich Möglichkeiten weltweit, wie sich noch zeigen wird.

Lukas Steden steht kurz vor dem Abschluss seiner Ausbildung bei der Fleischerei Schmidt in Holsterhausen.
Lukas Steden steht kurz vor dem Abschluss seiner Ausbildung bei der Fleischerei Schmidt in Holsterhausen. © Ralph Bodemer

Köhler bezeichnet das Unternehmen als klassischen Handwerksbetrieb im industriellen Sektor. Lauing baut mit technischen Kunststoffen Rohrleitungen, Behälter oder Apparate. Kunststoffe, so skizziert es Köhler, kommen immer dort zum Einsatz, wo Metalle sich nicht mehr eignen, weil die Stoffe in den Rohren oder Behältern Korrosion auslösen können. Einsatzgebiete sind Chemiewerke, Deponien oder Kraftwerke.

Noten der Kernfächer sollten stimmen

Die Spezialität von Lauing sind Kunststoffauskleidungen. Die Fachkräfte aus Herne kleiden Rauchgaskanäle mit besonderen Folien aus, da selbst Edelstahl sehr schnell von den Abgasen angegriffen wird. Die Kunststoffe widerstehen den ätzenden und heißen Abgasen. Mit diesen besonderen Fähigkeiten ist Lauing das, was man einen Hidden Champion nennt. „80 Prozent aller Auskleidungen weltweit machen wir“, sagt Köhler.

Der Weltmarktführer beschäftigt heute rund 65 Mitarbeiter, „wir bilden für den eigenen Bedarf aus“, betont Köhler, der das Unternehmen 1996 mit seinem Partner Klaus Franz übernommen hat. Bewerber müssten vor allem Freude an der Arbeit haben, die Noten in den Kernfächern Mathe und Deutsch sollten stimmen, weil die Fachkräfte einerseits Kunststoffmischungen herstellen und sich andererseits mit Kunden unterhalten können sollten.

Friseur: Kreativ, abwechslungsreich, Kundenkontakt

© Ralph Bodemer

Es gehört zu den Berufsbildern, die keinen guten Ruf genießen: Friseur. Die Gründe dafür mögen vielschichtig sein. Ungünstige Arbeitszeiten, schlechte Bezahlung, aber auch die Vermutung, dass in manchen Betrieben der Meisterzwang großzügig interpretiert wird. Deshalb hält Friseurmeister Thomas Fryder einen flammenden Appell für seinen Berufsstand. Friseur, das ist für ihn ein Traumjob. „Der Beruf ist kreativ, abwechslungsreich, man hat einen intensiven Kontakt zu den Kunden“, sagt Fryder. Die Arbeitszeiten seien normal und lägen bei 39,5 Stunden in der Woche, flexible Jobmodelle seien möglich. Der Wiedereinstieg nach Schwangerschaft sei kein Problem, sei es Vollzeit oder Teilzeit. Die Bezahlung liege deutlich über dem gesetzlichen Mindestlohn. Dazu kämen jede Menge Karrierechancen und Fortbildungen. Sechs Mal im Jahr besuchten Fachtrainer den Salon an der Königstraße in Eickel.

So viele Dinge stehen auf der Positivseite – dennoch hat Fryder seit einigen Jahren keinen Azubi mehr begrüßen können. Dabei tut er alles, um präsent für potenzielle Interessenten zu sein. Der Salon hat seine eigene Internetpräsenz, ist bei Facebook aktiv, Fryder hat sich an den Girls- und Boys-Days beteiligt. Doch die Suche nach Nachwuchs war erfolglos. Dabei gibt es offenbar Interesse. Bei der Agentur für Arbeit haben rund 40 Kunden und Kundinnen sich für den Friseurberuf vormerken lassen. Allerdings auch für andere Berufe...

Fleischer - für Lukas Steden der Traumberuf

Wer könnte eigentlich besser für einen Ausbildungsberuf werben als ein Azubi selbst? Lukas Steden zum Beispiel. Er steht bei der Fleischerei Schmidt in Holsterhausen kurz vor dem Abschluss zum Fleischer.

Steden hat auf einem kleinen Umweg zu seinem Traumberuf gefunden. Nach dem Abitur hatte er studiert, um Lehrer zu werden. Doch irgendwann ist der heute 27-Jährige Richtung Fleischer abgebogen. Es ist eine erstaunliche Wendung, denn auch dieser Beruf gehört in die Kategorie: unbeliebt. Es gibt einige Gründe für die Abneigung. Die Nacht endet sehr früh – wenn die ersten Frühstückskunden um 5 Uhr kommen, muss das Mett fürs Brötchen fertig sein. Außerdem ist der Job körperlich anstrengend, im Winter kann es sehr kalt werden in der Wurstküche, im Sommer heiß.

Die Abneigung könne auch damit zu tun haben, dass manche Menschen nicht gerne Fleisch anfassen, so Tobias Schmidt – als 23-jähriger Meister hat er Steden ausgebildet. Manche wüssten womöglich gar nicht, dass Wurst aus einem Tier hergestellt wird.

Steden wusste es. Er hat schon bei Bauernhof-Urlauben Schlachtungen erlebt. Er hat seinen Traumberuf gefunden – und wird nach seiner Prüfung von Schmidt übernommen.

>> TIPPS FÜR BETRIEBE UND BEWERBER

Laut Agentur für Arbeit sind die aktuellen Top-Ausbildungswunschberufe: Kaufmann - Büromanagement, Verkäufer bzw. Kaufmann im Einzelhandel, Medizinischer Fachangestellter, Kfz-Mechatroniker. Außerdem seien der Fachlagerist, der Industriekaufmann und der Industriemechaniker beliebt, teilt Angela Broghammer vom Arbeitgeberservice mit.


Unternehmen, die einen freien Ausbildungsplatz haben, erreichen ihren persönlichen Ansprechpartner im Arbeitgeber-Service über die kostenfreie Servicenummer 0800 4 5555 20.

Jugendliche, die einen Ausbildungsplatz suchen, vereinbaren einen Termin bei der Berufsberatung unter der kostenfreien Servicenummer 0800 4 5555 00 oder kommen einfach in ihre Arbeitsagentur.

Linktipps für Bewerberinnen und Bewerber, Eltern, Lehrer und Unternehmen: www.jobboerse.arbeitsagentur.de (Jobbörse für Ausbildungsstellen); www.planet-beruf.de (Bewerbungshilfen, Expertentipps); www.berufe.tv; www.berufenet.arbeitsagentur.de; http://dasbringtmichweiter.de