herne. Im September 2017 tritt Paul Ziemiak (31) für die Herner CDU bei der Bundestagswahl an. Ein Interview mit dem Bundes-Chef der Jungen Union.
- Paul Ziemiak will für Herner CDU bei der Bundestagswahl das Direktmandat holen
- Bundesvorsitzender der CDU wünscht sich Koalition mit der FDP
- Polit-Import aus Iserlohn lobt Zusammenarbeit in Herner CDU
Mit dem Iserlohner „Import“ Paul Ziemiak (31) als Direktkandidat wird die CDU im September 2017 bei der Bundestagswahl antreten. Der Bundesvorsitzende der Jungen Union stand bei einem Redaktionsbesuch den WAZ-Redakteuren Lars-Oliver Christoph und Tobias Bolsmann Rede und Antwort.
In knapp zehn Monaten treten Sie bei der Bundestagswahl für die Herner CDU gegen Michelle Müntefering von der SPD an. Setzen Sie auf Sieg oder auf ein achtbares Ergebnis?
Paul Ziemiak: Ich setze auf Sieg. Mein Ziel lautet: Ich möchte in Herne die meisten Erststimmen für die CDU erringen und dafür sorgen, dass Angela Merkel als Bundeskanzlerin bleibt.
Michelle Müntefering hatte 2013 als siegreiche SPD-Direktkandidatin 18,3 Prozent Vorsprung auf die damalige CDU-Kandidatin Ingrid Fischbach, die in Herne fest verwurzelt ist und großen Respekt genießt. Ist es da nicht etwas vermessen, an einen Sieg zu glauben?
Nein. Natürlich ist das eine große Herausforderung. Ich glaube aber, dass wir als Union und ich als Person die besseren Konzepte haben. Und ich habe das Gefühl, dass die Menschen hier vor Ort Veränderung wollen.
Chancen über die CDU-Landesliste
Wenn es nicht klappen sollte mit dem Direktmandat, müssten Sie für einen Einzug in den Bundestag auf die CDU-Landesliste setzen. Es heißt, Ihre Chancen stehen hier sehr gut. Können Sie das bestätigen?
Die Landesliste muss ja erst noch aufgestellt werden. Doch wenn ich zurückblicke, dann hatten die Bundesvorsitzenden der Jungen Union immer gute Plätze. Es ist ein Aushängeschild für eine Partei, wenn junge Menschen antreten. Man muss aber unabhängig vom Listenplatz im Wahlkreis das Beste herausholen und alles geben.
Wie wollen Sie die Herner und Wanne-Eickeler denn davon überzeugen, dass ein Polit-Import der CDU aus Iserlohn sie künftig im Bundestag vertreten soll?
Es geht nicht darum, dort Geschichten mit Lokalkolorit zu erzählen. Sondern man muss sagen, was man konkret verändern will. Ich komme aus einer anderen Region und kann deshalb die Dinge von außen betrachten. Das ist ein großer Vorteil. Ich war zum Beispiel jüngst mit der Bundespolizei in Herne und Umgebung unterwegs und habe erfahren, wie wenig Beamte hier im Einsatz sind. Die Innere Sicherheit ist den Menschen sehr wichtig. Ich habe aber noch nie gehört, dass die Präsenz der Bundespolizei von der SPD angesprochen worden ist. Das muss sich ändern. Ich werde dafür kämpfen, dass an Brennpunkten mehr Bundespolizisten eingesetzt werden.
Wunschkoalition Schwarz-Gelb
Frau Müntefering hat jüngst erklärt, dass sie in Sachen Große Koalition den Kaffee auf habe. Sehen Sie das auch so?
Ja, aber ich will im Gegensatz zu Frau Müntefering nicht, dass Rot-Rot-Grün in Deutschland regiert.
Sondern?
Es ist wichtig, dass Unterschiede in der Politik sichtbar werden. Deshalb wünsche ich mir eine Koalition mit der FDP. Das Wichtigste ist für uns aber, dass es keine Regierungsbildung ohne die CDU gibt.
Halten Sie Schwarz-Gelb denn für realistisch?
