Herne/Bochum. Das Experiment kann als geglückt bezeichnet werden: 150 Arbeitslose redeten gestern mit Vertretern von Arbeitsagentur und Jobcenter Klartext.

Das Experiment scheint geglückt zu sein: Die Agentur für Arbeit Herne/Bochum hatte - als erste bundesweit - Arbeitslose eingeladen, ganz ungefiltert Klartext zu sprechen. Sie sollten außerhalb eines Büros in der Agentur oder im Jobcenter Erfahrungen, Kritik und Wünsche äußern. Rund 150 nahmen die Einladung an und diskutierten gestern in der Lounge des Bochumer Fußballstadions.

Unter ihnen waren auch Elif Genc und Thomas Sadrozinski. Genc - seit sechs Jahren arbeitslos und alleinerziehend - war überrascht, dass es überhaupt die Möglichkeit zu so einem Gespräch gab. „Allein mal die Gelegenheit zu haben, die Dinge aus der eigenen Sicht zu schildern, das Gefühl zu haben, nicht abgearbeitet zu werden: Das tut mir gut“, erzählte sie. Ihr ist es wichtig, dass neben der Qualifikation auch auf die persönlichen Stärken der Bewerber geschaut werde. Dazu reichten aber zehn Minuten einmal im Monat nicht.

Gute Chance für eine Wiederholung

Während Genc die leise Hoffnung hegt, dass sich in der Zukunft Dinge ändern, machte Thomas Sadrozinski keinen Hehl daraus, dass er den Klartext mit eher gemischten Gefühle verlässt. „Grundsätzlich ist die Veranstaltung nicht verkehrt“, sagte der gelernte Betriebsschlosser, doch er mache die Feststellung, dass es für Arbeit keinen vernünftigen Lohn mehr gebe. Er werde in Kürze eine neue Stelle antreten, doch dort bekomme er weniger Geld als mit Hartz IV.

Dies waren nur zwei Beispiele von unbequemen Wahrheiten, mit denen sich die Verantwortlichen konfrontiert sahen - doch es waren auch zwei Erkenntnisse, die in Zukunft nicht ohne eine Konsequenz bleiben sollen, wie Agentur-Geschäftsführer Luidger Wolterhoff ankündigte. Jeder Akteur müsse ausloten, was er in seinem Bereich verbessert werden könne. So habe es mehrere Hinweise an Agentur und Jobcenter gegeben, dass die Berater zu häufig wechselten. Verdi-Sekretär Norbert Arndt als Vertreter der Gewerkschaften zog ebenso wie Wolterhoff ein positives Fazit. „Das ist eine gute Initiative, die von Zeit zu Zeit wiederholt werden sollte.“

Zwar würden dadurch keine neuen Arbeitsplätze entstehen, doch mit ihr könne das Miteinander in der Beratung verbessert werden und die Probleme der Menschen würden ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Hernes Sozialdezernent Johannes Chudziak forderte angesichts der Tatsache, dass es insgesamt zu wenig Arbeitsplätze für zu viele Bewerber gibt, ein Format für Menschen, die Hemmnisse bei der Vermittlung mitbringen. Die Lösung könne ein öffentlich geförderter Arbeitsmarkt sein.