Herne. . Schüler des Pestalozzi-Gymnasiums lernen in verschiedenen Workshops die Herausforderungen des Internets und der sozialen Medien kennen.
- Deutschland hinkt bei vielen Aspekten der digitalen Bildung hinterher, sagt ein junger Medienschaffender
- Langfristige Ziel ist es unter anderem, digitale Themen in den Lehrplan zu integrieren
- Schüler wissen auch in Herne wenig über Sicherheit und Datenschutz im Internet
Weißes Oberteil vor dunkelroter Wand: „Ein echter Eyecatcher“, meint Isabella Skoczek (17), als sie das Foto präsentiert, das sie gerade von ihrer Freundin gemacht hat. Fehlt nur noch eine Kleinigkeit, bevor es online gehen kann: #fashion, #model, #redwall. Je mehr Hashtags, desto mehr Likes. Aber: Es müssen die richtigen Hashtags sein. Das haben die Schülerinnen des Pestalozzi-Gymnasiums gerade im Instagram-Workshop gelernt.
Im Rahmen des Smart Camps besuchen die Elftklässler drei Tage lang verschiedene Workshops, um mehr über Social Media, alternative Präsentationsformen und die Herausforderungen des Internets zu erfahren. Der Anlass liegt auf der Hand: „Deutschland hinkt in vielen Aspekten bei der digitalen Bildung hinterher“, sagt Benedikt Schwerdtfeger vom Social-Impact Start-up BG3000, das das Projekt gemeinsam mit der Konrad-Adenauer-Stiftung organisiert. In Herne läuft es unter der Schirmherrschaft von Paul Ziemiak, dem Bundes-Vorsitzenden der Jungen Union.
Ausbeutung im Internet ist nicht unüblich
Über das langfristige Ziel, digitale Themen in den Lehrplan zu integrieren, sind sich Start-up, Stiftung, Schule und Politik einig. Jetzt ersetzen Kameras und Smartphones aber erst einmal für einige Stunden die Lehrbücher, statt Lehrern stehen nun erfolgreiche junge Medienschaffende wie der YouTuber Julian „Julez“ Weißbach vor der Klasse. Mit rund 50 000 Abonnenten ist er Profi auf seinem Gebiet. Der 26-Jährige erzählt von seiner Zeit beim erfolgreichen YouTube-Kanal „Ponk“, den die Jugendlichen bejubeln, und gibt weniger gelungene Videos aus seinen Anfängen preis - betont aber auch, dass das Internet mehr als nur Zeitvertreib ist: „Das ist ein Business!“ Ausbeutung sei nicht unüblich, als Zuschauer solle man vor allem Produktplatzierungen kritisch betrachten.
Zuletzt schreiben die Schüler ihr eigenes kurzes Drehbuch für einen Sketch, drehen und bewerten die Videos später. „Die Jugendlichen können sich hier ausprobieren und bekommen eine ganz neue Selbstwahrnehmung, wenn sie sich selbst auf dem Bildschirm sehen“, sagt Weißbach.
Digitale Existenzgründung ist ein Thema für Schüler
Auch mit versteckteren Themen wie Datenschutz und Hasskommentaren müssen sich die Schüler auseinandersetzen. „Ich wusste gar nicht, dass man so schnell gehackt werden kann“, erzählt Ronja Kusch (17) nach einer Veranstaltung mit Chris Wojzechowski vom Institut für Internet-Sicherheit. „Ich werde mich jetzt wahrscheinlich anders im Netz bewegen.“
Schulleiter Volker Gößling ist der Workshop zur Existenzgründung ein wichtiges Anliegen: „Was die Schüler hier lernen, können sie sicher in Verbindung mit unseren Schülerfirmen bringen.“ Ein digitales Start-up würde er sich für das Pestalozzi-Gymnasium wünschen.
Im Instagram-Workshop lernen die Schüler indes noch mehr über Reichweite, Bildbearbeitung und die richtige Balance zwischen sozialen Medien und realer Welt. „Jedes Thema und Interesse kann man online umsetzen“, sagt Kursleiter und Instagrammer Michael Bednorz (23). „Man muss sich nur ein Limit setzen, damit es nicht zu viel wird.“
Die Schüler sammeln ihre Fotos später tatsächlich online unter dem Hashtag #SmartcampAmPG. Auch das Foto von Isabella ist dabei - mit vielen weiteren Hashtags.