Nach der Fastenzeit steht mit Ostern ein kalorienreiches Fest an: Schoko-Hasen und hartgekochte Eier. Kein Problem aus Mediziner-Sicht.

So, den heutigen Samstag noch überstehen, dann ist die Fastenzeit vorüber. Fasten beschränkt sich ja längst nicht mehr allein auf den Verzicht von Fleisch, wer sich heutzutage noch zum Fasten durchringen kann, wählt Dinge, die er gerne mag. Etwa das Smartphone - seit einigen Jahren existiert der Begriff des digitalen Fastens. Gut möglich, dass Jugendliche mehr Probleme damit haben, 40 Tage lang kein Whatsapp und Instagram zu konsumieren, als Schokolade.

Was zurück zur Ernährung führt. Prof. Timm Westhoff, Klinikdirektor der Medizinischen Klinik I am Marien Hospital Herne, die zertifiziertes Diabeteszentrum ist, hat als Ernährungsexperte folgende Sicht auf die Fastenzeit: „Wenn etwas nachhaltig sein soll, dann sollte es allgemein und langfristig angelegt sein.“

Ausgewogene Ernährung ist wichtig

Doch wie ist die Sicht des Experten auf die kommenden Feiertage, die ja reichlich Gelegenheit bieten, den Cholesterinspiegel und den Blutzuckerspiegel auf Hochglanz zu polieren? Westhoff spricht den Osterhasen frei.

Schoko-Osterhasen am laufenden Band? Aus medizinischer Sicht unbedenklich - wenn es eine Ausnahme bleibt.
Schoko-Osterhasen am laufenden Band? Aus medizinischer Sicht unbedenklich - wenn es eine Ausnahme bleibt. © Patrick Pleul

Es spreche nichts dagegen, zum Osterfest das eine oder andere hartgekochte Ei zu verdrücken. Die Cholesterinwerte würden viel weniger über das Essen beeinflusst als man früher gedacht hat.

Auch in Sachen Zucker gibt Westhoff Entwarnung: „Sich bei ansonsten ausgewogener Ernährung an den Ostertagen einen Diabetes anzuessen, ist nicht möglich. Nicht einmal, wenn man der gesamten Familie heimlich die Schokoladeneier stibitzen würde.“

Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Diabetes. Typ I entsteht schon in relativ jungen Jahren. Dabei reagiert der Körper gegen die eigenen Zellen, die Insulin produzieren. Ernährung und Zuckerkonsum haben hier keinen Einfluss. Typ II hängt dagegen erheblich vom Lebenswandel ab. Übergewicht spielt hier eine Hauptrolle. 80 Prozent aller Diabetiker sind übergewichtig, und wer über einen langen Zeitraum viel Zucker zu sich nimmt, kann übergewichtig werden. Mit ernstzunehmenden Folgen. Der „Wohlstandsbauch“ kann eine Reihe von Krankheiten auslösen. „Herzkreislauferkrankungen stehen bei der Sterblichkeit an der Spitze“, so Westhoff.

Diabetiker: Kleine Sünden sind erlaubt

Stellt sich die Frage: Wieviel ist viel? Westhoffs Antwort fällt detailliert aus. Weniger als zehn Prozent des täglichen Kalorienbedarfs sollte ein Mensch durch sogenannte „freie Zucker“ decken. Ausgenommen ist davon jener Zucker, der in Obst oder Gemüse steckt. „Für diese sind keine negativen Gesundheitswirkungen bekannt“, so Westhoff. Die 10-Prozent-Empfehlung entspricht etwa 50 Gramm Zucker. Die sind recht schnell erreicht, zum Beispiel mit zwei Gläsern Apfelsaft. Zumal Zucker ja in vielen anderen Lebensmitteln steckt. 200 Gramm Fruchtjoghurt enthalten schon 25 Gramm Zucker, also die halbe Tagesdosis. Und wer gerne Tomaten-Ketchup über seine Nudeln oder Pommes träufelt, Vorsicht! Ein Teelöffel enthält vier Gramm Zucker. Ganz zu schweigen von Limonaden... Doch zu Ostern könne die empfohlene Menge ruhig überschritten werden. „So lange es nicht zur täglichen Gewohnheit wird.“

Und wenn jemand bereits Diabetes hat? Der muss auch nicht trauernd zuschauen, wenn Freunde und Verwandte schlemmen, in der Medizin hat ein Wandel stattgefunden. „Früher war man sehr streng bei den Diätvorschriften für Diabetiker. Von Schoko-Eiern hat man in der Vergangenheit kategorisch abgeraten“, so Westhoff. Doch dieser Ansatz sei überholt. Selbstverständlich sollten Diabetiker Zurückhaltung an den Tag legen, „aber gelegentliche kleine Sünden sind erlaubt“.

>> KEINE „DIABETIKERPRODUKTE“ MEHR

Schoko-Osterhasen oder Schoko-Eier für Diabetiker sind inzwischen aus den Regalen des Lebensmittelhandels verschwunden. Der Grund: Seit Ende 2012 dürfen Lebensmittel nicht mehr als „Diabetikerprodukte“ deklariert werden.

„Das hängt mit unserem Wissenszuwachs in den vergangenen Jahrzehnten zusammen“, erläutert Prof. Timm Westhoff. In der Tat steige der Blutzucker nach dem Verzehr von Diabetikerprodukten, die die sogenannten „Zuckeraustauschstoffen“ enthalten, etwas langsamer an. Diese Produkte enthielten aber mitunter mehr Fette und Kalorien, was gerade für die Typ-2-Diabetiker unerwünscht war.

Das Verbot der Kennzeichnung als „Diabetikerprodukt“ soll den V erbraucher davor schützen, dem Irrtum zu erliegen, dass man diese Lebensmittel ohne Konsequenz für die Therapie verzehren kann.