Die FDP hat einige gute Ansätze, auch wenn mir manche Forderungen zu weit gehen. Die CDU wäre bei der FDP das soziale Korrektiv. Ich gehöre nicht zu denen, die sagen: Der Markt soll alles regeln. Wir brauchen nicht nur Freiheit, sondern auch Solidarität in unserer Gesellschaft.
Hätten Sie Probleme mit einer schwarz-grünen Koalition?
Mit den Grünen würden wir einige Punkte hinbekommen wie zum Beispiel „Green Business“ oder Elektromobilität. Aber die Grünen sind eine Gefahr für eine starke Industrie und damit für die Arbeitsplätze im Ruhrgebiet.
Lob für die Zusammenarbeit in der CDU
Sie sind vor fünf Monaten von der CDU für Herne-Bochum II nominiert worden. Hatten Sie inzwischen Gelegenheit, den Wahlkreis besser kennenzulernen?
Ich war in den vergangenen Monaten viel in Herne, Wanne-Eickel und Bochum unterwegs. Wenn man fragt, was man in Berlin gesehen haben muss, nennt man Ihnen das Brandenburger Tor oder den Reichstag. Das ist hier anders. Wenn Sie Herne kennenlernen wollen, können Sie nicht einfach den Stadtplan nehmen. Das Besondere sind die Menschen und die Geschichten, die sie erzählen. Es gibt viele unterschiedliche Geschichten, trotzdem haben die hier lebenden Menschen eine gemeinsame Identität. Natürlich gibt es auch wunderbare Ecken. Herne hat schon Einiges zu bieten. Wenn ich an die Siedlung Teutoburgia denke - wie toll man hier wohnen kann. Oder die Landesakademie Mont Cenis – das ist doch grandios. Davon brauchen wir mehr.
Hernes CDU-Vize Timon Radicke ist Ihr Wahlkampfleiter. Wird es ein Ein-Mann-Team werden oder werden Sie ein größeres Team auf die Beine stellen können?
Ich freue mich, dass Timon Radicke sich bereit erklärt hat, diese Aufgabe ehrenamtlich zu übernehmen. Es macht viel Spaß. Es wird im Wahlkampf aber ein großes Team geben. Die Zusammenarbeit in der Herner CDU ist ausgezeichnet.
>> INFO: ZUR PERSON
Paul Ziemiak ist in Stettin (Polen) geboren und zog 1988 mit seinen Eltern nach Iserlohn.
1999 trat er in die Junge Union und zwei Jahre später in die CDU ein. Seit 2011 ist er Vorsitzender der Christdemokraten in Iserlohn; außerdem ist er Mitglied der CDU-Ratsfraktion.
Vor zwei Jahren setzte sich Ziemiak in der Jungen Union in einer Kampfabstimmung durch und wurde Bundesvorsitzender.
Paul Ziemiak brach sein Jura-Studium ab und arbeitet zurzeit in einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Düsseldorf.
Merkel und der Mond
Richtig oder falsch? Paul Ziemiak muss sich entscheiden.
Vor meiner Kandidatur in Herne habe ich beim „Mond von Wanne-Eickel“ eher an den Himmel als an Hochprozentiges gedacht.
Paul Ziemiak: Richtig. Man muss sich mit dem Lokalkolorit ja erst vertraut machen (lacht).
Ich unterstütze die Forderung der CSU nach einer Obergrenze für Flüchtlinge.
Falsch.
2015 haben Sie die Obergrenze aber noch selbst gefordert.
Richtig. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass nicht unbegrenzt Menschen wie im Jahr 2015 nach Deutschland kommen können. Das darf sich nicht wiederholen. Ich sage aber: Wir haben jetzt ein anderes Problem, weil 2016 bisher weniger als 300 000 Flüchtlinge gekommen sind. Jetzt geht es um Abschiebung, darüber müssen wir reden.
Angela Merkels erneute Kanzlerkandidatur ist nur deshalb parteiintern unumstritten, weil es keine Alternative gibt.
Falsch. Sie ist in diesen Zeiten genau die richtige Kanzlerin.
Ich kämpfe um jeden AfD-Wähler.
Richtig. Wir dürfen die Menschen, die berechtigte Sorgen haben, nicht in eine rechte Ecke stellen, sondern müssen um ihr Vertrauen werben.