Herne. Klinikdirektor Timm Westhoff hat zahlreiche Studien gesichtet und kommt zu dem Ergebnis, dass die braune Bohne viele positive Wirkungen hat.
- Klinikdirektor spricht der braunen Bohne viele positive Eigenschaften zu
- Einstufung von Kaffee als krebserregend scheint überholt
- Timm Westhoff hält bis zu sechs Tassen Kaffee pro Tag für unbedenklich
Kaffee ist der Deutschen Lieblingsgetränk. Was erstaunt, sitzt der Kaffee doch seit Jahrhunderten quasi auf der „Anklagebank“. Ihm werden gesundheitsschädliche Wirkungen nachgesagt, Karl Gottlieb Hering dichtete in seinem Volkslied: „Nicht für Kinder ist der Türkentrank, schwächt die Nerven, macht dich blass und krank.“ Doch die braune Bohne hat viele positive Eigenschaften. Professor Timm Westhoff, Klinikdirektor am Marien Hospital Herne, hat für die WAZ aus Anlass des heutigen Tages des Kaffees zahlreiche Studien unter die Lupe genommen. Das Ergebnis ist ein Freispruch. Westhoff bezeichnet Kaffee mit seinen Wirkungen als eine Art Wunderwaffe.
Beim Blick in die Historie hat Westhoff festgestellt, dass Kaffee schon zu Beginn des 18. Jahrhunderts verdauungsfördernde, vitalisierende und eine harntreibende Wirkung nachgesagt wurde. Dies könne man inzwischen bestätigen und wissenschaftlich erklären. Bei den Studien sei zu beachten, dass es sich zwar um sogenannte Beobachtungsstudien handelt, bei denen andere Einflüsse das Resultat beeinflussen können, da jedoch verschiedene Arbeitsgruppen bei ihren Studien zu ähnlichen Ergebnissen gekommen sind, würde dies die Befunde erhärten.
Kaffee beim Thema Herzinfarkt entlastet
Die gilt zum Beispiel für den Effekt bei Krebs. „Das Ursache-Wirkungs-Prinzip ist nicht gesichert, aber bei Leber- und Nierenkrebs gibt es gute Daten, dass er bei Kaffeetrinkern seltener vorkommt“, so Westhoff. Auch für Brust- und Darmkrebs gebe es einige Daten, allerdings scheine der Effekt geringer zu sein. Damit scheint die Einstufung von Kaffee als krebserregend überholt. Positive Effekte werden dem Getränk auch bei Diabetes, Gicht, Morbus Parkinson, Demenz, Asthma oder Leberzirrhose zugeschrieben.
Lange galt Kaffee auch als Verdächtiger bei Erkrankungen am Herz, Bluthochdruck oder Schlaganfällen. Bei letzteren habe 2010 eine finnische Studie mit 60 000 Teilnehmern eine eher schützende Wirkung offenbart. Auch beim Thema Herzinfarkt ist Kaffee entlastet. In einer berühmten Studie, bei der über Jahrzehnte die Bevölkerung eines Dorfs beobachtet wurde, habe sich eher ein Schutzeffekt gezeigt.
Westhoff hat es in seiner täglichen Arbeit sehr häufig mit Patienten zu tun, die unter Bluthochdruck leiden. Viele würden glauben, dass sie auf Kaffee verzichten müssen, doch Westhoff kann ihnen eine frohe Botschaft mitteilen: Sie dürfen sehr wohl Kaffee trinken. Westhoff: „Bis zu drei Tassen sind sicher kein Problem.“
Koffein hält sich fünf Stunden am Tag im Körper
Das ruft die Frage nach der Dosis hervor. Westhoff hält „alles bis zu sechs Tassen am Tag“ für unbedenklich, dies entspricht etwa einer Menge von 400 Milligramm Koffein. Das hält sich etwa fünf Stunden im Körper auf. Die Wirkung könne ja nach Zubereitungsart variieren.
Doch entzieht Kaffee dem Körper nicht wichtige Flüssigkeit? Dieser Glaube ist laut Westhoff genauso überholt wie der Vorwurf, Kaffee sei ein Mineraliendieb. Zwar mögen Menschen etwas Calcium verlieren, doch zwei Teelöffel Milch sorgten schon wieder für einen Ausgleich.
Hat Westhoff bei seinem Plädoyer für den Kaffee gar keine Einschränkungen? Nur wenige! Für Kaffee in der Schwangerschaft gebe es keine einheitlichen Daten, deshalb rät Westhoff von größeren Mengen ab. Und da Kaffee Reaktionszeit und Aufmerksamkeit fördert, hat das IOC einen Grenzwert festgelegt. Athleten, die zu viel trinken und darüber liegen, begehen formal Doping.