Herne. Der mutmaßliche Kindermörder Marcel H. wurde in Herne festgenommen. Er führte die Polizei zu einer weiteren Leiche. Der Tote ist ein junger Mann.
Der mutmaßliche Kindermörder Marcel H. ist gefasst, doch aufatmen kann Herne am Donnerstagabend noch nicht. Denn es gibt einen weiteren Toten, in einer ausgebrannten Wohnung. Schockiert und hilflos warten die Anwohner auf Informationen.
Marcel H. hat sich selbst gestellt, sich ohne Gegenwehr in einem Imbiss in Herne festnehmen lassen und der Polizei und von sich aus den Hinweis auf ein Feuer gegeben. Am Ort des Brandes wurde eine männliche Leiche gefunden. Die Polizei hatte am Abend zunächst von zwei Toten in der Wohnung gesprochen, berichtigte diese Angaben jedoch später.
Motiv von Marcel H. unklar
Völlig unklar war am Donnerstagabend, wer der tote Mann ist und welche Verbindung es zwischen ihm und Marcel H. gibt. Auch am Freitagmorgen gab die Polizei dazu keine Informationen bekannt. Aus der Nachbarschaft hört man, dass der junge Mann erst vor Kurzem in die Wohnung gezogen sei. "Wir wissen nur, dass es sich um einen männlichen Mitbürger unserer Stadt handelt, der noch relativ jung ist", sagte der Herner Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD).
Auch interessant
Ein Sprecher der zuständigen Polizei in Dortmund sagte am späten Abend gegenüber den Ruhrnachrichten, dass die Identität des toten Mannes noch nicht geklärt sei. Die Beamten hoffen, in der Vernehmung des mutmaßlichen Kindermörders Licht ins Dunkle bringen zu können und die Todesumstände des unbekannten Mannes aufzuklären. Ebenso unklar ist bislang das Motiv des 19-Jährigen und ob es weitere Todesopfer gibt.
Herne im Ausnahmezustand
Während Marcel H. nun in Haft sitzt, kehrte in Herne erst spät am Abend wieder etwas Normalität ein. Unmittelbar nach den ersten Meldungen über eine Festnahme war die Stadt in einem Ausnahmezustand. Insbesondere in der Sedanstraße, wo Wohnhäuser aus der Gründerzeit aus der Dunkelheit aufragten. Eines davon, ein hellbeiges, wurde von einem Scheinwerfer der Feuerwehr grell angestrahlt. Dort ist an diesem Donnerstagabend im ersten Stock etwas Schreckliches passiert, berichtet ein Reporter von dpa.
In einer Wohnung hat es einen Brand gegeben, eine männliche Leiche wurde gefunden. Doch was alles noch viel schlimmer macht: Vielleicht ist es kein gewöhnlicher Brand. Vielleicht ist es ein neues Verbrechen. Denn im "Thessaloniki Grill" in der benachbarten Bismarckstraße, keine 300 Meter von dem Brandort entfernt, ist gegen 20.30 Uhr Marcel H. hereingekommen. "Ich bin der Gesuchte", hat er verkündet. Die Beamten dürften zunächst wohl Erleichterung verspürt haben: Endlich, nach drei Tagen, hat sich der mutmaßliche Kindermörder Marcel H. gestellt. Doch dann wurde klar: Das war noch nicht alles. Denn der junge Mann wies sie sogleich auf den Brand in der benachbarten Straße hin.
Rauchspuren über einem der Fenster zeugen von dem Feuer. Ein Teppich hängt heraus. In einem anderen Fenster flattern Vorhänge im Durchzug. Ein türkisfarbener Seidenstoff. Wem mag er gehört haben? Die Polizei weiß es noch nicht.
Herne kommt erst zur Ruhe, wenn die Hintergründe geklärt sind
Eine Frau von Mitte 50 sagt, ja, sie wohne in dem Haus. Die Polizei lässt sie durch die Absperrung. Weiß die Frau, wer in der Wohnung lebte? "Ein junger Mann", ist ihre Antwort. Zwei Wagen der kriminaltechnischen Spurensicherung sind vorgefahren. Spezialisten steigen aus. Viele Anwohner stehen an den Absperrungsbändern. Sie warten auf Informationen.
Was empfinden sie? "Erleichterung", sagt eine 34 Jahre alte Frau. Dann fügt sie hinzu: "Mich macht es traurig, dass er es überhaupt geschafft hat, drei Tage nicht gefunden zu werden. "Eine andere Frau aus der Umgebung sagt: "Man hat Angst um die eigenen Kinder. Er hat das Leben der Eltern zerstört. Es ist krankhaft, was er gemacht hat. Es fehlen einem die Worte."
Ein Mann, 44 Jahre alt, stimmt ihr zu: "Man traut sich ja schon gar nicht mehr, die Kinder alleine rauszulassen."Was hier genau vorgefallen ist, noch weiß es niemand. Der mutmaßliche Täter ist zwar gefasst. Aber bevor die Hintergründe nicht geklärt sind, kommt Herne nicht zur Ruhe. (dpa/sat)