Herne. Wer auf der Straße lebt, hat es im Winter schwer. In der Notunterkunft an der Buschkampstraße suchen derzeit 60 Wohnungslose einen Unterschlupf.
- Auch in Herne gibt es Obdachlose, die auf der Straße leben
- In diesem Winter wurden aber bisher keine von ihnen von Polizei oder Feuerwehr aufgegriffen
- Sie kommen freiwillig in die Notunterkunft an der Buschkampstraße
Wenn es draußen kalt und ungemütlich ist, möchte niemand gerne unnötig lange in der Kälte verweilen. Wenn man allerdings obdachlos ist und keine Bleibe hat, muss man andere Möglichkeiten suchen, wie man warm durch den Winter kommt. Doch wie sieht es in Herne aus? Geht das Konzept der Stadt für Wohnungslose in Zusammenarbeit mit weiteren Organisationen auf?
Es ist kalt an diesem Wintermorgen. Vor dem Gebäude an der Buschkampstraße ist niemand zu sehen. Doch wenn Essenszeit ist, strömen die Menschen aus ihren Zimmern. Wer hier lebt, ist wohnungslos. Die Zimmer dienen als Notunterkunft für diejenigen, die sonst nichts außer ihrem Leben haben. Und das ist bei eisigen Temperaturen gefährdet.
Deshalb kommen sie hierhin. Etwa 60 Obdachlose leben derzeit an der Buschkampstraße. Bis zu 120 Personen können hier aufgenommen werden, bis sie eine dauerhafte Bleibe gefunden haben. Ob Sommer oder Winter, die Anzahl der Wohnungslosen bliebe immer einigermaßen gleich, so die Stadt.
Zusammenarbeit zwischen Institutionen funktioniert
„Die Zahl der Menschen, die im Winter auf der Straße aufgegriffen werden, ist in den vergangenen Jahren gesunken“, sagt Wolfgang Blisse von der ambulanten Suppenküche. Seit mehr als 20 Jahren ist er im „Verein ambulanter Versorgung Wohnungsloser“ aktiv.
In diesem Winter ist ihm gar kein Fall bekannt, wo Obdachlose auf der Straße gefunden wurden. „Die Stadt Herne ist mit ihrem Konzept sehr gut aufgestellt“, lobt Blisse die Vorgehensweise. „Wenn Wohnungslose entdeckt werden, bekommt die Polizei oder die Feuerwehr Bescheid, die sich dann mit uns in Verbindung setzt“, erklärt Blisse.
Die Obdachlosen werden dann in die Unterkunft an der Buschkampstraße gebracht – aber natürlich nur, wenn sie wollen. Doch eine Nacht im Bett ist auch für Wohnungslose besser als die Übernachtung in U-Bahn-Stationen oder auf Luftschächten. Denn dort ist es nicht nur unruhig, sondern auch gefährlich. Diebstahl und Gewaltverbrechen sind keine Ausnahme, wenn man auf der Straße übernachtet.
Bogestra lässt Obdachlose in U-Bahn-Stationen übernachten
Seit mehr als 20 Jahren öffnet die Bogestra ihre U-Bahn-Stationen für Obdachlose. Wer eine Möglichkeit zum Aufwärmen oder gar Übernachten sucht, kann am Herner Bahnhof unterkommen. „Meist sind es aber nur drei bis vier Personen, die wenige Stunden bleiben“, sagt Sandra Bruns von der Bogestra.
Deshalb kommen viele in die Unterkunft an der Buschkampstraße. „Sie dürfen so lange bleiben, bis geklärt ist, aus welchen Verhältnissen sie stammen und welche Leistungen sie beziehen“, erklärt Blisse.
Eine Notunterkunft nur für die Nacht, so wie in anderen Städten üblich, gibt es in Herne nicht. Es gibt warme Mahlzeiten und ein Dach über den Kopf. Allerdings ist nicht alles kostenlos. „Das Frühstück kostet 30 Cent, das Mittagessen 60“, erzählt Wolfgang Blisse. Sollte jemand nachweislicherweise gar kein Geld haben, gäbe es eine Mahlzeit auch umsonst. Beide Mahlzeiten seien reichhaltig. „Jedoch darf kein Essen mit hinaus genommen werden.“
Das Selbstwertgefühl der Menschen erhalten
Ärger oder Streitigkeiten, die in gewalttätigen Auseinandersetzungen endeten, habe es in der Vergangenheit an der Buschkampstraße nicht gegeben. Die Wohnungslosen schätzten die Arbeit vor Ort, die der Verein zum größten Teil durch ehrenamtliche Mitglieder stemmt. Die Philosophie sei, das Selbstwertgefühl der Menschen zu erhalten. „Wenn sie Geld haben, um sich eine Mahlzeit erlauben zu können, schätzen sie sich selbst auch mehr.“
Eine enge Zusammenarbeit besteht auch mit dem ASB, mit dem Marien Hospital Eickel, der Diakonie, dem Sozialdienst katholischer Männer und der Herner Tafel, die zweimal in der Woche Essen an der Buschkampstraße ausgibt. Was von den Lebensmitteln übrig bleibt, geht als Spende an die Suppenküche.
„Die Ausgaben für die Lebensmittel sind in den vergangenen Jahren gestiegen, unsere Einnahmen durch Spenden und Mitgliedserträgen allerdings nicht“, sagt Wolfgang Blisse von der ambulanten Suppenküche. Daher werde es immer schwieriger, alle Wohnungslosen an der Buschkampstraße dauerhaft zu versorgen. „Trotzdem wollen wir weitermachen. Denn auch, wenn jeder Mensch durch Sozialleistungen in Deutschland abgedeckt ist, es wird immer Menschen geben, die ernsthaft unsere Hilfe brauchen. Und die sollen sie auch erhalten.“